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Kein Ende der Ermittlungen absehbar

Spektakuläre Neuigkeiten im Fall Cornelius Gurlitt: Der 81 Jahre alte Kunstsammler hat nicht nur in seiner Münchner Wohnung wertvolle Bilder verwahrt, sondern auch in seinem Haus in Salzburg. Wie Gurlitts Sprecher Stephan Holzinger am Dienstag mitteilte, wurden am Montag rund 60 Bilder in Salzburg gesichtet und gesichert - darunter Werke von Monet, Renoir und Picasso.

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„Im Auftrag von Cornelius Gurlitt werden diese Exponate von Experten auch hinsichtlich eines etwaigen Raubkunstverdachts geprüft“, teilte Holzinger mit. „Nach vorläufiger Einschätzung auf Basis einer ersten Sichtung hat sich ein solcher Verdacht nicht erhärtet.“ Gurlitt steht seit Ende 2013 unter Betreuung. Sein Betreuer, der Rechtsanwalt Christoph Edel, hatte die Sicherstellung der Salzburger Werke veranlasst, um sie vor Einbruch und Diebstahl zu schützen.

Zum Wert der Bilder konnte der Sprecher am Dienstag noch keinerlei Angaben machen. „Ich kann ja da nicht einfach mit dem Taschenrechner durchgehen, solche Angaben wären zum jetzigen Zeitpunkt völlig unseriös.“

Kein Kommentar von Staatsanwaltschaft

Die Augsburger Staatsanwaltschaft wollte die Mitteilung Holzingers am Dienstag nicht kommentieren. „Das haben wir mit Interesse zur Kenntnis genommen, kommentieren es aber nicht weiter.“ Die Staatsanwaltschaft leitet die Ermittlungen gegen Gurlitt unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Um die Herkunft der Bilder kümmert sich die eigens eingerichtete Taskforce „Schwabinger Kunstfund“.

Ein Taskforce-Sprecher wollte sich ebenfalls nicht konkret zu den Neuigkeiten aus Österreich äußern: „Das Thema Salzburg ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht Gegenstand unserer Arbeit“, sagte er und sprach von einer „privaten Maßnahme“. „Unsere Aufgabe ist - wie der Name schon sagt - die Untersuchung des ,Schwabinger Kunstfundes‘.“

Salzburger Behörden waren nicht involviert

Die Sicherstellung der Salzburger Bilder scheint daher rein privat erfolgt zu sein. Auch die heimischen Behörden waren offenbar nicht in die Aktion eingebunden und hatten am Dienstag auch keine Kenntnis über das Auftauchen der Werke. „Mir ist das völlig unbekannt. Von uns aus ist keine Hausdurchsuchung angeordnet und auch keine Verfügung getroffen worden“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Neher, auf Anfrage der APA.

Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien lag ebenfalls nichts gegen den Kunstsammler vor. „Es gibt kein Verfahren gegen Gurlitt“, sagte WKStA-Sprecher Erich Mayer zur APA. Auch die Polizei und die Finanzbehörden waren offenbar nicht involviert. „Bei uns weiß niemand etwas davon. Das Bundeskriminalamt weiß ebenfalls nichts“, so Polizeisprecher Anton Schentz. „Der österreichische Zoll war nicht involviert“, lautete die knappe Stellungnahme aus dem Finanzministerium.

Anzeige wegen „Verletzung des Dienstgeheimnisses“

Erst Anfang Februar stellten die Anwälte Gurlitts nach eigenen Angaben bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft Anzeige gegen unbekannt. Der Vorwurf laute „Verletzung des Dienstgeheimnisses“, wie Holzinger mitteilte. „Die Preisgabe von Ermittlungsinterna an die Presse und die damit verbundene schwere Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte sind für Herrn Gurlitt in keiner Weise tolerabel“, sagte Gurlitts Anwalt Tido Park. „Dies ist eine eklatante Verletzung des Dienstgeheimnisses.“

Sein Kollege Derek Setz ergänzte: „Unser Mandant kann kein Vertrauen in die gebotene Sachlichkeit und Integrität der Ermittlungsbehörden entwickeln, wenn diese in strafrechtlich relevanter Weise vertrauliche Ermittlungsinformationen an die Medien weitergeben.“ Hintergrund ist nach Angaben Holzingers unter anderem ein Bericht des Magazins „Focus“, der Inhalte der Ermittlungsakte sowie Fotos von Gurlitts Privatwohnung umfasst haben soll. „Die Weitergabe der Ermittlungsinterna erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die von ihm beauftragen Verteidiger noch keine Akteneinsicht hatten“, hieß es in der Mitteilung des Gurlitt-Sprechers.

Gespräche mit Erben aufgenommen

Seit Gurlitt unter Betreuung steht, scheint Bewegung in den spektakulären Fall zu kommen. Sein dritter Anwalt Hannes Hartung bestätigte, der Sammler habe bereits Gespräche mit möglichen Erben über seine Bilder aufgenommen. Die Anwälte stehen außerdem inzwischen auch in Kontakt mit der Augsburger Staatsanwaltschaft. „Man muss abwarten, wie sich der Beschuldigte verhält“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz.

Zu Details aus den Gesprächen wollte sich Nemetz nicht äußern, ebenso wenig zum Stand der Ermittlungen. Wann sie abgeschlossen sein werden, lasse sich nicht seriös abschätzen. Nemetz bekräftigte: „Ganz klar ist: Es wird keinen Deal, Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Rückgabe der Bilder oder Ähnliches geben.“ Die Frage nach der Herkunft der Bilder sei unabhängig von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das müsse man „klar voneinander trennen“. Generell gelte aber: „Wenn ein Beschuldigter zur Sachaufklärung beiträgt und einen etwaigen Schaden wiedergutmacht, dann ist das zu berücksichtigen.“

Bayerns Justizminister will „Lex Gurlitt“

Unterdessen will Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) eine als „Lex Gurlitt“ bekanntgewordene Gesetzesinitiative zu Nazi-Raubkunst in den deutschen Bundesrat einbringen. Die Gesetzesänderung, die Bausback nach dem spektakulären Fund der Münchner Sammlung Gurlitts ins Gespräch gebracht hat, sieht die rückwirkende Abschaffung der Verjährungsfrist in bestimmten Fällen vor.

„Ich werde den Gesetzentwurf schon am 14. Februar im Bundesrat vorstellen“, sagte Bausback der in Hof erscheinenden „Frankenpost“. Letztlich liege das zwar in der Hand des Bundesgesetzgebers. Aber er setze sich für seine schnelle Verabschiedung ein. Denn die Opfer oder deren Erben könnten nicht warten.

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