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Umweltschützer sorgen sich um Elfen

Der Bau einer Autobahn ist in Island vorerst gestoppt worden, weil Umweltschützer um den Lebensraum von Elfen bangen. Hunderte Aktivisten hatten regelmäßig Bagger und Baumaschinen blockiert - nun reagierten die Behörden und legten das Projekt auf Eis.

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Elf Anwälte hatten sich mit Umweltschützern zusammengeschlossen, um die isländische Straßen- und Küstenverwaltung sowie lokale Baubehörden dazu zu drängen, den Straßenbau zwischen der Halbinsel Alftanes und Gardabaer, einem Vorort von Reykjavik, im Südwesten der Insel einzustellen. Die Autobahn würde den Lebensraum der Elfen stören, führten sie ins Feld. Besonders gravierend sei, dass in dem Bereich auch eine Elfenkirche stehen soll.

„Bis sie weitergezogen sind“

Islands Oberster Gerichtshof muss nun entscheiden, so lange steht das Bauprojekt still. „Diese Probleme werden ausgeräumt, indem die Bauprojekte verschoben werden, bis die dort lebenden Elfen möglicherweise weitergezogen sind“, teilte die Straßen- und Küstenverwaltung mit. Zum isländischen Baugenehmigungsverfahren gehört nämlich auch die Prüfung, ob Bauvorhaben das Kulturgut beschädigen.

Zu den Kulturgütern zählen unter anderem Geländeformationen wie große Steine und Felsen, die von der lokalen Bevölkerung als vom „Huldufolk“ („verstecktes Volk“) angesehen werden. Das kann der Fall sein, wenn zum Beispiel Sagen und Erzählungen existieren, die das behaupten - und davon gibt es im skandinavischen Raum genug.

Straßenverengung wegen Felsen

Christian Bickel

Eine wegen eines „Elfenhügels“ verengte Straße

Deshalb machen viele Straßen auf Island einen merkwürdigen Schlenker um einen Felsen herum oder verengen sich scheinbar grundlos, weil angeblich ein sogenannter Elfenfelsen in die Fahrbahn hineinragt. In vielen Gärten stehen kleine Holzhäuschen für das „Huldufolk“, und zu Weihnachten werden ihm Speisen rausgelegt.

„Verlust für Elfen und Menschen“

Eine Studie der Universität von Island im Jahr 2007 ergab, dass 60 Prozent der 320.000 Inselbewohner an Elfen glauben. „Isländer sind ein kleines Völkchen, also verdoppelten wir in den alten Zeiten unsere Bevölkerung mit Geschichten über Elfen und Feen“, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) den isländischen Präsidenten Olafur Ragnar Grimsson dazu.

Eine "Elfentür" lehnt an einem Stein

Reuters/Bob Strong

Eine gemalte „Elfentüre“ als Felseingang

Hauptmotivation der Aktivisten, die sich Friends of Lava (Lavafreunde) nennen, sind zwar Umweltbedenken - doch die Belange der Elfen betrachten sie als Teil der Geschichte und Kultur des Landes. Die Straße „wäre ein schrecklicher Verlust für die Welt der Elfen und für uns Menschen“, sagte etwa die selbsternannte Seherin Ragnhildur Jonsdottir, die glaubt, durch Telepathie mit den Naturgeistern kommunizieren zu können.

„Gott ist genauso unsichtbar“

Der Umweltschützer Andri Snaer Magnason meinte, die Straße führe mitten durch ein Lavafeld und zerstöre die Nistplätze heimischer Vögel. Aber auch der Lebensraum der Naturgeister liege ihm am Herzen. „Für manche ist die Elfen-Sache ärgerlich“, sagte Magnason der „Associated Press“ und fügte hinzu: „Ich habe in einer Kirche geheiratet, mit einem Gott, der genauso unsichtbar ist wie die Elfen. Was irrational wirkt, ist eigentlich ziemlich verbreitet - zumindest für Isländer.“

„Respekt für das Land“

Den Ethnologen von der Universität Island, Terry Gunnell, überrascht die breite Akzeptanz für Naturgeister nicht: „Das ist ein Land, wo Ihr Haus von unsichtbaren Kräften - Erdbeben - zerstört werden kann, wo Sie der Wind umwerfen kann, wo Ihnen der Geruch von Schwefel verrät, dass nicht weit unter Ihren Füßen Feuer lodert, wo Nordlichter den Himmel zum größten Fernsehbildschirm der Welt machen, wo heiße Quellen und Gletscher ‚sprechen‘.“

Aus Gunnells Sicht steckt dementsprechend hinter dem Elfen-Glauben ein tiefer „Respekt für das Land“. Ähnlich äußerte sich die isländische Sängerin Björk: „Der Glaube an die Elfen ist eine Art von Beziehung zur Natur, wie zu den Felsen. Die Elfen leben alle in Felsen, deshalb müssen wir daran glauben. Es geht um Respekt.“

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