Nur gut versteckt ist doch einiges erlaubt
Auch vor Kasernen machen Modetrends nicht halt. Diesem Umstand widmet sich nun die Deutsche Bundeswehr in einer neuen Zentralen Dienstvorschrift (ZDv), die ab 1. Februar gelten soll. Darin regelt die Truppe den Umgang mit Tattoos, Piercings und anderem Körperschmuck genau. Kernaussage des Papiers: Soldatinnen und Soldaten dürfen modisch mit der Zeit gehen, müssen dabei aber sehr dezent sein.
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Von der Länge der Fingernägel über die Beschaffenheit von Ohrringen bis zur Farbe von Regenschirmen ist in der Dienstvorschrift unter dem Titel „Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ bis ins Detail geregelt, was in Uniform geht und was nicht. Begründet wird der Erlass damit, dass das Auftreten der Soldaten das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und das Bild Deutschlands im Ausland bestimme.
„Da unverändert große Teile der Bevölkerung aus dem Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten Rückschlüsse auf die militärische Disziplin und damit auf die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr ziehen, sind der Teilhabe an der modischen Entwicklung Grenzen gesetzt“, heißt es in dem siebenseitigen Regelwerk.
Militärische „Modesünden“ der Hippie-Ära
Bisher gab es einen solchen Erlass nur für Haare und Bärte. Auslöser war seinerzeit die Hippie-Ära in den 60er und 70er Jahren. Rekruten wurde damals vorübergehend und sehr kurz erlaubt, ihre Haarpracht in Haarnetzen zu verstecken. Bei den Verbündeten brachte das der Bundeswehr den Spitznamen „German Hair Force“ ein. Die Regelung wurde kurze Zeit später wieder rückgängig gemacht.
Seitdem gilt dort, was ungefähr auch beim österreichischen Bundesheer für Wehrpflichtige gilt, nämlich dass die Haare Ohren oder Augen nicht bedecken und bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berühren dürfen.
Vom Nagellack bis zum Regenschirm
Die in Deutschland später für Soldatinnen eingefügte Ergänzung ließ vergleichsweise viel Interpretationsspielraum. „Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschriftsmäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern.“ Gegebenenfalls dürfe das Tragen eines Haarnetzes befohlen werden. Nun wurde die seinerzeitige Anlage zur ZDv 10/5, „Leben in militärischen Gemeinschaften“, kurz „Haarerlass“ genannt, auf einen neuen Stand gebracht.
Die neue Vorschrift schränkt den modischen Gestaltungsspielraum der Bundeswehr-Soldatinnen jetzt noch enger ein: Haare, die die Schulter berühren, sind jetzt „komplett gezopft auf dem Rücken oder gesteckt zu tragen“. Hinzu kommen Vorschriften für Fingernägel („dürfen die Fingerkuppe nicht überragen“), Kosmetik und Schmuck. Erlaubt sind bis zu zwei Fingerringe sowie ein dezenter Ohrstecker aus Edelmetall oder Perlmutt je Ohr. Schminke wie etwa Lippenstift und Make-up ist „nur in dezenter und natürlich wirkender Form und Farbgebung gestattet“.
Ausführliche Regelung für Tattoos und Piercings
Relativ ausführlich widmet sich der Erlass dem Thema „Körpermodifikationen und Körperbemalungen“. Tätowierungen dürfen keine diskriminierenden, pornografischen oder verfassungswidrigen Motive zeigen. Falls sie nicht von der Uniform bedeckt werden, müssen sie anderweitig verhüllt werden. Piercings dürfen ebenfalls nicht sichtbar sein. Selbst welche Sonnenbrillen („Gläser dürfen nicht verspiegelt sein“), Taschen („einfarbig und schlicht gehalten“) und Regenschirme („ausschließlich einfarbig schwarz“) die Soldaten zur Uniform tragen dürfen, schreibt der Erlass vor.
Zumindest was die Frisurvorschriften angeht, hat die Bundeswehr-Führung bereits richterliche Unterstützung bekommen. Das Bundesverwaltungsgericht wies kurz vor Weihnachten die Klage eines Wehrpflichtigen aus dem Jahr 2009 zurück. Der Mann sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eingeschränkt und forderte Gleichbehandlungen mit seinen Kameradinnen, die die Haare länger tragen dürfen. Die freie Lebensgestaltung werde durch den Erlass nicht unverhältnismäßig eingeschränkt, heißt es in dem Urteil. Schließlich werde den Soldaten keine „Einheitsfrisur“ verordnet.
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