99 Prozent müssen für ihr Geld arbeiten
Eine „markante Schieflage“ sieht die Arbeiterkammer (AK) in Hinblick auf Einkünfte aus Vermögen in Österreich. Zwar haben laut einer neuen Studie drei von vier Haushalten Einkünfte aus Vermögen, meist geht es dabei aber um Zinsen aus kleineren Sparguthaben, die bestenfalls ein Zubrot zum Arbeitseinkommen liefern. Nur für ein Prozent der Bevölkerung sieht die Sache laut der Studie anders aus.
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Die AK bezeichnete ihre am Dienstag vorgestellte Studie als erste wissenschaftliche Untersuchung über Vermögenseinkünfte in Österreich überhaupt. Mehrere Volkswirtschaftler der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien arbeiteten dafür mit den AK-Verbänden von Wien und Niederösterreich zusammen. Als Basis wurden die Haushaltsdaten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zu Einkommen und Vermögen (Household Finance and Consumption Survey, HFCS) herangezogen.
Lohnend für die oberen zehntausend
Jeder vierter heimische Haushalt verfügt demnach über gar keine Einkünfte aus Vermögen, also nicht einmal über die mageren Zinsen von Sparbüchern oder Konten. Von den verbleibenden drei Vierteln haben an die 90 Prozent ausschließlich Zinseinkünfte aus konventionellen Sparformen. Lediglich jeder 13. Haushalt in Österreich hat darüber hinaus Einkünfte aus Vermietungen, Verpachtungen und Unternehmensbeteiligungen.
Innerhalb dieses wohlhabenden kleinen Teils der Gesellschaft wird es wiederum nach oben hin immer exklusiver: Die Einkünfte aus Vermögen gewinnen gegenüber den Einkünften aus Arbeit immer mehr an Bedeutung. Ab den obersten Prozent der Bevölkerung machen die Vermögenseinkünfte - vor allem aus Unternehmensbeteiligungen - bereits ein Drittel des Einkommens beziehungsweise in absoluten Zahlen rund 8.000 Euro monatlich aus.
Ein Prozent der Gesellschaft hat das halbe Vermögen
Das wohlhabendste Prozent der heimischen Bevölkerung vereint laut der AK-Studie 52 Prozent aller Vermögenseinkommen auf sich. Weitere vier Prozent der Gesellschaft können zumindest auf nennenswerte Einkünfte aus Vermögen zurückgreifen. 95 Prozent müssen jedoch einfach arbeiten, wenn sie Geld sehen wollen: Das Arbeitseinkommen macht in dieser Gruppe 97 Prozent des Gesamteinkommens aus. Die AK sieht sich dadurch in ihrer Forderung nach Vermögenssteuern bestärkt.
Öl ins Feuer der Vermögenssteuerdebatte
AK-Wirtschaftswissenschaftler Matthias Schnetzer sieht in der Studie „eine deutliche steuerliche Schieflage“ bestätigt: Kapitaleinkommen seien „im Vergleich zu Einkommen aus Arbeit steuerlich begünstigt“, da sie zum Gutteil nur einem fixen Steuersatz von 25 Prozent unterlägen. Die SPÖ pocht seit Jahren auf Vermögenssteuern, konnte das aber bisher gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP nicht durchsetzen, obwohl das Thema dort zuletzt einer der Hauptgründe für interne Differenzen war.
Die globalisierungskritische Organisation ATTAC sieht sich durch die Studie ebenfalls bestätigt und forderte in einer Aussendung die Abschaffung der „Steuerprivilegien“ für „leistungslose Einkommen“. Alle Einkommensarten sollten - nach einer Abschaffung des Bankgeheimnisses - zusammengerechnet und dann besteuert werden, fordert die Organisation. Niedrige und mittlere Arbeitseinkommen könnten umgekehrt entlastet werden.
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