Starker Widerstand der Wall Street
Banken in den USA müssen sich erst ab Juli 2015 an ein weitgehendes Verbot spekulativer Investmentgeschäfte auf eigene Rechnung halten. Mehrere Regulierungsbehörden präsentierten am Dienstag ihre Finalversion der lange heftig debattierten „Volcker-Regel“. Die Notenbank Federal Reserve (Fed) gab grünes Licht, allerdings kommt das neue Gesetz ein Jahr später als ursprünglich geplant.
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Die Regulierung des Bankeneigenhandels ist ein Kernstück der Finanzmarktreform von US-Präsident Barack Obama. Die „Volcker-Regel“ verbietet Banken - grob gesagt - zum größten Teil Spekulationsgeschäfte mit eigenem Geld. Nach jahrelangem Ringen ziehen die USA damit gegen harten Widerstand von Lobbyisten ihre Lehren aus der schweren Finanzkrise von 2008. Damals, nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers, der das Finanzsystem weltweit ins Wanken gebracht hatte, hatte Obama versprochen, die Wall Street an eine etwas kürzere Leine zu nehmen.
Neben der Fed legten am Dienstag unter anderen auch die staatliche Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) und die Börsenaufsicht Securities und Exchange Commission (SEC) ihre Auslegungen des Hunderte Seiten starken Papiers zur „Volcker-Regel“ vor. Ihren Namen hat die Regel vom früheren Fed-Chef und zwischenzeitlichen Obama-Berater Paul Volcker.
Endgültige Auswirkungen bisher unklar
Die Fed will die Vorschriften auf die großen Bankenkonzerne unter ihrer Aufsicht anwenden. Kleine Finanzinstitute seien weitgehend ausgeschlossen, hieß es. Einige Großbanken haben ihre Handelsbereiche bereits quasi in vorauseilendem Gehorsam weitgehend geschlossen bzw. ausgelagert. Zu den größten Regulierungsgegnern gehört etwa der Chef der New Yorker Großbank JPMorgan Chase, James „Jamie“ Dimon.
Die endgültigen praktischen Auswirkungen des neuen Gesetzes sind noch nicht ganz klar. Laut Experten wird sich erst auf juristischem Wege zeigen müssen, wann ein Eigenhandel der Banken gegen die Vorschriften verstößt und wann er legitimer Teil der Kernaufgaben der Bank ist. Die künftige Gesetzeslage verbietet Banken jedenfalls auch die Beteiligung an Hedgefonds und Private-Equity-Fonds. Sie soll per 21. Juli 2015 gelten - ein Jahr später als ursprünglich geplant.
Gesetzliche Basis bereits 2010 beschlossen
Die Grundzüge der „Volcker-Regel“ sind im Dodd-Frank-Gesetz zur Finanzmarktreform niedergelegt. Der Kongress in Washington hatte das nach dem damaligen Vorsitzenden des Senatsausschusses für Banken, Chris Dodd, und dem ehemaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses, Barney Frank, benannte Gesetz bereits im Sommer 2010 verabschiedet. Für die konkrete Umsetzung der „Volcker-Regel“ waren die Regulierungsbehörden zuständig, die sich aber lange nicht auf eine gemeinsame Fassung einigen konnten.
„Diese Vorschrift des Dodd-Frank-Gesetzes verfolgt das wichtige Ziel, das exzessive Eingehen von Risiken durch Geldinstitute zu begrenzen“, erklärte Fed-Chef Ben Bernanke am Dienstag. Die Banken, für die der Eigenhandel eine wichtige Einnahmequelle darstellt, hatten sich gegen die strengere Regulierung gewehrt und konnten einige Ausnahmen durchsetzen.
Ausnahmen bleiben
Der finalen Version zufolge soll beispielsweise der Eigenhandel in bestimmten Fällen zur Absicherung von Risiken anderer Finanzgeschäfte erlaubt bleiben. Auch mit - relativ risikoarmen - US-Staatsanleihen können Banken weiter Eigenhandel betreiben. Auch das eine oder andere legale Schlupfloch dürfte offen bleiben.
Kritiker des Bankeneigenhandels führten unter anderem immer wieder das Beispiel eines Londoner Börsenhändlers als Argument ins Treffen. Dieser, ein Angestellter von JPMorgan, hatte durch Derivategeschäfte umgerechnet über 4,5 Mrd. Euro in den Sand gesetzt. Wegen der Größe seiner Wetten hatte er den Spitznamen „Der Wal von London“ bekommen. JPMorgan konnte die Verluste auffangen und zahlte außerdem noch für einen Vergleich über 900 Mio. Dollar an die Behörden in den USA und Großbritannien.
Auch EU arbeitet an Regulierung
Während die USA unter anderem mit der „Volcker-Regel“ den Handel an der Wall Street sicherer machen wollen, gehen andere Länder andere Wege bei der Regulierung ihrer Banken. So sollen die Banken am wichtigsten europäischen Bankenplatz London die Einlagen der Sparer vom Rest ihrer Geschäfte abschirmen. Zwar will die Regierung keine Aufspaltung der Institute verlangen, doch sollen für das Privat- und Firmenkundengeschäft auf der einen und das Investmentbanking auf der anderen Seite jeweils eigene Eigenkapitaltöpfe als Sicherheit verlangt werden.
In der Euro-Zone läuft es derzeit ebenfalls auf eine Trennung von Investmentbanking und Einlagengeschäft hinaus. Für den Fall des Falles sollen in der Währungsunion im Rahmen des Projekts Bankenunion künftig gemeinsame Standards für die Sanierung, aber auch Schließung von Geldinstituten gelten, um unter anderem zu verhindern, dass - wie schon öfters seit der Finanz- und Wirtschaftskrise - der Steuerzahler geradestehen muss.
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