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Nicht mit Höchstgeschwindigkeit

Hoffnungsschimmer für Michael Schumacher: Bei dem siebenfachen Formel-1-Weltmeister hat sich nach seinem dramatischen Skiunfall eine „leichte Besserung“ eingestellt, der 44-Jährige schwebt aber immer noch in Lebensgefahr, wie seine behandelnden Ärzte am Dienstag im französischen Grenoble mitteilten. Erstmals wurden auch Details des Unfallhergangs bekannt.

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Schumacher half demnach unmittelbar vor seinem schweren Skiunfall einem auf der Piste gestürzten Freund. Anschließend sei er in den Tiefschneebereich zwischen zwei Pisten gefahren, berichtete Schumacheres Managerin Sabine Kehm am Dienstag in Grenoble unter Hinweis auf Schilderungen von Begleitern. Dort sei Schumacher beim Ansatz zu einer Wende gegen einen Felsen gefahren und in die Luft geschleudert worden. Kopfüber sei er dann auf einen Felsen gestürzt, sagte Kehm vor Journalisten.

Schumacher war demzufolge nicht mit allzu großem Tempo unterwegs. Dennoch schlug sein Kopf offensichtlich heftig auf. Medienberichten zufolge zersprang dabei sein Helm. Eine Bestätigung dafür gab es in Grenoble aber nicht. Die Ärzte hatten am Montag betont, dass Schumacher ohne Helm „es wohl nicht bis ins Krankenhaus geschafft“ hätte, wie es der Leiter der Anästhesieabteilung, Jean-Francois Payen, ausdrückte. Schumacher sei mit der rechten Seite aufgeprallt und nach dem Unfall verwirrt gewesen.

Piste, auf der Michael Schumacher verunfallte

APA/EPA/David Ebener

Auf dieser Piste soll Schumacher verunglückt sein

„Situation unverändert kritisch“

Der lebensgefährlich verletzte Formel-1-Rekordweltmeister befindet sich unverändert in einem kritischen, aber stabilen Zustand. Das bestätigte seine Managerin Kehm am Mittwoch vor dem Krankenhaus in Grenoble. Der 44-Jährige sei während der Nacht ständig überwacht worden. „Unverändert ist die Situation kritisch, aber es ist immerhin momentan stabil“, sagte Kehm.

Zweites Mal operiert

Die behandelnden Ärzte im Krankenhaus von Grenoble teilten unterdessen Dienstagmittag bei einer Pressekonferenz mit, dass bei dem 44-Jährigen in der Nacht eine weitere Operation durchgeführt wurde. Dabei sei es gelungen, ein Hämatom zu entfernen. Die Operation sei mit der Familie abgesprochen gewesen.

„Wir haben etwas Zeit gewonnen“, sagte Jacqueline Hubert, die Leiterin der Klinik. Bei dem neuerlichen Eingriff war es nach Angaben von Payen gelungen, etwas Druck auf das Gehirn wegzunehmen. Allerdings sei es zu früh, die Intensität der Therapie zu verringern. Es ließen sich noch keine Prognosen über den weiteren Verlauf treffen. „Es liegt noch ein langer Weg vor ihm.“ Man habe jedenfalls wichtige Zeit gewonnen. Schumacher werde aber weiter im künstlichen Koma gehalten.

Zahlreiche „diffuse“ Blutergüsse

Montagnachmittag habe sich durch eine Verbesserung des Zustands die Möglichkeit aufgetan, Schumacher zu operieren. Eine Computertomografie sei durchgeführt worden, dabei wurde festgestellt, dass ein großer Bluterguss auf der linken Seite risikolos entfernt werden könne. Das sei bei der zweiten Operation - die erste fand unmittelbar nach der Einlieferung statt -, die am Abend durchgeführt wurde, dann auch geschehen. Es gebe aber zahlreiche weitere „diffuse Blutergüsse“, diese befänden sich teilweise im Gehirn, und keiner von ihnen könne entfernt werden. Bereits bei der ersten Operation war Schumacher laut Angaben der Ärzte ein Teil der Schädeldecke entfernt worden, um den Druck auf das Gehirn zu verringern.

„Müssen realistisch sein“

Der Innendruck in Schumachers Schädel konnte durch den Eingriff gegen 22.00 Uhr gemindert werden. Dass Schumachers Zustand sich so entwickelt hatte, dass die Operation möglich wurde, hatte die Ärzte nach eigener Aussage selbst überrascht. Es hatte ein Überdruck im Schädel vorgelegen, der größte Besorgnis ausgelöst hatte, erklärte Payen. Auf Journalistenfragen machten die Ärzte klar, dass Schumachers Gesundheitszustand am Montag noch viel kritischer war als derzeit.

„Wir müssen realistisch sein. Die ganze Familie ist sich im Klaren darüber, dass die Situation kritisch ist“, betonte Professor Gerard Saillant, der als Freund mit nach Grenoble gereist ist. „Wir sind etwas weniger besorgt als gestern“, meinte Saillant, „wir wollen diese Schlacht gewinnen.“ Er kennt Schumacher seit vielen Jahren und behandelte den siebenmaligen Weltmeister nach dessen schwerem Rennunfall 1999 in Silverstone. Neben Schumachers Frau Corinna und ihren beiden Kindern befinden sich auch Bruder Ralf und Vater Rolf im Spital.

Landkarte zeigt den Unfallort von Michael Schumacher

APA; ORF.at

Schumacher wurde nach seinem Skiunfall in Meribel zuerst ins Spital nach Albertville gebracht und anschließend ins Krankenhaus nach Grenoble verlegt

Keine Prognose möglich

Eine Prognose könne man nicht abgeben, so die Ärzte. Zurzeit werde alles unternommen, um den Druck im Gehirn nicht ansteigen zu lassen. „Es ist eine kritische Situation, keine stabile“, hieß es weiter. Im Augenblick könne man nicht mehr dazu sagen. Saillant appellierte - auch im Namen der Familie - an die Medien, das Ärzteteam in Ruhe arbeiten zu lassen. Sobald es Neuigkeiten gebe, werde man die Öffentlichkeit informieren. Ein als Priester verkleideter Journalist versuchte laut Schumachers Managerin, Sabine Kehm, zu Schumacher vorzudringen. Und das war offenbar nicht der einzige Versuch. Kehm verurteilte dies scharf.

Zugleich betonten die Ärzte, dass Schumacher so behandelt werde wie jeder andere Hirntraumapatient auch - sowohl was das Verfahren angehe als auch den Aufwand. Die Ärzte betonten ausdrücklich, dass alle Patienten mit der gleichen Aufmerksamkeit behandelt würden wie Schumacher.

Familie unter Schock

Schumacher hatte sich bei dem Unfall am Sonntagvormittag in Meribel schwere Kopfverletzungen zugezogen. Er wurde nach einer Notoperation in ein künstliches Koma versetzt. Die Familie des schwer verunglückten siebenfachen Weltmeisters steht unter Schock. „Der Familie geht es natürlich nicht sehr gut“, sagte Managerin Kehm Reportern in Grenoble. „Sie sind geschockt.“ Sowohl Gattin Corinna als auch die beiden Kinder sind seit Sonntag ebenfalls in dem ehemaligen Olympiaort.

Vettel wünscht Familie viel Kraft

In der Motorsportszene ist die Erschütterung groß. Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel reagierte mit großer Bestürzung auf Schumachers Unfall. „Ich wünsche seiner Familie jetzt ganz viel Kraft“, betonte Vettel, der mit Schumacher sehr gut befreundet ist. Niki Lauda zeigte sich in einem ORF-Interview sehr betroffen. „Ich bete zu Gott, dass alles gut ausgeht. Im Moment schaut es leider nicht so gut aus“, sagte der dreifache Formel-1-Weltmeister. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel reagierte ebenfalls betroffen.

Micheal Schumacher als Sieger vom Großen Preis von Österreich 2003

GEPA/Michael Riedler

Schumacher bei seinem Sieg 2003 im Grand Prix von Österreich

Legende der Formel 1

Medienberichten zufolge trafen auch Schumachers langjährige Wegbegleiter Jean Todt und Ross Brawn am späten Sonntagabend im Krankenhaus ein. Letzterer war an allen sieben WM-Titeln des Rekordsammlers maßgeblich beteiligt. Brawn hatte Schumacher zu dessen Comeback in der Formel 1 bei Mercedes motiviert. 2010 war Schumacher in die Königsklasse des Motorsports nach drei Jahren Pause zurückgekehrt, nachdem er ein geplantes Comeback 2009 für Ferrari wegen der gesundheitlichen Nachwirkungen seines schweren Motorradunfalls im Februar desselben Jahres hatte absagen müssen.

Siebenmal wurde Schumacher Weltmeister in der Formel 1. 1999 überstand er seinen schwersten Unfall, als er in Silverstone im Ferrari verunglückte und sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zuzog.

Im „Silberpfeil“ hatte er von 2010 bis einschließlich 2012 an die Erfolge seiner ersten Karriere (1991 bis einschließlich 2006) nicht anschließen können und seinen 91 Grand-Prix-Erfolgen keinen weiteren Sieg hinzufügen können. Mit seiner deutlich lockereren Art sammelte Schumacher aber viele Sympathiepunkte.

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