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Kleinstpartikel am schädlichsten

Feinstaub ist auch unterhalb der in der EU geltenden Grenzwerte gesundheitsschädlich. Das ergibt sich aus einer Überblicksstudie, deren Ergebnisse in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht werden. Besonders bedenklich sind demnach die Kleinstpartikel von weniger als 2,5 Mikrometern, die tief in die Lungen und sogar in den Blutkreislauf eindringen können.

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Der in der EU seit 2008 geltende Grenzwert für die Feinstaubbelastung mit Partikeln von 2,5 Mikrometer und weniger liegt bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Grenzwert von zehn Mikrogramm. Die von „The Lancet“ nunmehr veröffentlichte Studie fasst die Ergebnisse von 22 Einzelstudien zusammen, für die Daten von 367.000 Menschen in 13 westeuropäischen Ländern ausgewertet wurden. Im Verlauf von 14 Jahren starben 29.000 der erfassten Menschen - mehr dazu in science.ORF.at.

Grenzwerte in Österreich überschritten

In den ersten neun Monaten 2013 wurden in Österreich die Feinstaubgrenzwerte an zehn der insgesamt 108 österreichischen Luftmesspunkte überschritten, wie Michael Mock, Geschäftsführer des Fachverbands der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen (FGW), Mitte Oktober mitteilte. Der österreichische Richtwert des Immissionsschutzgesetzes Luft (IG-L) schreibt vor, dass der Wert von durchschnittlich 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter an maximal 25 Tagen pro Jahr überschritten werden darf.

An insgesamt sieben Tagen wurden die Grenzwerte von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter um mehr als das Doppelte überschritten. Spitzenreiter ist Wien (Gaudenzdorfer Gürtel) mit durchschnittlich 139 Mikrogramm pro Kubikmeter, gefolgt von Mannswörth bei Schwechat (Niederösterreich) mit 138 Mikrogramm. Werte über 100 Mikrogramm pro Kubikmeter verzeichnen außerdem mehrere Messstellen im Raum Graz und der Römerberg in Linz.

Schlechte Luft in Europa

Der Studie zufolge nahm die Sterbewahrscheinlichkeit bei einer Erhöhung der Feinstaubbelastung um fünf Mikrogramm pro Kubikmeter um sieben Prozent zu. Zu den Gesundheitsgefahren, die durch Feinstaub mitverursacht sein können, zählen Krebs, Asthma, Allergien und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Obwohl die gesetzlichen Grenzwerte in den meisten Fällen eingehalten werden, atmen viele Europäer noch immer Luft ein, die ihrer Gesundheit schadet, so die Ergebnisse von Studien der WHO, die im November veröffentlicht wurden. „Wir sind noch nicht da, wo wir sein sollten, aber wir haben schon einiges erreicht“, sagte Jürgen Schneider, Experte für Luftqualität des heimischen Umweltbundesamtes.

Lebenserwartung um 8,5 Monate gesenkt

Welche Auswirkungen erhöhte Schadstoffkonzentrationen in der Luft auf die Gesundheit haben können, machte Marie-Eve Heroux von der WHO deutlich. Belastet werde von einer schlechten Luftqualität nicht etwa nur die Atmung, sondern auch das Herz-Kreislauf-System und das zentrale Nervensystem.

In Europa sei die Luftqualität zwischen 2000 bis 2010 zwar stabil gewesen, sagte sie, die von der WHO festgelegten Grenzwerte seien aber in den meisten Ländern deutlich überschritten worden. Die schlechte Qualität der Luft habe die Lebenserwartung der Europäer im Jahr 2005 immerhin um durchschnittlich 8,5 Monate gesenkt, so Schneider - mehr dazu in science.ORF.at.

Verkehr weiter Hauptproblem

Bei Schadstoffen wie Schwefeldioxid und Blei seien zwar Erfolge erzielt worden, doch auch in Österreich bestehe „durchaus noch Handlungsbedarf“, machte Schneider deutlich. Vor allem was die Feinstaubkonzentration betrifft, legt die WHO nämlich deutlich strengere Maßstäbe an. Verbessern könnte man die Lage laut Schneider etwa durch eine Verringerung des Verkehrs, staubmindernde Maßnahmen auf Baustellen und thermische Sanierungen von Gebäuden.

Neben gesundheitlichen Gründen wären weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität auch wirtschaftlich sinnvoll, führte der Experte für Luftqualität aus. Der finanzielle Nutzen wäre wesentlich größer als die notwendigen Investitionen. Auf europäischer Ebene sollte Österreich auf strengere Regeln drängen, empfahl er.

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