„Signal aus der Dämmerung der Zeit“
Astronomen haben nach eigenen Angaben erstmals einen direkten Beleg für das blitzartige Ausdehnen des Universums unmittelbar nach dem Urknall gefunden. Mit dem Teleskop „Bicep2“ am Südpol spürten sie die Signatur von Gravitationswellen in der kosmischen Hintergrundstrahlung auf, wie die US-amerikanische Harvard-Universität am Montag in Cambridge (US-Staat Massachusetts) mitteilte.
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Die Entdeckung belegt der Mitteilung zufolge einen bereits vor mehr als 30 Jahren postulierten entscheidenden Entwicklungsschritt des ganz jungen Universums. „Die Entdeckung dieses Signals ist eines der wichtigsten Ziele der heutigen Kosmologie“, betonte der wissenschaftliche Leiter von „Bicep2“, John Kovac vom Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik, in der Mitteilung.
Auf den Spuren von Gravitationswellen
Die Wissenschaftler hatten die kosmische Hintergrundstrahlung untersucht, die als Nachglimmen des Urknalls bis heute durchs All schimmert. In dieser allgegenwärtigen Strahlung fahndeten sie nach Spuren von Gravitationswellen. Gravitations- oder Schwerewellen entstehen nach Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie stets, wenn Massen bewegt werden, und dehnen und stauchen den Raum. Zwar gibt es kaum ernsthafte Zweifel an ihrer Existenz, direkt beobachtet hat man dieses Phänomen aber noch nicht.
In der kosmischen Hintergrundstrahlung stießen die Astronomen nun auf charakteristische Muster von Gravitationswellen, die während der Phase der Inflation vor rund 13,8 Milliarden Jahren entstanden sein müssen. Das ist zwar kein direkter Nachweis von Gravitationswellen, den Forschern zufolge aber der erste direkte Beleg für die kosmische Inflation, also einer Phase extrem rascher Ausbreitung des Universums unmittelbar nach dem Urknall.

APA/EPA/Harvard University/Steffen Richter
Das Teleskop „Bicep2“ am Südpol
„Wie Nadel im Heuhaufen“
„Wir messen ein Signal, das aus der Dämmerung der Zeit kommt", unterstrich Koautor Jamie Bock vom California Institute of Technology. Und dieses Signal war deutlich stärker als erwartet. „Es war wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. An deren Stelle haben wir aber eine Brechstange gefunden“, erläuterte Clem Pryke von der Universität von Minnesota. Die Ergebnisse sind noch nicht in einem wissenschaftlichen Fachjournal veröffentlicht.
Sollte sich die Interpretation der Daten als richtig herausstellen, hätten die beteiligten Forscher wohl gute Chancen auf einen Nobelpreis. Mancher vergleicht die Entdeckung auch mit der des Higgs-Teilchens, die 2013 mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet wurde. Die Daten würden auch eine Verbindung zwischen Quantenmechanik und Allgemeiner Relativitätstheorie herstellen.
„Großartige Nachrichten“
Vorausgesetzt, dass die Beobachtungen durch andere Experimente bestätigt würden, seien die „Bicep2“-Entdeckungen „großartige Nachrichten“, betonte der deutsche Gravitationswellenforscher Karsten Danzmann, Direktor am Hannoveraner Albert-Einstein-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, der nicht an der Arbeit beteiligt war. „Diese Beobachtungen zeigen, dass Gravitationswellen Aspekte des Universums enthüllen, die wir auf keinem anderen Weg herausfinden können.“
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