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„Der heftig Begehrende“

Sein Stellenwert als Architekt und Maler der Hochrenaissance ist unbestritten - dennoch steht der am 11. März vor 500 Jahren in Rom verstorbene Donato di Pascuccio di Antonio, genannt „il Bramante“ („der heftig Begehrende“) heute im Schatten von Zeitgenossen wie Michelangelo Buonarotti.

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Die Wege dieser zwei zentralen Figuren der Hochrenaissance sollten sich aber bereits zu Lebzeiten kreuzen, wobei Bramante nichts unversucht gelassen haben soll, seinen deutlich jüngeren Gegenspieler vom damals wohl prestigeträchtigsten Bauvorhaben fernzuhalten. Jahre nach Bramantes Tod sollte Michelangelo dennoch zum Chefarchitekten des Petersdoms werden und sich dabei - so der Architekturhistoriker Olaf Klodt - ganz an der „Wahrheit Bramantes“ orientieren.

Grundriss des Peters Dom

Public Domain

Der von Bramante geplante Grundriss für den Petersdom

Dem Grundentwurf folgend setzte Michelangelo auf einen Zentralbau mit vier gleich langen Kreuzarmen. Gänzlich neu entworfen wurde aber die Kuppel und damit eines der zentralen Elemente des heutigen Petersdoms. Es handelte sich nicht um die einzige Änderung an dem an Turbulenzen nicht armen Bauvorhaben: Carlo Maderno erweiterte den Sakralbau später um ein Langhaus, die Pläne für den Petersplatz stammen von Gian Lorenzo Bernini, der Vatikanische Obelisk schließlich von Carlo Fontana.

In Summe waren zwischen Abriss der alten Peterskirche, der Grundsteinlegung 1506 und der rund 150 Jahre später erfolgten Fertigstellung ein gutes Dutzend Bauherren beschäftigt. Bramantes Grundidee, einen Kuppelbau nach dem Vorbild des römischen Pantheon zu schaffen, blieb laut Kathpress dennoch „in allen Bauphasen erhalten“.

Michelangelo in Sixtinische Kapelle abgeschoben?

Bramante selbst dürfte Michelangelo unterdessen sehr wohl als Gegenspieler betrachtet haben, so die „Zeit“ mit Verweis auf Michelangelo-Biograf Giorgio Vasari. Papst Julius II. beauftragte demnach nicht nur Bramante mit dem Petersdom-Projekt - Michelangelo sollte darin gleichzeitig ein prunkvolles Grab für den Auftraggeber errichten, wobei sich der Papst für das eigene Grabmal weit mehr interessiert haben soll als für den Dom.

Ganz im Gegensatz dazu hatte Bramante laut „Zeit“ aber „allein seinen Dom in Sinn“, wobei das erklärte Lebenswerk keinesfalls zur Kulisse für Michelangelos Schaffen verkommen sollte. Zu verhindern wusste dies Bramante - so die Legende - schließlich mit einer ausgefinkelt anmutenden Intrige, bei der mit der anstehenden Deckengestaltung der Sixtinischen Kapelle ein weiterer vatikanischer Großauftrag eine zentrale Rolle spielt.

Bramante soll den Papst erfolgreich davon überzeugt haben, dass allein Michelangelo dieser Aufgabe gewachsen sei. Obwohl in Freskenmalerei unerfahren, nahm dieser - wenn auch widerwillig - das Angebot an. Das Julius-Grab wurde somit auf Eis gelegt und sollte damit auch bei den Planungen für den Petersdom nicht mehr im Wege stehen.

Peters Platz und Peters Dom im Vatikan

Reuters/Alessandro Bianchi

„Gemeinschaftsprojekt“ der großen Renaissance-Künstler: Der Petersdom im Vatikan

Förderer von Raffael

Offenbar weit besser als zu Michelangelo war Bramantes Verhältnis zu einem weiteren großen Künstler seiner Zeit. Der als Raffael bekannte Raffaello Sanzio war nicht nur Freund und entfernter Verwandter, sondern auch Bramantes engster Verbündeter bei der Intrige gegen Michelangelo.

Für ein enges Naheverhältnis spricht zudem, dass sich für Raffael erst auf Initiative Bramantes die Pforten zum Vatikan öffneten. Neben Baumeister Bramante und Bildhauer Michelangelo übernahm Raffael dort zunächst die Rolle des Haus- und Hofmalers. Die damit gleichzeitig im Dienste des Papstes stehenden Künstler sollten dann allesamt auch dem Petersdom ihren Stempel aufdrücken. Raffael übernahm später von Bramante jedenfalls nicht nur dessen Wohnhaus, sondern erbte von seinem Gönner auch den Petersdom.

Umfangreiches Werk

So wie bei Michelangelo und Raffael umfasst das Werk Bramantes aber weit mehr als die Peterskirche. Zu den wohl bekanntesten Bauwerken zählt etwa die stufenlose, über fünf Stockwerke führende Bramante-Treppe im vatikanischen Belvedere-Palast. Ein weiteres Schlüsselwerk findet sich mit dem als „Bramantes Tempelchen“ bekannten Tempietto zudem im Klosterhof der römischen Kirche San Pietro in Motorio. Der Kreuzgang neben der Kirche Santa Maria della Pace (Chiostro di Santa Maria della Pace) gilt zudem als erstes gesichertes Werk Bramantes in Rom.

Erste Sporen als Architekt verdiente sich der 1444 geborene Bramante aber bereits am Hof des Herzogs von Urbino und schließlich rund 20 Jahre in der lombardischen Hauptstadt Mailand, wo das Herrschergeschlecht der Sforza zu den wichtigsten Förderern zählte. Zunächst als Dekorationsmaler beschäftigt, ebnete er sich dort schon bald den Weg zu ersten baulichen Großaufträgen.

Santa Maria Delle Grazie Kirche in Mailand

Corbis/Yadid Levy

Santa Maria delle Grazie in Mailand

Zu den bedeutendsten Werken in Mailand zählt neben der Kirche Santa Maria delle Grazie auch Santa Maria presso San Satiro, obwohl Bramante manchen Quellen zufolge hier nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben soll. Das im Grundriss geortete „Mailänder Schema“ gilt gleichzeitig aber auch als ein Markenzeichen Bramantes, weswegen die Kirche, in deren nahe gelegenem Kloster Leonardo da Vinci ab 1495 an seinem berühmten Abendmahl arbeiten sollte, auch als erstes Vorbild für den Petersdom betrachtet wird.

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