Themenüberblick

„Ich gratuliere Andrej Kiska“

Der parteilose Millionär Andrej Kiska wird neuer Präsident der Slowakei. Der politisch bisher unerfahrene Unternehmer kam auf 59,4 Prozent der Stimmen, während der Sozialdemokrat Robert Fico, lange ungeschlagen der beliebteste Politiker des Landes, nur 40,6 Prozent erhielt. Fico war als hoher Favorit in die erste Runde Mitte März gegangen, hatte dabei aber nur einen unerwartet knappen Vorsprung erzielt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Fico gestand seine Niederlage Samstagabend ein. Noch vor der Auszählung aller Stimmen gratulierte er seinem Rivalen zum Wahlsieg. „Es sind noch nicht alle Stimmen ausgezählt, aber es hat keinen Sinn, die Wahrheit zu ignorieren. Ich gratuliere Andrej Kiska, er wird der neue Präsident der Slowakei“, sagte der 49-jährige Sozialdemokrat in einer ersten Stellungnahme vor den Medien in Bratislava.

Nur 50 Prozent Wahlbeteiligung

Im zweiten Wahlgang konnte Kiska anscheinend einen großen Teil der Wählerstimmen der ausgeschiedenen bürgerlichen Kandidaten für sich gewinnen. Um die Gunst der rund vier Millionen Wähler hatten sich 14 Kandidaten bemüht. Amtsinhaber Ivan Gasparovic durfte nach zehn Jahren als Staatsoberhaupt nicht mehr zur Wahl antreten.

Nicht die Niederlage selbst war eine extreme Überraschung. Vielmehr kam der haushohe Unterschied völlig unerwartet: Kiska hatte über 1,3 Millionen Wähler auf seine Seite ziehen können, um gut 400.000 mehr als sein Rivale. Die Wahlbeteiligung lag nach dem in der Nacht auf Sonntag vom staatlichen Statistikamt veröffentlichten inoffiziellen Endergebnis bei 50,5 Prozent.

Fico galt als Favorit

Vor dem ersten Durchgang war der politisch erfahrene Fico eindeutig favorisiert worden. Der 49-jährige Jurist war lange der beliebteste Politiker des Landes. Mit seiner Partei Smer (Richtung) regiert er seit einem haushohen Sieg bei den Parlamentswahlen 2012 ohne Koalitionspartner, die Sozialdemokraten sind konkurrenzlos dominierende politische Kraft im Land. Kritiker hatten daher vor einer drohenden Machtkonzentration in den Händen einer Partei gewarnt, sollte Fico auch noch den Präsidentenposten erlangen.

Das dürfte zusammen mit der Politikverdrossenheit vieler Slowaken dem ostslowakischen Geschäftsmann und Philanthropen Kiska in die Karten gespielt haben, der seinen Wahlkampf auf seiner Unabhängigkeit und Parteilosigkeit aufgebaut hatte. In der ersten Runde blieb der 51-jährige Kiska nur vier Prozentpunkte hinter Fico zurück. Den Sieg von Fico in der ersten Wahlrunde hatten Beobachter als faktische Niederlage gedeutet, ein Großteil seiner Wähler blieb nämlich den Wahlurnen fern.

Kandidaten blieben sich im Wahlkampf nichts schuldig

Die 4,3 Millionen Wahlberechtigten mussten in den letzten Tagen einen verbissenen, harten Wahlkampf mitverfolgen. Fico hatte seinen Gegner wiederholt attackiert, er wäre als Politamateur sowie wegen seiner angeblichen Nähe zu Scientology im Präsidentenpalast ein Sicherheitsrisiko. Kiska antwortete mit mehreren Strafanzeigen und konterte, die Slowakei habe jetzt endlich die Chance, einen unabhängigen Präsidenten zu wählen, der im Amt kein verlängerter Arm seiner Partei sein werde.

Kiska will „Menschen dienen“

Kiska erneuerte in einer ersten Reaktion seine Wahlkampfankündigung, keinen Parteien, sondern den Menschen dienen zu wollen. „Ich werde mein Versprechen erfüllen und auf der Seite der Menschen in diesem Land stehen“, sagte er. „Ich werde alles dafür tun, dass gerade die jungen Menschen hier leben wollen.“

Trotz einer finanziell aufwendigen zweijährigen Wahlkampagne blieb Kiska bis zuletzt auch für Experten politisch kaum einschätzbar. Überhaupt bekannt war der Unternehmer bis zu seiner Kandidatur nur wenigen Slowaken als Gründer der Wohltätigkeitsorganisation Guter Engel. Diese sammelt Spendengelder, um schwerkranke Kinder und ihre Familien zu unterstützen.

Das Staatsoberhaupt ernennt in der Slowakei formell die Regierung, hat aber sonst eher repräsentative Aufgaben. In Regierungskrisen kann seine Rolle aber stark sein.

Link: