Bauarbeiten sollen im Sommer beginnen
Die Bauarbeiten am bulgarischen Abschnitt der Erdgasleitung „South Stream“ sollen plangemäß bereits im heurigen Sommer beginnen. Das hat der russische Staatskonzern Gasprom auf seiner Website angekündigt - nur einen Tag nachdem EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Freitag in Brüssel Bulgarien davor gewarnt hatte, bei der Umsetzung des Projekts gegen EU-Recht zu verstoßen.
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Die „South Stream“-Pipeline des Gasprom-Konzerns soll russisches Erdgas durch das Schwarze Meer nach Bulgarien und weiter durch Serbien, Ungarn und Slowenien nach Norditalien und Österreich bringen. Durch Abzweigungen sollen auch Griechenland, Kroatien und Bosnien mit Gas beliefert werden.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger hatte den bulgarischen Wirtschafts- und Energieminister Dragomir Stojnew nach Brüssel zitiert, um ihn erneut zu warnen, dass Sofia mit Sanktionen zu rechnen habe, sollte die Rechtsgrundlage für die geplante Pipeline mit der europäischen Gesetzgebung nicht in Einklang gebracht werden.
Der Zankapfel sind die Verträge Russlands mit den beteiligten Transitstaaten von „South Stream“, die aus Sicht der Brüsseler Kommission gegen das dritte Energiepaket der EU verstoßen. Darin weigert sich Gasprom definitiv, Drittstaaten einen Zugang zu seinem Erdgasfernleitungsnetz auf EU-Gebiet zu erlauben, was dem russischen Staatskonzern faktisch eine Monopolstellung garantiert.
Bulgarien versucht kosmetische Lösung
Brüssel forderte Bulgarien bereits im März auf, seinen Vertrag mit Gasprom neu auszuhandeln. Stattdessen entschied sich die von Sozialisten angeführte Regierung in Sofia für eine kosmetische Lösung des Problems: Das Energiegesetz soll dahingehend geändert werden, dass der Pipelineabschnitt auf bulgarischem Gebiet nicht als „Erdgasfernleitung“, sondern nur als „Verbindungsstück“ bezeichnet wird, das als solches nicht EU-Recht unterliege. Dieses „Verbindungsstück“ ist der Unterwasserabschnitt von „South Stream“ auf dem Grund des Schwarzen Meeres, über den das russische Erdgas erst EU-Gebiet erreichen soll.
Stojnew hat in den bulgarischen Medien mehrmals beteuert, das Land halte bei diesem umstrittenen Projekt die europäische Gesetzgebung ein. Auch nach seinem Treffen mit Oettinger am Freitag sagte er gegenüber dem Staatsradio, er sehe kein Problem für die Umsetzung des Pipelineprojekts. Das sieht Oettingers Sprecherin Sabine Berger anders. Ebenfalls im Interview mit dem bulgarischen Rundfunk BNR ließ sie keine Zweifel aufkommen: „Die EU-Gesetze beziehen sich auch auf die Infrastruktur auf EU-Gebiet. Das schließt die Hoheitsgewässer Bulgariens mit ein“, so die Sprecherin.
Erste Rohrlieferungen bereits im Mai
Die Antwort aus Moskau kam prompt. Das „South Stream“-Projekt laufe nach Plan, heißt es seit dem Wochenende auf der Website von Gasprom. Das bedeute, dass die ersten Rohre für den bulgarischen Abschnitt bereits im Mai geliefert werden sollen. Die Bauarbeiten sollen demnach im Juli starten. Unbeeindruckt von den Sanktionsdrohungen aus Brüssel, scheint auch die Projektgesellschaft South Stream Bulgaria mit 50-prozentiger Beteiligung von Gasprom zu sein. Am Donnerstag erklärte ihr Geschäftsführer Igor Elkin in der bulgarischen Schwarzmeerstadt Warna, alles laufe nach Plan, und die ersten Gaslieferungen nach Bulgarien seien 2015 zu erwarten.
Problematisch bei dem Megagasprojekt ist auch die öffentliche Ausschreibung für die Bauarbeiten. Sie wurde am Abend des 22. Dezember 2013, unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen, im Internet veröffentlicht, und zwar auf Russisch. Bereits am 10. Jänner endete die Ausschreibungsfrist. Laut politischen Beobachtern und Wirtschaftsexperten in Bulgarien ist das bei einem so umfangreichen und teuren Projekt mit geschätzten Kosten von mehr als 4 Mrd. Euro sehr ungewöhnlich.
Spekulationen über Ausschreibungsgewinner
Die mutmaßlichen Gewinner der Ausschreibung sind zwar offiziell noch nicht bekanntgegeben worden. Medienberichten zufolge handelt es sich aber um den auf der Sanktionsliste der USA stehenden Multimilliardär Gennadij Timtschenko mit seinem Unternehmen Stroytransgas. Timtschenko gilt als treuer Putin-Freund. Kritisch sehen die bulgarischen Medien auch die Wahl von vier einheimischen Subunternehmern, die bis auf eine Ausnahme keine Erfahrung beim Bau von Fernleitungen haben.
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