Wunsch nach ausgeglichenem Partner
In den letzten Jahren hat sich im Verhältnis zwischen Frauen und Männern offenbar eine - weitere - spürbare Ernüchterung breitgemacht. Die Wunschvorstellungen, die Frauen von Männern haben und umgekehrt, sind laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage vor zehn Jahren „bescheidener und traditioneller“ geworden.
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Für Spannungen oder Frust in mancher Beziehung dürfte wohl der Umstand sorgen, dass Frauen selbst weniger traditionell sein wollen als von Männern mehrheitlich gewünscht. Männer legen sich zugleich selbst die Latte viel weniger hoch, wenn es darum geht, sich als kompetenter Partner zu erweisen. Hier erwarten Frauen von ihrem männlichen Gegenüber deutlich mehr, als diese in der Regel zu geben bereit sind.
Konkret klafft bei den Kriterien „beziehungsfähig, verständnisvoll“ eine Lücke von 25 Prozent zwischen dem Wunsch der Frauen an die Männer und deren eigenem Anforderungsprofil. Beim Kriterium „ausgeglichen sein“ ist der Abstand mit 31 Prozentpunkten noch größer.
Schlechte Noten für Sex-Appeal
Obwohl Treue für beide Geschlechter ein zentrales Kriterium für eine Partnerschaft ist, glauben nicht einmal zwei Drittel der Frauen (65 Prozent), dass ihre Partner treu sind oder waren. 74 Prozent der Männer wollen, dass ihre Partnerin ihnen treu ist. Umgekehrt wollen das auch 78 Prozent der Frauen - allerdings ist ihnen Beziehungsfähigkeit genauso wichtig. Das Bankkonto spielt laut der Umfrage keine wesentliche Rolle („wohlhabend“ kam nur auf zwölf Prozent).
Recht verheerend fällt das Urteil der Frauen über die erotische Anziehungskraft ihrer Partner aus: Nur jede Fünfte findet, ihr Partner habe Sex-Appeal. Das liegt möglicherweise auch am Selbstbild der Männer: Demnach haben zwei Drittel Treue als anzustrebenden Wert verinnerlicht - und spielen im Selbstbild Eigenschaften wie gepflegt, intelligent, beziehungsfähig und selbstsicher eine große Rolle. Sex-Appeal schafft es dagegen nicht in die Top Five des männlichen Selbstbildes. Umgekehrt finden zumindest 37 Prozent der Männer ihre Partnerin sexy.
Männer möchten mehr Hausfrauen
Männer stört im Vergleich ihrer Wunschvorstellung von der Partnerin mit der Realität laut der Umfrage am meisten, dass sie ihre Partnerin weniger fröhlich (minus 22 Prozentpunkte) und weniger ausgeglichen (minus 20 Prozentpunkte) finden. Frauen sind auch öfter berufstätig, als den Männern lieb ist (plus 22 Prozentpunkte).
Umfrage: Wunsch vs. Realität
2.000 Personen wurden nach 2003 im Vorjahr von GfK erneut danach gefragt, wie ihr Wunschbild von Mann bzw. Frau aussieht und wie sie den eigenen Partner einschätzen.
Auffallend ist laut den Umfragewerten jedenfalls, dass sich beide - Männer wie Frauen - von ihren Partnerinnen und Partnern mehr Ausgeglichenheit wünschen. Männer wie Frauen halten „Stärke“ im Zehnjahresvergleich als Kriterium für Männer wieder wichtiger. Das ist Frauen mit 52 Prozent wichtiger als den Männern selbst (41 Prozent). Und während immerhin 33 Prozent der Frauen stark sein wollen, finden das bei Frauen nur 18 Prozent der Männer erstrebenswert.
Männer wie Frauen weniger modern
Für eine Einordnung in die Veränderung von Rollenbildern griff GfK auf andere Langzeitstudien zurück - unter anderem eine Reihe von Studien, die der Pastoraltheologe, Männer- und Werteforscher Paul M. Zulehner im Auftrag der Sozialministeriums durchführte, deren letzte 2012 erschien. Zulehner sieht auch durch die aktuelle Umfrage eine Reorientierung der Geschlechterrollen im Gange, bei einem Teil der Männer sogar eine Re-Traditionalisierung. Die Zahl der „modern“ eingestellten Männer wie Frauen sei binnen zehn Jahren deutlich gesunken.
Diese Entwicklung gründe in der Belastung durch die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie, bedeute aber nicht automatisch den Rückschritt in die gesellschaftspolitische Steinzeit: „Sehr viele werden pragmatisch, weil sie mit den vorfindbaren Bildern nicht zufrieden sind“, sagte Zulehner.
Herausforderung Rollenwechsel
„Modern“ heiße heute, dass Frau und Mann selbst bestimmen und untereinander aushandeln wollen, wie sie Beruf und Familie vereinbaren. „Rollenswitching“ sei angesagt. 53 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauen beurteilten die neuen Geschlechterrollen als anstrengender als die traditionellen. Viele empfinden es als Entlastung, wenn ein Elternteil daheimbleiben kann.
„Stress rausnehmen aus der ‚Rushhour‘ des Lebens, wenn die Kinder noch klein sind“, nennt Zulehner das, was 43 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen allerdings als nicht finanzierbar bezeichnen. „Die Politik gerät vor das schier unlösbare Dilemma, Wählbarkeit finanzieren zu müssen“, meinte der Forscher, Stichwort Elterngeld und flexible Arbeitszeit auch für Männer. „Da fordert man die sozialstaatlichen Leistungen stark heraus.“
Die Rollenbilder zeugten von einer Desillusionierung und einem Pendelschwung in die traditionelle Richtung, bilanzierte ihrerseits Angelika Kofler, Leiterin der GfK-Austria Sozialforschung. Beide Geschlechter seien realistischer geworden.
GB: Paare mit Kindern am unzufriedensten
Eine britische Studie der Open University zur Zufriedenheit in Beziehungen kommt - zumindest teilweise - zu ganz anderen Ergebnissen. Unter 5.000 Befragten zeigten sich homosexuelle Paare am glücklichsten und zufriedensten mit ihrer Beziehung. Gleichzeitig schrecken sie vor einem liebevollen Umgang in der Öffentlichkeit am ehesten zurück, auch weil sie Irritationen der Umgebung fürchten.
Am unzufriedensten mit der Beziehung waren Paare mit Kindern. Gefragt nach der wichtigsten Person im Leben nannten Väter zu rund 52 Prozent ihre Partnerin, die anderen ihr Kind. Mütter von unter Fünfjährigen gaben ihr Kind hingegen als wichtigste Person an, bei fünf- bis neunjährigen Kindern waren es gar 78 Prozent.
Kinder, nicht Partner, machen Frauen glücklich
Insgesamt waren Mütter aber laut ihren Angaben die signifikant glücklichste Gruppe, was den Schluss zulässt, dass eher Kinder und weniger der Partner die Glücksquelle für Frauen in einer Beziehung ist. Väter wiederum beklagen sich eher über die fehlende Intimität in der Partnerschaft.
Wie man Liebe in einer Partnerschaft definiert, sei jedenfalls schwierig, heißt es in der Studie. „Ich liebe dich“ zu sagen sei schon wichtig, heißt es. Taten zählten aber mehr als Worte: Einfache Gesten des Zusammenlebens wurden bei Paaren am meisten geschätzt: Dabei fanden es die Befragten etwa begehrter, den Frühstückstee ans Bett gebracht zu bekommen als explizite Liebesschwüre.
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