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Widerstand größer als gedacht

Es sind die entscheidenden Stunden für die Telekom Austria (TA) - doch die laufen ganz anders ab als gedacht: Die Aufseher der Staatsholding ÖIAG hätten eigentlich die angestrebte Allianz mit dem mexikanischen Telekomkonzern America Movil absegnen sollen. Doch die Widerstände sind größer als gedacht - und auch die die Planung der Aufsichtsratssitzung scheint nicht gerade professionell gelaufen zu sein.

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Die fünf Arbeitnehmervertreter haben ihre Drohung, die Sitzung heute zu boykottieren, wahrgemacht. Sie haben sich schriftlich gegen die Allianz mit Slim ausgesprochen. Weil bis zum Nachmittag aber auch drei der neun Kapitalvertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat fehlten, war das Gremium vorerst nicht beschlussfähig.

Auch Kapitalvertreter abwesend

Laut „Kurier“ und „Presse“ hatte sich Ex-Siemens-Managerin Brigitte Ederer entschuldigt und schriftlich gegen die Führung der Mexikaner gestimmt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Peter Mitterbauer soll sich auf Urlaub befinden und auch Thomas Winkler, Ex-Finanzvorstand von Lenzing, war nicht anwesend.

Laut „Kurier“ soll die ÖIAG derzeit verzweifelt versuchen, noch zwei der Kapitalvertreter einzufliegen. Die TA-Aktie ist wegen des Sitzungschaos deutlich eingebrochen. Der Vertrag müsste am Mittwoch unterzeichnet werden, damit es nicht zu einer einjährigen Sperre aufgrund des Übernahmegesetzes kommt. Bei der ÖIAG zeigte man sich dennoch zuversichtlich, dass sie den Vertrag im Laufe des Abends durchwinken wird.

Muhm: „Nur Nachteile für Österreich“

Der Direktor der Arbeiterkammer (AK) Wien, Werner Muhm, bekräftigte am Mittwoch - am Tag der entscheidenden ÖIAG-Aufsichtsratssitzung - seine Kritik an dem geplanten Pakt der Staatsholding ÖIAG mit America Movil. „Ein Syndikatsvertrag zwischen der ÖIAG und dem Telekomkonzern von Carlos Slim würde für die Telekom Austria und damit für Österreich nur Nachteile bringen“, so Muhm in einer Aussendung.

Muhm, der als einflussreicher Wirtschaftsberater von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) gilt, sieht sich bestätigt, dass der Staat bei strategisch wichtigen Unternehmen nicht unter 51 Prozent der Anteile gehen sollte. Laut Muhm würde die ÖIAG mit dem Syndikatsvertrag die industrielle Führerschaft und Kontrolle über die Telekom-Austria-Gruppe an America Movil verlieren.

„Keine Absicherung“ und „kein Businessplan“

Sowohl im Aufsichtsrat als auch im Vorstand würde America Movil die Mehrheit übernehmen. Es gebe keine Absicherung der Beschäftigten in Österreich. Auch Investitionen in den Standort Österreich seien weder mit definierten Zielen noch mit quantitativen Zahlen untermauert, zitierte Muhm aus dem Vertrag.

Weiters existiere kein Businessplan und daher auch keine Vereinbarung über die künftige strategische Ausrichtung und die Verwendung der Kapitalerhöhung. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat würden de facto ausgehebelt, und die ÖIAG hätte lediglich im Bereich von Kapitalmaßnahmen eingeschränkte Vetorechte. Der Syndikatsvertrag endet laut AK-Angaben nach zehn Jahren, für die ÖIAG gebe es ohne die Zustimmung von America Movil keine Verlängerungsoption. Damit sei auch die weitere Zukunft der Telekom Austria unklar, so Muhm.

Auch Spindelegger will Sitz in Österreich halten

Finanzminister Michael Spindelegger hatte am Mittwochvormittag beim Ministerrat bekräftigt, dass auf jeden Fall eine Sperrminorität (25 Prozent) beim Bund bleiben soll. Dafür müsste sich die derzeit schuldenfreie ÖIAG im Falle einer seit längerem kolportierten Kapitalerhöhung aber verschulden. Die Schätzungen gehen von 200 bis 400 Mio. Euro aus - abhängig davon, wie viel Geld in die hochverschuldete TA eingeschossen werden soll. Laut Spindelegger ist im Syndikatsvertrag vereinbart, dass der Sitz in Österreich bleibt. Auch Aktivitäten im Ausland seien von der Bundeshauptstadt aus zu tätigen.

Entscheidungen nur gemeinsam

Die Republik Österreich hält über die ÖIAG 28,4 Prozent, America Movil gehören 26,8 Prozent. Der mexikanische Telekomriese wird von Carlos Slim, einem der reichsten Männer der Welt, kontrolliert. Mit dem Syndikatsvertrag müssten die beiden Kernaktionäre, die zusammen auf über 55 Prozent der TA-Anteile kommen, Entscheidungen künftig gemeinsam treffen.

Die ÖIAG will so die Konzernzentrale und die Jobs bei A1, bob und Yesss! in Österreich halten. Slims America Movil wiederum strebt einen Anteil von mehr 30 Prozent an und will in Europa Fuß fassen. Die Telekom Austria ist vor allem in Osteuropa stark engagiert.

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