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‚Verzicht auf Methoden der Vergangenheit‘

Erstmals haben in Spanien inhaftierte Mitglieder der ETA das von ihrer baskischen Separatistenorganisation verursachte Leid eingestanden. „Wir räumen mit aller Ehrlichkeit ein, dass wir Leid und vielseitigen Schaden verursacht haben“, heißt es in einem am Samstag veröffentlichten Kommunique des Kollektivs der Baskischen Politischen Gefangenen (EPPK).

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Die Unterzeichner erklärten sich auch zur Zusammenarbeit mit den Behörden bereit. Die ETA (Euskadi Ta Askatasuna/Baskenland und Freiheit) hatte über Jahrzehnte für einen unabhängigen Staat im Baskenland gekämpft. Die selbst ernannte Vertretung der ETA-Häftlinge will nun erstmals gemeinsam mit dem Staatsapparat über die Rückkehr entlassener Aktivisten in die Gesellschaft und in ein „normales Leben“ sprechen. Nach der Erklärung eines Gewaltverzichts durch die ETA im Oktober 2011 bekräftigt jetzt auch das EPPK den „Verzicht auf die Methoden der Vergangenheit“.

„Implizite Anerkennung unserer Urteile“

Zurzeit sitzen noch rund 600 ETA-Angehörige in Spanien und Frankreich hinter Gittern. Die Regierungen von Spanien und Frankreich werden aufgefordert, „alle Notstandssituationen und -maßnahmen außer Kraft zu setzen“ und „die Haftpolitik radikal zu ändern“. Bisher hatte das EPPK die Hafturteile nicht anerkannt und jeden Dialog mit den Behörden über eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft abgelehnt. Nun heißt es aber: „Wir könnten akzeptieren, dass der Prozess der Rückkehr in unsere Häuser im Rahmen des Rechtsweges erfolgt, auch wenn das die implizite Anerkennung unserer Urteile bedeutet.“

3.860 Jahre Haft für Anschlag auf Kaserne

Erst vor kurzem gab es spektakuläre Urteile gegen ETA-Terroristen: Wegen eines Bombenanschlags auf eine spanische Polizeikaserne verurteilte ein Madrider Gericht drei Attentäter zu je 3.860 Jahren Haft. In dem Mitte Dezember veröffentlichten Urteil legte der Nationale Gerichtshof den Angeklagten zur Last, es bei dem Attentat im Juli 2009 darauf angelegt zu haben, möglichst viele Beamte der Guardia Civil (Zivilgarde) zu töten.

Die Terroristen - zwei Männer und eine Frau - hatten neben einer Polizeikaserne in Burgos (Nordspanien) eine Bombe mit 700 Kilogramm Sprengstoff gezündet, die in einem Lieferwagen versteckt war. Bei der Detonation wurden 160 Menschen verletzt, darunter zahlreiche Kinder. Das Gericht wertete den Anschlag als 160-fachen Mordversuch. Die Haftstrafe wurde deshalb um ein Vielfaches erhöht. Nach Informationen der Zeitung „El Mundo“ (Onlineausgabe) bedeutete das Urteil die höchste Strafe, die jemals wegen eines ETA-Anschlags verhängt wurde. Die Verurteilten müssen davon nach spanischem Recht höchstens 40 Jahre verbüßen.

Die spanische Justiz musste in den vergangenen Wochen jedoch rund 50 ETA-Häftlinge nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) auf freien Fuß setzen. Der EGMR hatte entschieden, dass die in Spanien angewandte Praxis bei der Anrechnung von Haftvergünstigungen illegal ist.

Kampf für unabhängiges Baskenland

Die ETA wurde 1959 als Widerstandsbewegung gegen die Franco-Diktatur gegründet. Sie bekämpfte den spanischen Staat auch nach der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1975 mit dem Ziel eines unabhängigen Staates im Baskenland weiter. Bei ETA-Anschlägen wurden mehr als 800 Menschen getötet. Im Oktober 2011 verkündete die Organisation zwar die „definitive Beendigung“ ihres bewaffneten Kampfes, sie gab jedoch bisher weder die Waffen ab noch löste sie ihre Strukturen im Untergrund auf. Die spanische Regierung erklärte, die ETA befinde sich in der „Endphase“.

Die baskische Regionalregierung geht unterdessen klaren Zielen nach: Verlangt wird mehr Eigenständigkeit, man will aber nicht dem Beispiel Kataloniens folgen. „Wir gehen unseren eigenen Weg“, sagte der Parteichef der regierenden baskischen Nationalisten (EAJ-PNV), Andoni Ortuzar, am Freitag dem spanischen Radiosender Cadena SER. In Katalonien will die Regionalregierung im November 2014 ein Referendum über die Gründung eines unabhängigen Staates abhalten. Die spanische Zentralregierung hält das für verfassungswidrig und will die Abstimmung verhindern.

Wird Autonomiestatut reformiert?

Demgegenüber wolle das Baskenland sein bestehendes Autonomiestatut reformieren, sagte der Parteichef der PNV, die seit gut einem Jahr in der Region die Regierung stellt. Zu dem Vorhaben solle ein möglichst großer Konsens erzielt werden. Unter Hinweis auf den jahrzehntelangen ETA-Terror betonte Ortuzar: „Das Baskenland hat einen sehr harten Prozess hinter sich. Es geht darum, den Frieden zu festigen. Wir müssen behutsam vorgehen und dürfen nichts überstürzen.“ Die ETA hat zuletzt ihr Umfeld aufgefordert, dem Vorbild der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu folgen.

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