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Protestwahlen gegen Sparkurs

In den Niederlanden hat die Große Koalition bei der Kommunalwahl am Mittwoch eine schwere Niederlage erlitten. Die Wähler hätten den Parteien die Quittung für die massive Sparpolitik erteilt. Die Sozialdemokraten (PvdA) von Finanzminister Jeroen Dijsselbloem verloren mit Amsterdam, Rotterdam und Den Haag die drei größten Städte des Landes und traditionelle Hochburgen.

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Seitdem die Sozialdemokraten im September 2012 eine Koalition mit den Rechtsliberalen (VVD) von Ministerpräsident Mark Rutte eingegangen sind, werfen Kritiker ihnen regelmäßig vor, ihre linken Ideale verraten zu haben. Ruttes Liberale büßten ebenfalls Zustimmung ein: Insgesamt erhielten sie 12,4 Prozent nach 15,5 Prozent bei den vorherigen Wahlen.

Linke mit Zugewinnen

Rund 12,5 Millionen Bürger konnten ihre Abgeordneten in mehr als 380 Städten und Gemeinden bestimmen. Die geplanten massiven Kürzungen im Gesundheitssystem und bei der sozialen Versorgung hatten nach ersten Analysen eine wichtige Rolle bei der Stimmabgabe gespielt.

Die linksliberale D66 erreichte knapp 13 Prozent, fast fünf Prozentpunkte mehr als 2010. Die sozialistische Partei konnte ihr Ergebnis von 2010 auf knapp acht Prozent verdoppeln. Auch lokale Parteien legten zu, sie stellen künftig rund 30 Prozent der Abgeordneten in den mehr als 380 Rathäusern. Die Christdemokraten verloren rund ein Drittel der Stimmen und kamen auf knapp elf Prozent.

Der Rechtspopulist Geert Wilders, dessen Partei nur in Den Haag und Almere angetreten war, begrüßte diesen „enormen Schlag für die Regierung“. Er verwies auf die Europawahl. „Wir haben das Fundament für den 22. Mai gelegt, dann werden wir die Niederlande von der Diebesbande in Brüssel befreien.“ In Almere wurden sie wie schon 2010 stärkste Kraft, in Den Haag zweitstärkste hinter D66.

Letztes Männerbollwerk gefallen

Und auch das letzte Männerbollwerk in der niederländischen Politik ist bei dieser Wahl gefallen. Zum ersten Mal vertritt eine Frau die orthodox-reformierte Partei SGP in einem Parlament. „Ich schreibe Geschichte“, sagte die 41-jährige Lilian Janse nach ihrem Wahlsieg. Mit 940 Stimmen wurde sie bei der Kommunalwahl in den Rat von Vlissingen in der südwestlichen Provinz Zeeland gewählt. Bisher hatte die Partei keinen Sitz.

Die streng calvinistische SGP (Staatkundig Gereformeerde Partij), die im nationalen Parlament drei Sitze und im Europaparlament ein Mandat hat, hatte erst 2012 nach einem höchstrichterlichen Urteil Frauen auf Wahllisten zugelassen. Bis dahin hatte sie mit Verweis auf die Bibel Frauen untersagt, ein politisches Amt zu übernehmen.

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