„Gedämpfte“ Stimmung in Denver
Es war eine ganz besondere Silvesterparty, die sie in Denver im Casselman’s feiern: Die Frauen trugen Federboas, Stirnbänder und feine Kleider, die Herren Filzhut und Knickerbocker. Alles erinnerte an die 1930er Jahre. „Die Prohibition ist vorbei“, rief ein junger Mann den Gästen zu, die in der Bar eintrafen.
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Er meinte allerdings nicht das Ende des Alkoholverbots im Jahre 1933: Die Partygäste kamen zusammen, um die Freigabe des Marihuanaverkaufs zu feiern. Seit dem 1. Jänner darf im US-Bundesstaat Colorado Cannabis an Erwachsene über 21 Jahre verkauft werden. Zuvor waren Verkauf und Konsum nur zu medizinischen Zwecken erlaubt. Dann hatte in einem Referendum die Mehrheit der Bürger für eine „Pot“-Legalisierung gestimmt.
Kein „Untergrund-Ding“ mehr
Die Cannabis-Aktivisten hatten seit Jahren für die Freigabe gekämpft - nun feierten sie ihren Sieg mit einem (be-)rauschenden Fest: Wasserpfeifen blubberten, im Innenhof wurden - abgeschirmt durch einen Plastikvorhang - fleißig Joints gerollt. Das Gesetz erlaubt zwar den Cannabis-Verkauf in lizenzierten Geschäften, das Kiffen in der Öffentlichkeit bleibt aber verboten.
Den Partygästen war das in dieser Nacht freilich egal. „Die Stimmung ist ein bisschen gedämpft“, beschrieb Chris aus Miami Beach die Atmosphäre in dem Innenhof. „Jeder hier versinkt einfach in dem Rhythmus der Nacht.“ Seinen Nachnamen wollte Chris nicht nennen. Er habe hier sein wollen an diesem Neujahrstag. „Historisch betrachtet, war es ja immer etwas Subversives, ein Untergrundding - und nun hat sich das daraus entwickelt.“
„Definitiv ein marktfähiges Produkt“
Unter den rund 200 Feiernden waren auch einige, die sich vom legalen Marihuanahandel ein gutes Geschäft versprechen. Die beiden Organisatoren der Party, Brett Mouser und Dave Maddalena, hatten schon begierig auf die „Gras“-Freigabe gewartet. „Es ist definitiv ein marktfähiges Produkt“, sagte Mouser. „Man nehme nur die strafrechtliche Komponente weg, und schon sieht man überall Unternehmer, die viele neue Dinge entwickeln.“
Mouser und Maddalena kennen die Branche bereits: Mouser vertreibt Produkte mit Cannabis-Extrakten, Maddalena gibt ein Kiffermagazin heraus. Es sei spannend zu sehen, was die vielen Jungunternehmer daraus machten, sagt Mouser. Joshua Fink zum Beispiel verkauft Kekse mit dem Cannabis-Wirkstoff THC. Seine Firma hat aber auch einen Schokoladenbrunnen im Angebot, dem Cannabis zugefügt werden kann.
Washington als nächster Bundesstaat?
Die meisten Verkäufer auf der Party glauben, dass weitere US-Staaten dem Beispiel Colorados folgen werden. In Washington soll noch im Laufe dieses Jahres der Marihuanaverkauf legalisiert werden. Ein Schlüsselelement der künftigen Entwicklung sei jedoch die Einstufung von „Gras“ durch die US-Bundesregierung, so Mouser.
Die US-Drogenbekämpfungsbehörde (DEA) definiert Marihuana weiterhin auf einer Stufe mit Heroin, LSD und Ecstasy als „Droge mit hohem Missbrauchsrisiko“, deren medizinischer Nutzen gegenwärtig nicht anerkannt sei. Die Kiffer in Colorado scheint das für den Moment nicht zu stören. Für sie zählt ab jetzt vor allem eines: Wenn sie „Gras“ kaufen wollen, müssen sie nicht mehr erst einen Dealer aufspüren.
Gretel Johnston, dpa
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