35 Jahre im Ausland untergetaucht
Der legendäre britische Posträuber Ronnie Biggs ist am Mittwoch im Alter von 84 Jahren gestorben. Biggs zählte zu einer 15-köpfigen Bande, die im August 1963 einen Postzug von Glasgow nach London ausgeraubt und dabei Millionen erbeutet hatte.
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Obwohl Biggs bereits vier Tage nach dem Postraub gefasst wurde, galt der ausgetüftelte Postraub der insgesamt 15-köpfigen Bande als eine Sensation - auch wegen der damals sagenhaften Summe von 2,6 Mio. Pfund, was heute umgerechnet über 50 Millionen Euro entspricht.

APA/dpa
Lebemann Biggs in Brasilien
Neun der Täter wurden 1964 zu 30 Jahren Haft verurteilt, darunter Biggs. Dieser konnte aber nach nur 19 Monaten im Gefängnis - logistisch abermals meisterhaft geplant - mit einer selbst gemachten Strickleiter ausbrechen. In Paris ließ er von einem plastischen Chirurgen sein Gesicht verändern und floh dann über Australien nach Brasilien.
Sänger bei den Sex Pistols
Nach der Flucht war es einige Jahre still um Biggs. Dann aber kam die Punkband Sex Pistols und nahm im Frühjahr 1978 mit ihm zwei Songs auf: „No One Is Innocent“ und „The Biggest Blow“. 13 Jahre danach folgten die Toten Hosen dem Beispiel: Sie nahmen gemeinsam mit Biggs die Single „Carnival In Rio“ auf.

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Biggs 1992 als „Prisoner of Rio“
Insgesamt 35 Jahre lang tauchte Biggs im Ausland unter. Da er das erbeutete Geld bei der Flucht über drei Kontinente ausgegeben hatte, verdiente er seinen Unterhalt nach eigenen Angaben vor allem mit Interviews mit internationalen Medien. Eine weitere Einnahmequelle war der Verkauf von Souvenirs an Touristen, auf denen auf Englisch geschrieben stand: „Ich war in Rio und habe Ronnie Biggs getroffen.“ Doch wirklich genießen konnte Biggs seine Freiheit nicht. „Selbst in Brasilien war ich Gefangener meines eigenen Tuns“, sagte er einmal.
2009 in Großbritannien begnadigt
2001 kehrte er schließlich von einem Schlaganfall gezeichnet freiwillig nach Großbritannien zurück und stellte sich den Behörden. „Mein letzter Wunsch ist es, in einen englischen Pub zu gehen und ein Pint Bitter zu trinken“, sagte er. 2009 wurde Biggs wegen seines sich dramatisch verschlechternden Gesundheitszustandes begnadigt. Nach mehreren Schlaganfällen war er bettlägerig und konnte nicht mehr sprechen, alleine essen und gehen, zudem litt er an Hautkrebs.

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Biggs bei der Beerdigung seines Mittäters Bruce Reynolds im März 2013 in London
Verbleib der Beute nach wie vor ungeklärt
Kurz nach seiner Begnadigung zeigte sich Biggs erstmals geläutert. „Ich bereue den Raub, aber ich bereue nicht mein wildes Leben“, so der schwerkranke 80-Jährige damals im Interview mit der deutschen „Bild am Sonntag“, bei dem er sich mit Hilfe seines Sohnes Michael über eine Buchstabentafel verständlich machte. Er müsse sich bei seiner Familie „für all den Ärger“ entschuldigen, den er verursacht habe. Auf die Frage, ob Gott ihm vergeben werde, antwortete Biggs: „Muss der nicht jedem vergeben? Ich bin im Frieden mit ihm. Wir sind Kumpel.“
Der Verbleib der gesamten Beute wurde nie vollständig geklärt. Mittäter Charlie Wilson, der als „Schatzmeister“ der Bande angeblich wusste, wo das Geld versteckt war, flüchtete 1964 nach Spanien. Dort wurde er vor seiner Villa in Marbella 1990 erschossen.
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