Seit September spurlos verschwunden
Nach der Hinrichtung des in Ungnade gefallenen Onkels des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un gibt es nach Medienberichten Hinweise, dass auch seine Tante tot ist. Die südkoreanische Zeitung „Chosun Ilbo“ berichtete am Montag unter Berufung auf Regierungskreise in Seoul, die 68 Jahre alte Kim Kyong Hui habe möglicherweise Selbstmord begangen.
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Kim Kyong Hui war die einzige Schwester des verstorbenen Diktators Kim Jong Il und die Tochter des nordkoreanischen Staatengründers Kim Il Sung. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Jang Song Thaek wurde ihr die Aufgabe übertragen, nach dem Tod von Kim Jong Il dessen Sohn und Nachfolger zu unterstützen. Doch Jang fiel bald in Ungnade und wurde Mitte Dezember wegen Hochverrats hingerichtet.

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Kim Kyong Hui an der Seite ihres Neffen auf einer Aufnahme vom Februar 2013
Zuletzt bei Konzertbesuch gesehen
Nun gehen die Geheimdienste in Südkorea davon aus, dass auch Kim Kyong Hui tot ist, ohne das jedoch definitiv bestätigen zu können. Die Tante wurde seit einem gemeinsamen Konzertbesuch mit ihrem Neffen und dessen Frau am 10. September nicht mehr öffentlich gesehen. Das hatte in Südkorea Spekulationen ausgelöst, dass sie möglicherweise selber der jüngsten politischen Säuberung in Nordkorea zum Opfer gefallen sein könnte.
Allerdings war Kim Kyong Hui später in den Staatsmedien als Mitglied eines Komitees genannt worden, das ein Staatsbegräbnis für einen ehemaligen Parteifunktionär organisieren sollte. Kim Kyong Hui soll schon seit langem krank gewesen und Ende Dezember zur Behandlung eines Herzleidens in einem Krankenhaus in Singapur gewesen sein. Dass sie erneut zur medizinischen Behandlung im Ausland sein könnte, wollen die Nachrichtendienste daher nicht völlig ausschließen.
Verurteilung als öffentliche Demütigung
Auch die Gesundheitsprobleme der prominenten Tante waren zuletzt Anlass für Gerüchte. Neben einem Herzleiden wurde auch über Depressionen und Demenz spekuliert. Zudem soll sie, seit sich ihre Tochter vor acht Jahren das Leben genommen hat, dem Alkohol verfallen sein, wie die deutsche Zeitung „Die Welt“ schreibt. Auch wird die Hinrichtung ihres Mannes als öffentliche Erniedrigung angesehen, was die These eines Selbstmordes untermauern könnte.
Die Demütigung wurde dadurch komplett, dass Bilder von Kim Kyong Huis Mann vor seiner Verurteilung vor dem Militärgericht verbreitet wurden. Er war darauf zwischen zwei Uniformierten in gebückter Haltung und in Handschellen zu sehen. Im Gesicht und an den Händen hatte er blaue Flecken. Bereits vor seiner Festnahme war ein Bild verbreitet worden, auf dem zu sehen war, wie er aus einem offiziellen Treffen heraus abgeführt wurde.
Berichte über Hinrichtungsart schockierten
Über die Art seines Todes werden mittlerweile wilde Spekulationen angestellt. So berichtete die Zeitung „Straits Times“ aus Singapur am 24. Dezember, dass Jang Song Thaek von 120 Jagdhunden zerfleischt worden sei. Später stellte sich diese Meldung jedoch als Falschmeldung heraus. Vermutlich dürfte der in Ungnade gefallene Onkel erschossen worden sein.
Der 67-Jährige wurde jedoch in den Staatsmedien ungewöhnlich offen angeprangert. Laut der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA hat Jang „unangemessene Beziehungen zu mehreren Frauen“ unterhalten und sich „in den Hinterzimmern von Luxusrestaurants verwöhnen“ lassen. Der langjährige Führungskader sei „dem kapitalistischen Lebensstil verfallen“, „ideologisch verdorben und faul“ und habe „Drogen konsumiert sowie Devisen in Casinos verspielt, während er auf Kosten der Partei zur medizinischen Behandlung im Ausland war“.

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Jang Song Thaek in Militäruniform (l.)
Außerdem wurde Jang vorgeworfen, Industriegüter zu Dumpingpreisen verschleudert und so „das staatliche Finanzsystem ins Chaos gestürzt“ zu haben. Des Weiteren habe er versucht, eine eigene Splittergruppe innerhalb der KP aufzubauen und Gefolgsleute in Spitzenpositionen zu hieven. Jang wurde auch bereits auf offiziellen Fotos wegretuschiert und aus Videos entfernt, wie der „Independent“ schreibt.
Südkorea sehr besorgt
So viel Offenheit ist ungewöhnlich für das sonst völlig abgeschottete Nordkorea. Nicht einmal die internationalen Botschafter in Pjöngjang würden wissen, was wirklich in dem Land passiere, erklärte der Nordkorea-Experte Sunny Seong Hyon Lee vor Journalisten. Denn sie dürften nicht mit normalen Nordkoreanern reden, geschweige denn sich frei in dem Land bewegen. Auch die Diplomaten des engen Verbündeten China wüssten nicht immer genau, was Machthaber Kim Jong Un gerade plane, erklärte Seong weiter.
Doch die politischen Säuberungen im engsten Familienkreis des nordkoreanischen Regimes geben Anlass zur Sorge. Das habe den Nachbarn noch unberechenbarer gemacht, sagte Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye. Südkorea müsse auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. „Ich kann nicht sagen, was Nordkorea in Zukunft tun wird“, sagte Park am Montag in Seoul bei einer Neujahrspressekonferenz.
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