Hirten gegen Bauern
Nigeria ist mit mehr als 152 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Trotz reicher Ölvorkommen lebt jeder zweite Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze. Der Muslim Goodluck Jonathan regiert die frühere britische Kolonie seit 2010.
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Die Bevölkerung Nigerias besteht etwa je zur Hälfte aus Christen und Muslimen. Die meisten Christen leben im Süden Nigerias. In zwölf nördlichen Bundesstaaten gilt seit 1999 die islamische Rechtsprechung (Scharia) auch im Strafrecht. Schon bei der Einführung des islamischen Rechts war es zu religiös-ethnischer Gewalt mit rund 1.000 Toten gekommen. Seither kommt es immer wieder zu interethnischen und interreligiösen Konflikten mit Gewaltausbrüchen.
Dutzende Tote bei Massakern
Erst am Wochenende kamen bei Massakern Dutzende Menschen ums Leben. Bei einem Angriff auf eine Versammlung in Galadima im Norden Nigerias wurden laut offiziellen Angaben am Samstag 79 Menschen getötet. Die Behörden im Bundesstaat Zamfara machten Viehhirten der Fulani-Volksgruppe für den Angriff verantwortlich.
Sie hätten das Feuer auf die Versammlung von Gemeindevorstehern und Vertretern von Selbstverteidigungsmilizen aus den Bundesstaaten Zamfara, Kebbi, Kaduna und Kastina eröffnet, als diese über Strategien im Kampf gegen Viehdiebe berieten. Die Fulani werfen den sesshaften Bauern vor, ihnen zunehmend das Weideland für ihre Herden streitig zu machen.
Bei einem anderen Angriff auf ein Dorf im nördlichen Bundesstaat Yobe wurden laut Behördenangaben am Samstag 17 Menschen getötet. Mehrere der Opfer in der Ortschaft Buna Gari seien während des Gebets in der Moschee erschossen worden, hieß es. Die Täter hätten vor ihrer Flucht außerdem mehrere Häuser und Fahrzeuge angezündet.
Die Macht von Boko Haram
Die Behörden machten für diesen Angriff die islamistische Rebellengruppe Boko Haram verantwortlich. Diese kämpft seit Jahren im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias für einen islamischen Staat und verübt regelmäßig Anschläge. Im Gebiet von Buna Gari tötete Boko Haram bei mehreren Angriffen auf Schulen Dutzende Schüler und verschleppte Menschen.
Angesichts der für Februar 2015 geplanten Wahl wird ein weiterer Anstieg der Gewalt befürchtet. „Im Nordosten wird wahrscheinlich das höchste Gewaltlevel während der Wahl erreicht werden, wenn der heftige politische Wettbewerb die derzeitige Unsicherheit überlagert“, analysierte der Nigeria-Experte Roddy Barclay. In seinem Konfliktbarometer stufte das Heidelberger Institute for International Conflict Research den Konflikt in Nigeria bereits 2013 als „Krieg“ ein.
Im christlich geprägten Süden ist von den Attacken kaum etwas zu bemerken. Dort richtet sich die Aufmerksamkeit vor allem auf die wachsende Wirtschaft. Analysten glauben aber, dass die langfristige Bedrohung der Instabilität für das gesamte Land unterschätzt wird. Die Anschläge kann die Regierung nicht verhindern.
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