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Prügel für Mönche und Arbeitervertreter

Bei Zusammenstößen zwischen streikenden Textilarbeitern und Soldaten sind in Kambodscha mehrere Demonstranten verletzt worden. Mindestens zehn Aktivisten und Arbeiter wurden verhaftet, so ein Sprecher der Militärpolizei am Donnerstag. „Die Behörden ordneten an, dass das Militär die Proteste auflöst“, sagte Chan Soveth von der Menschenrechtsgruppe Adhoc.

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Die meisten von Kambodschas 500.000 Textilarbeiterinnen und Textilarbeitern streiken seit mehr als einer Woche für höhere Löhne. Die Gewerkschaften verlangen einen Mindestlohn von 160 Dollar. Das wäre das Doppelte des jetzigen Lohnniveaus. Die Regierung hatte vor kurzem erklärt, den Mindestmonatslohn in der Branche im April auf umgerechnet 70 Euro anheben zu wollen. Das würde die Inflation nicht einmal annähernd abdecken. Die Reallöhne in der Textilbranche Kambodschas sind in den letzten Jahren um 30 Prozent gesunken.

„Beunruhigende neue Taktik“

Militärsprecher Kheng Tito rechtfertigte den Einsatz mit der Verhaftung von Aufrührern, die die Streikenden zur Zerstörung von Fabriksbesitz anstiften wollten. Die örtliche Bürgerrechtsgruppe LICADHO berichtete hingegen, die Spezialeinheit 911 sei systematisch mit Eisenstangen, Messern, Kalaschnikows, Steinschleudern und Schlagstöcken gegen die Arbeiter in einem Außenbezirk der Hauptstadt Phnom Penh vorgegangen. Aktivisten und buddhistische Mönche, die die Arbeiter unterstützen, seien wahllos verprügelt worden.

Soldaten führen jungen Mann ab

Reuters/Samrang Pring

Einer der Demonstranten wird von Soldaten abgeführt

Eine unbestimmte Anzahl von Menschen wurde bei dem Einsatz verletzt, darunter auch Journalisten und bekannte Aktivisten. Etwa ein Dutzend Menschen wurden verhaftet. Die Ehefrau eines der Anführer, Prak Sovannary, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, die Demonstranten seien friedlich gewesen. LICADHO verurteilte den Einsatz. Die Organisation sieht dahinter eine „beunruhigende neue Taktik“ der Behörden.

Gewerkschaften geben sich unbeugsam

400.000 Menschen in Kambodscha nähen für internationale Modemarken wie Gap, Nike und H&M. Der Sektor ist eine wichtige Devisenquelle für das verarmte asiatische Königreich und die größte Exportindustrie Kambodschas mit Einkünften von zuletzt mehr als fünf Milliarden Dollar jährlich. Das entspricht 80 Prozent des gesamten Exportvolumens von Kambodscha. In letzter Zeit häuften sich Proteste gegen die Arbeitsbedingungen und Löhne, die im internationalen Wettstreit mit anderen Billigstlohnländern immer schlechter werden.

Die Behörden versuchten, mit ihrem harten Vorgehen die Streikenden einzuschüchtern, sagte Kong Athit von der Textilarbeitergewerkschaft. Die Streiks würden jedoch fortgesetzt, bis sich die Regierung zu einer neuen Verhandlungsrunde bereiterkläre. Das sei am Donnerstag bei einem Treffen der sechs größten unabhängigen Gewerkschaften des Landes beschlossen worden. Arbeitgeber und Regierung warnen jedenfalls geeint, die Industrie könne abwandern und die Arbeitsplätze so überhaupt verschwinden.

Kik-Mutter verteidigt Billiglohnfertigung

Die Bekenntnisse westlicher Billigmodeketten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sind jedenfalls kaum mehr als schöne Worte. Erst am Donnerstag verteidigte der Handelskonzern Tengelmann, zu dem der Textildiskonter Kik gehört, die Produktion von Kleidung in Bangladesch. „Ich wehre mich dagegen, dass es aufgrund niedriger Preise automatisch zu schlechten Produktionsbedingungen kommen muss“, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub gegenüber der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ („WAZ“).

In den Fabriken werde nicht nur für Kik, sondern auch für Markenfirmen genäht, argumentierte Haub. Er erklärte, der Tengelmann-Konzern habe „in den letzten Jahren begonnen, allein und aus eigener Kraft einige Verbesserungen in den Produktionsländern auf die Beine zu stellen. Das ist uns aber nicht mit großem durchschlagendem Erfolg gelungen“. Mit Blick auf die jüngsten Fabrikskatastrophen fügte er hinzu, es sei sehr traurig, dass sich die produzierenden Unternehmen erst dadurch zusammengetan hätten.

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