Themenüberblick

„Generationsübergreifende Beziehungen“

Einer der wohl größten Inzestfälle erschüttert derzeit Australien. In einem Camp in New South Wales (NSW) lebten 40 Mütter, Väter, Onkel, Tanten, Söhne und Töchter - so gut wie alle miteinander verwandt - unter desaströsen Bedingungen. Ermittler waren Hinweisen von Anwohnern nachgegangen, weil die Kinder nicht regelmäßig zur Schule gingen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Über Jahrzehnte hatte sich die Familie nur innerhalb der Familienmitglieder fortgepflanzt. Schon die Ururgroßeltern seien Bruder und Schwester gewesen. Tanten, Onkel, Nichten, Brüder und Schwestern hatten dann über Jahrzehnte hinweg Sex miteinander - nicht nur unter Erwachsenen, die Behörden sprechen auch von schwerem Kindesmissbrauch. Insbesondere die Kinder sind verwahrlost und zum Teil schwer behindert.

Bereits 2012 waren Polizisten und Sozialarbeiter Beschwerden nachgegangen, wonach die Kinder im Alter zwischen fünf und 15 Jahren nicht oder nur selten in die Schule kamen. Dabei stellte sich den Angaben zufolge heraus, dass die Minderjährigen mit etwa 30 Erwachsenen zusammenlebten - Mitglieder derselben Familie, die sich über vier Generationen untereinander fortgepflanzt hatten.

Teilweise gehörlos und blind

Elf der zwölf Kinder hätten Eltern, die miteinander verwandt seien, hieß es. Die Eltern von acht Kindern seien entweder Bruder und Schwester, Mutter und Sohn oder Vater und Tochter. Weitere Kinder hätten Tante und Neffe, Onkel und Nichte, Halbgeschwister oder Großeltern und Enkel als Eltern, wie die Nachrichtenseite News.com.au am Donnerstag berichtete.

Die Kinder seien teilweise schwer behindert, kaum der Sprache mächtig, blind oder gehörlos, berichteten australische Medien. Ein Jugendgericht kam im September zu dem Schluss, dass es in der Familie „generationsübergreifende inzestuöse Beziehungen und innerfamiliären sexuellen Missbrauch“ gab. Die Großfamilie lebte demnach zuletzt in einem abgelegenen Tal in New South Wales in zwei Baracken, zwei Wohnwagen und zwei Zelten ohne fließendes Wasser und Kanalisation.

„Gefährliche Lebensbedingungen“

In den Gerichtsunterlagen ist von „sehr schmutzigen und gefährlichen“ Lebensbedingungen die Rede. Auf dem Gelände lagen den Angaben zufolge ungesicherte Stromkabel, Kettensägen und große Säcke voller Müll herum. Die Kinder waren bei ihrer Auffindung völlig verschmutzt und hatten schlechte Zähne. „Es gab keine Toiletten, Duschen oder Badewannen“, heißt es in den Dokumenten. Ein besonders schwerer Fall ist ein neunjähriges Mädchen: Sie könne weder hören noch schreiben und beherrsche eine allenfalls rudimentäre Sprache. Sie könne weder selbst baden noch wisse sie, was eine Toilette ist, heißt es laut Medienberichten.

Aus Furcht vor Entdeckung zog der Clan laut australischem „Daily Telegraph“ mehrmals um. Die inzestuöse Familiengeschichte nahm ihren Anfang in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Neuseeland. In den 70er Jahren zog die Familie nach Australien.

„Keine Möglichkeit der Rückkehr“

Die Behörden halten unterdessen den Namen des Ortschaft, in dem die Familie aufgefunden wurde, geheim. Zwölf Kinder wurden dem Clan entzogen und befinden sich in psychologischer Betreuung beziehungsweise in Pflegefamilien. Ursprünglich sollte der Fall gar nicht publik gemacht werden. Doch dann einigten sich die Behörden darauf, die australische Bevölkerung doch zu informieren. Der Fall landete vor Gericht.

In einem bereits vorliegenden Gerichtsbeschluss heißt es dazu, es gebe „keine realistische Möglichkeit“, dass die Kinder eines Tages zu ihren Eltern zurückkehren könnten. Bis sie 18 Jahre alt sind, bleiben sie der Obhut des Staates unterstellt. Ihre Mütter hatten Anwälte engagiert, um die Rückkehr der Kinder zu ihrer Familie zu erkämpfen. Weitere Anklagen vor Gericht sind zu erwarten.

Links: