„Praktisch perfekter Partner“
Nach zuletzt harten Verhandlungen zwischen dem mexikanischen Multimilliardär Carlos Slim und der Telekom Austria ist es nun fix: Der Weg für eine Allianz von Telekom Austria (TA) und Slims America Movil ist frei. Am Freitag erteilte der Aufsichtsrat der Staatsholding ÖIAG sein Verhandlungsmandat für einen Syndikatsvertrag.
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Für die nächsten Wochen sind weitere Gespräche zwischen ÖIAG und den Mexikanern geplant, um einen endgültigen Vertrag zu erarbeiten. Fixen Zeitpunkt gebe es noch keinen, hieß es vonseiten der ÖIAG: „Inhalte gehen vor Zeit“. Offen ist noch die wettbewerbsrechtliche Prüfung. Unklar ist auch, wie stark America Movil seine Anteile an der Telekom Austria Group erhöhen will - auf jeden Fall auf mehr als 30 Prozent. Damit könnten die Mexikaner die industrielle Führerschaft in der TA darstellen. Derzeit hält die ÖIAG 28,42 Prozent, die America Movil 26,84 Prozent. Die beiden Großaktionäre halten damit die Mehrheit an der TA, die verbleibenden 44,74 Prozent sind Streubesitz.

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Der Mexikaner Carlos Slim will seine Präsenz in Europa ausbauen
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) zeigte sich mit der Erteilung des Verhandlungsmandates zufrieden: „America Movil wäre ein stabiler Partner für einen weiteren Wachstumskurs der Telekom. Alle Verhandlungsparteien sind zuversichtlich. Ziel der Verhandlungen muss es sein, den Standort Österreich für die Telekom abzusichern und Wachstumspotenziale zu eröffnen.“
ÖIAG will bei Kapitalerhöhung mitziehen
Der TA-Experte Karim Taga von der Unternehmensberatung Arthur D’Little sieht die Allianz im Ö1-Interview als positiv. Ohne Partner könne die TA nicht überleben, und es sei besser, der „Treiber“ zu sein und sich einen Partner auszusuchen als übernommen zu werden. Konsequenzen für Kunden - etwa in Form von Preissteigerungen - erwartet Taga nicht.

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Österreich will über die ÖIAG weiterhin mindestens die Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie halten. Sollte es zu einer Kapitalerhöhung kommen, werde die Republik daher „jedenfalls“ mitziehen, so ÖIAG-Vorstandschef Rudolf Kemler schon im Vorfeld. Der Rahmen der möglichen Kapitalerhöhung hängt vom Börsenwert ab. Derzeit liege die Höchstgrenze bei etwas mehr als 1,5 Mrd. Euro. Die Marktkapitalisierung belief sich am Freitag auf 3,19 Mrd. Euro.
America Movil bezeichnete Kemler schon im Vorfeld als „praktisch perfekten Partner“. Die bisherige Zusammenarbeit habe sehr gut funktioniert. Die beiden Großaktionäre ÖIAG und America Movil agierten schon die vergangenen Monate unverbindlich nebeneinander. Nun soll es verbindlicher werden, bei wichtigen strategischen Entscheidungen sollen die Partner gemeinsam agieren.
Präsenz in Europa verstärken
Der Mobilfunkanbieter America Movil zählt zu den größten der Welt und hat auch das Geld für den Aufbau der kostspieligen Infrastruktur zur Verfügung. Neben Lateinamerika will das Unternehmen seine Präsenz in Europa insbesondere in Südosteuropa vergrößern. Gerade in dieser Region ist die TA gut vertreten.
Die Forderungen der ÖIAG sind hoch. Kemler will in dem Syndikatsvertrag unbedingt erreichen, dass die Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie der TA-Hauptsitz zumindest die nächsten zehn Jahre in Österreich bleiben. Der Sitz des Aufsichtsratsvorsitzenden solle auch „längerfristig“ für einen Österreicher reserviert bleiben.
Das wiederholte am Freitag ÖIAG-Sprecher Bernhard Nagiller: „Wesentliche inhaltliche Schwerpunkte eines möglichen Syndikatsvertrages sind für die ÖIAG unter anderem die langfristige Absicherung des Headquarters der Telekom Austria Group in Österreich sowie ein wirksamer Schutz der ÖIAG vor Verwässerung ihres Aktienpaketes unter 25 Prozent plus einer Aktie.“ In diesen Punkten dürften die Mexikaner den Österreichern entgegengekommen sein. Vor wenigen Tagen berichtete der „Kurier“, dass die ÖIAG offenbar auch auf weitgehende Vetorechte bestanden hatte, die für America Movil unannehmbar sein könnten.
Wie ein „Ehevertrag“
Hintergrund für die Forderung TA-Hauptsitz in Wien dürfte der Versuch Slims sein, die niederländische KPN zu übernehmen. Wenn er das schafft, wären aus seiner Sicht zwei Hauptsitze in Europa nicht anzustreben, und was die Steuern betrifft, dürften die Niederlande die Nase vorn haben. Erst kürzlich verglich Kemler den Syndikatsvertrag mit einem Ehevertrag, auf den man „hoffentlich nie zurückgreifen muss, der aber für den ‚Worst Case‘, den Streitfall, da ist“, sagte Kemler.
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