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Selbstanzeige als Knackpunkt

Unter großem Andrang von Medien und Schaulustigen hat am Montag in München der Steuerprozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, begonnen. 14 Monate nach seiner Selbstanzeige nahm der 62-Jährige am Vormittag im Münchner Justizpalast auf der Anklagebank Platz und legte ein volles Geständnis ab.

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„Ich habe Steuern hinterzogen“, sagte Hoeneß. „Mir ist bewusst, dass daran auch die Selbstanzeige nichts ändert. Ich habe gehofft, mit einer Selbstanzeige einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen.“ Er habe mit immensen Summen „gezockt“ und keinen rechten Überblick mehr über Gewinne und Verluste gehabt, sagte Hoeneß weiter.

Hoeneß hinterzog nach eigenen Angaben noch viel mehr Steuern, als ihm in der Anklage zu Last gelegt wird. In den Jahren 2003 bis 2009 habe er weitere 15 Millionen Euro unterschlagen, sagte sein Anwalt Hanns W. Feigen. Das sind insgesamt 18,5 Millionen Euro und deutlich mehr als die 3,5 Millionen Euro, die ihm die Anklage vorwirft.

„Ich bin kein Sozialschmarotzer“

Unter dem Strich habe er Verluste in Millionenhöhe gemacht. Dennoch sei ihm klar, dass er zwischenzeitliche Gewinne hätte versteuern müssen. „Ich bin froh, dass jetzt alles transparent auf dem Tisch liegt. Mein Fehlverhalten bedauere ich zutiefst. Ich werde alles dafür tun, dass dieses für mich bedrückende Kapitel abgeschlossen wird.“ Er wolle alle Schulden nachzahlen. Er erinnerte daran, dass er insgesamt auch fünf Millionen Euro für soziale Zwecke gespendet habe. „Ich bin kein Sozialschmarotzer“, sagte Hoeneß.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß

APA/EPA/Sven Hoppe

Hoeneß bei Prozessbeginn

33 Millionen nicht versteuert

Staatsanwalt Achim von Engel warf Hoeneß nur vor, etwas mehr als 33 Millionen Euro nicht versteuert zu haben. Damit habe er rund 3,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Zudem habe er Verlustvorträge über gut 5,5 Millionen Euro falsch deklariert. Er habe in den Jahren 2003 bis 2009 Kapitalerträge und Verkaufserlöse auf Konten der Schweizer Vontobel-Bank in seiner Steuererklärung dem Finanzamt Miesbach verschwiegen, so der Staatsanwalt.

„Unrichtige oder unvollständige Angaben“

Insgesamt wird Hoeneß beschuldigt, „durch sieben selbstständige Handlungen gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt zu haben“, hieß es im Anklagesatz. Nach Monaten mit Spekulationen in den Medien über angeblich hohe Millionensummen auf einem geheimen Schweizer Konto, das Hoeneß zu intensiven Börsenspekulationen nutzte, kamen damit in einem der wohl spektakulärsten Steuerprozesse in Deutschland Fakten und Zahlen auf den Tisch.

Selbstanzeige strafbefreiend?

Eine Kernfrage in dem Verfahren ist, ob die Wirtschaftskammer am Landgericht München II unter Vorsitz von Richter Rupert Heindl die Selbstanzeige von Hoeneß von Anfang 2013 ganz oder zumindest teilweise als strafbefreiend bewertet.

Im Vorfeld war zu hören, dass die Anklagebehörde die Selbstanzeige nicht für strafmildernd hält - geschweige denn für strafbefreiend. Sie gehe davon aus, dass Hoeneß die Selbstanzeige nicht aus freien Stücken und aus Reue verfasst habe, sondern weil ein Journalist die Steuerhinterziehung schon vorher entdeckt und recherchiert hatte. Die Selbstanzeige sei außerdem nach Ansicht der Staatsanwaltschaft inhaltlich fehlerhaft und weise große Lücken auf.

Im April 2013 hatte das Magazin „Focus“ den Fall öffentlich gemacht. Drei Monate zuvor hatte sich Hoeneß wegen eines geheimen Kontos in der Schweiz selbst bei den Finanzbehörden angezeigt. Falls der 62-Jährige verurteilt wird, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe. Falls das Gericht die Selbstanzeige anerkennt, käme er mit einer Geldbuße davon. Vier Verhandlungstage sind angesetzt. Wenn nichts dazwischenkommt, soll es am Donnerstag ein Urteil geben.

Lebenswandel strafmildernd?

Hoeneß fuhr Montagfrüh in einem dunklen Wagen vor Gericht vor und ging durch einen Hintereingang ins Gebäude. Fünf Minuten vor dem offiziellen Beginn der Verhandlung betrat er den Saal. Der Bayern-Boss rang sich sogar ein Lächeln ab. Hoeneß hatte angekündigt, „gut vorbereitet“ vor Gericht zu erscheinen.

Einige Experten gehen davon aus, dass Hoeneß’ bisher untadeliger Lebenswandel, sein großes soziales Engagement und auch die - wenngleich fehlerhafte - Selbstanzeige strafmildernd wirken. Die Wirtschaftskammer hat damit auch einen Präzedenzfall. Denn bisher gibt es keine Urteile, wie eine missglückte Selbstanzeige eines Prominenten zu bewerten ist.

Zukunft beim FC Bayern?

Auch beim FC Bayern wird gespannt auf den Prozess geschaut. Hoeneß ist nicht nur Präsident des größten und mächtigsten deutschen Sportvereins. Er ist auch Vorsitzender des mit prominenten deutschen Wirtschaftsführern besetzten Aufsichtsrates der FC Bayern München AG. Hoeneß hatte im November angekündigt, die Bayern-Mitglieder nach seinem Prozess über seine Zukunft im Verein entscheiden zu lassen. „Ich werde mich jedem Votum, das Sie treffen, unterwerfen“, sagte er im November 2013 auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern.

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