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Geistlicher will nicht auf Pomp verzichten

Die Forderung von Papst Franziskus nach einer „armen Kirche“ findet offenbar nicht bei allen Geistlichen Gehör: Der italienische Kardinal Tarcisio Bertone lässt sich eine 700 Quadratmeter große Luxuswohnung im Vatikan herrichten. Die neue Unterkunft will der frühere Kardinalstaatssekretär nach umfangreichen Umbauarbeiten im Sommer beziehen.

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Wie die italienische Zeitung „La Repubblica“ am Sonntag meldete, sei Bertones Wohnung, die über eine 100 Quadratmeter große Dachterrasse verfügen soll, zehnmal so groß wie die Gemächer des Papstes, der sich mit rund 70 Quadratmetern begnügt. Der für seine bescheidene Lebensweise bekannte Pontifex wohnt anders als seine Vorgänger im vatikanischen Gästehaus und nicht im Apostolischen Palast.

„Arme Kirche für die Armen“

Franziskus tritt seit seinem Amtsantritt im März 2013 mit Nachdruck für eine Reform des Vatikan ein und fordert eine „arme Kirche für die Armen“. Den im Jänner bestimmten Kardinälen gab er mit auf den Weg, sie sollten „Weltlichkeit“ und Partys meiden und ein „einfaches und demütiges Herz“ behalten. Erst am Gründonnerstag hatte Franziskus in seiner Predigt gefordert: „Die priesterliche Freude ist eine Freude, welche die Armut zur Schwester hat.“

Papst Franziskus bei der Fußwaschung

APA/EPA/Osservatore Romano

Franziskus in einem Therapiezentrum in Rom bei der traditionellen Fußwaschung am Gründonnerstag

Bischöfe und Priester mahnt der Papst immer wieder, der Kirche nicht zu schaden, indem sie auf Geld und Ruhm aus sind. Beharrlich ruft er sie dazu auf, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen, zu den Armen und Benachteiligten und macht es ihnen vor, indem er Kranken und Behinderten die Füße wäscht, Obdachlose zu seinem Geburtstag einlädt oder für die traditionellen Fastenexerzitien mit seinen Mitarbeitern in einem Bus in die Albaner Berge südöstlich von Rom fährt.

Opfer von „Maulwürfen und Schlangen“

Bertone wurde im Oktober vom Papst seines Amtes erhoben. Sieben Jahre lang war er die Nummer zwei im Vatikan. Der Norditaliener, der von Benedikt XVI. zum Staatssekretär ernannt worden war, wurde von einigen Vatikan-Beobachtern für wiederholtes mangelndes Krisenmanagement der Kurie verantwortlich gemacht. Seine Behandlung von Missbrauchsfällen in den USA und die Probleme mit der umstrittenen Pius-Bruderschaft wurden in den Medien diskutiert. Sein Name tauchte außerdem in Zusammenhang mit Enthüllungen der „Vatileaks“-Affäre um Dokumentenklau, Intrigen und Korruption im Vatikan auf.

Seine Kritiker hatten Bertone immer wieder einen autoritären Führungsstil und zu enge Beziehungen zur Politik vorgeworfen. Der Kardinal witterte hingegen eine Verschwörung. Er sei ein Opfer von „Maulwürfen und Schlangen“ im Vatikan geworden, sagte er damals. „Natürlich habe ich meine Fehler“, sagte der Kardinal, aber er habe alles für die Kirche getan.

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

Reuters/KNA

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wurde Verschwendung vorgeworfen

In seine Luxuswohnung werde Bertone immerhin nicht alleine einziehen, schreibt die „Repubblica“. Er werde sein neues geräumiges Domizil mit drei Nonnen teilen. Sein Nachfolger als Kardinalstaatssekretär, Erzbischof Pietro Parolin wohnt indes im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, in dem auch Papst Franziskus logiert.

Die kostspielige Limburger Residenz

Zuletzt war der Lebensstil von Bischöfen auch in Deutschland in den Fokus gerückt. Ende März hatte der Papst das Rücktrittsgesuch des bereits seit Oktober suspendierten deutschen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst angenommen, der wegen der explodierenden Kosten für den Umbau und die Renovierung des Bischofssitzes im Limburg in die Kritik geraten war.

Ihm wurden Verschwendung und autoritäre Amtsführung vorgeworfen. Laut einem kircheninternen Prüfbericht soll der Bischof persönlich zahlreiche der kostspieligen Änderungen angeordnet haben, die die Baukosten letztlich auf 31,5 Millionen Euro getrieben hatten.

Franziskus gilt mit seinem neuen Stil und Ton als unkonventionell und volksnah. An den zahlreichen umstrittenen Dogmen der Kirche rührte der etwas hemdsärmelige Mann im ersten Jahr seines Pontifikats indessen nicht. „Der Papst ändert den Tonfall, nicht die Lehraussagen“, sagte der US-Kardinal Sean O’Malley aus Boston in einem Interview. Der langjährige Kölner Kardinal Joachim Meisner fand die neue Art der päpstlichen Verkündigung über Interviews doch eher problematisch. Und Franziskus’ herzliche und ungezwungene Auftritte auf dem Petersplatz und bei Reisen trugen ihm bereits den Vorwurf eines leichtfertigen Populismus ein.

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