In Schweigen geeint
Die heimischen Steuerzahler haften für die angeschlagene Baumarktkette bauMax mit 18 Millionen Euro. Das steht seit Dienstag fest. Das genaue Ausmaß und die Gestaltung der Bürgschaften sind aber nur Finanzministerium, Banken und Firma klar - und das wird vorerst auch so bleiben, so Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Dienstag.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Zumindest im Hinblick auf die aktuell aushaftende Summe schuf bauMax zuletzt Klarheit und bestätigte die zuletzt immer wieder genannte Summe von 18 Millionen Euro, die aus einer Gesamthaftung von über 70 Millionen übrig bleiben dürfte. Unmittelbar davor hatte das Finanzministerium dazu noch jegliche Angaben unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigert.
392 Millionen an Haftungen offen
Über Details der staatlichen Haftungen für die Baumarktkette wollte sich bauMax-Sprecherin Monika Voglgruber am Dienstag nicht äußern. Zuletzt hatte etwa das Nachrichtenmagazin „profil“ berichtet, dass ein eigentlich Ende März auslaufender staatlich besicherter ULSG-Kredit in der Höhe von 36 Mio. Euro nicht bedient werden konnte und deshalb verlängert werden musste. Die zuständige Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) wollte gegenüber der APA lediglich bestätigen, dass es bei „solchen Krediten“ zu Verlängerungen gekommen sei.
Der Fall bauMax ist damit symptomatisch für die gesamten Bundeshaftungen für private Unternehmen, über die es kaum mehr als Mutmaßungen gibt. Die Republik Österreich hat angesichts der Wirtschaftskrise das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz (ULSG) geschaffen und Haftungen für 47 Firmen übernommen. Aktuell sind laut Angaben des Finanzministeriums gegenüber ORF.at 392 Millionen Euro an Haftungen nach dem ULSG offen.
„Künftig“ offene Vorgangsweise
Mitterlehner verteidigte die ULSG-Haftungen als sinnvolle Maßnahme gegen die Wirtschaftskrise. Mit einer Offenlegung, welche Unternehmen diese in Anspruch genommen haben, hätte er wie auch Hundstorfer grundsätzlich kein Problem, sagte er vor dem Ministerrat. Allerdings müsste man das bei aktuell bestehenden Kredithaftungen mit den betroffenen Unternehmen abklären, meinte der Wirtschaftsminister. Künftig könnte man sehr wohl zu einer offenen Vorgangsweise finden.
Aktuell geäußerte Kritik, dass die Steuerzahler darüber im Dunkeln gelassen würden, in welcher Höhe sie für Unternehmenskredite haften, konnte Mitterlehner laut eigener Aussage nicht nachvollziehen, zumal diverse Zahlen ja bereits medial kolportiert worden seien. Auch Hundstorfer „weiß nicht, warum das jetzt auf einmal so ein Thema ist“. Die Haftungen seien auf Basis des entsprechenden Gesetzes erteilt worden, daher sei auch klar, nach welchen Richtlinien.
Faymann spielt Ball an Spindelegger weiter
Hundstorfer hätte aber auch „kein Problem“ damit, offenzulegen, welche Firmen betroffen sind. Hundstorfer kann sich auch nicht vorstellen, dass das Finanzministerium da „viel Hemmungen“ habe. Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) wollte sich vor dem Ministerrat allerdings nicht festlegen, ob derartige Staatshaftungen für Unternehmen künftig veröffentlicht werden sollen. Er verweigerte einen „Schnellschuss“ mit Hinweis auf datenschutzrechtliche Fragen.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wurde von der APA mit den Worten zitiert, er habe sich „kundig gemacht“ und sei „darauf hingewiesen worden“, dass es eine Reihe von datenrechtlichen Aspekten zu prüfen gelte, da unternehmensrelevante Informationen nicht so einfach publik gemacht werden könnten. Aber „ich werde mich damit auseinandersetzen“, kündigte Faymann an. Zu konkreten Summen solle man Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) fragen, so Faymann.
„Es ist ja keine Schande“
Faymann wollte lediglich preisgeben, dass es bei den Unternehmenshaftungen bereits eine „sehr starke Reduktion“ gegeben habe und die Maßnahme „nur eine Unterstützung in dieser speziellen Zeit der Krise“ gewesen sei. „Grundsätzlich bin ich der Meinung, man sollte das nicht verschweigen“, so der Bundeskanzler. „Denn es ist eine positive Sache, dass man den Betrieben hilft. Es ist ja keine Schande, dass die Regierung in der Wirtschaftskrise gegensteuert.“
Ursprünglich hatten die Bundeshaftungen ein - kolportiertes - Ausmaß von 1,35 Milliarden Euro. Seit November 2010 übernimmt der Bund keine neuen ULSG-Haftungen mehr. Und aus heutiger Sicht scheint es ein Glück, dass dem Bund damals ein wirtschaftspolitischer Flop unterstellt wurde, da das Gesamthaftungsausmaß zehn Milliarden erreichen hätte können, die Firmen das Angebot aber kaum annahmen. Bei der Entscheidung zugunsten der Haftungen hatte der Bund jedenfalls teils kein gutes Händchen: Mit 150 Millionen haftet er für die bankrottgegangene Baufirma Alpine.
Gesamthaftungen über 100 Milliarden
Selbst das Gesamtausmaß aller Haftungen nach dem ULSG nimmt sich winzig gegenüber der Summe aller Bundeshaftungen aus. Aktuell liegen sie bei 100,283 Milliarden Euro, wie das Finanzministerium Anfang Februar gegenüber dem Parlament meldete. Auch in diesem Bericht geizte die Finanz allerdings mit Details. Als große Brocken lassen sich die Banken, die ÖBB und die ASFINAG ablesen. Allein die Haftung des Bundes für ausgeliehene Kunstgegenstände der Bundesmuseen betrug jedoch 900 Millionen.
Das Team Stronach fordert auch für Haftungen des Bundes für private Unternehmen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Klubobfrau Kathrin Nachbaur äußerte den Verdacht, dass gegen das „Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz“ (ULSG) verstoßen wurde.
Links: