Intransparent und „damit unwirksam“
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) war mit seinen Verbandsklagen gegen zwei Inkassobüros, Inko Inkasso und infoscore austria, in erster Instanz erfolgreich. Das Handelsgericht Wien beurteilte bestimmte Klauseln in Vertragsformblättern zur Ratenzahlung als intransparent und damit unwirksam. Den Kunden sei nämlich nicht klar gewesen, wie viel sie insgesamt zurückzahlen müssen.
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Kunden, die ihre offenen Rechnungen nicht zahlen können, machen oft Bekanntschaft mit Inkassobüros. Dort wird dann üblicherweise eine Ratenzahlung vereinbart. Unterschreiben die Betroffenen die Vertragsformblätter, die ihnen vorgelegt werden, gilt die dort bezifferte Forderung als anerkannt, spätere Einwendungen sind nicht mehr möglich.
Dschungel an Gebühren und Kosten
Das Problem aus Sicht der Konsumentenschützer: Die Gesamthöhe der Forderung bleibe oft unklar, da neben dem eigentlichen Betrag weitere oft unklare Gebühren anfallen. Denn neben der Forderung werden weitere Kosten des Inkassobüros (monatliche Evidenzgebühren, Mahnkosten, Erhebungskosten) zugeschlagen - für den VKI ein wahrer Kostendschungel. Dazu komme, dass die Klauseln der Formblätter oft schwer verständlich sind, so der VKI in einer Aussendung am Dienstag. Das Gericht sah das genauso: Die Anerkennungsklauseln vermittelten dem Verbraucher kein klares Bild seiner vertraglichen Position.
Rücktritt binnen 14 Tagen möglich
Darüber hinaus stuften die Richter die Ratenzahlungsangebote der beklagten Inkassobüros als „entgeltliche Zahlungsaufschübe“ im Sinn des Verbraucherkreditgesetzes ein und stärkten damit die Position der Konsumenten: Der Kunde kann binnen 14 Tagen ab Unterschrift von seiner Vertragserklärung zurücktreten - egal, wo er die Ratenvereinbarung unterzeichnet hat. Wird er darüber nicht korrekt belehrt, beginnt diese Frist erst mit der Belehrung.
Dieses Recht hilft jenen, die eine umstrittene Grundforderung oder Inkassokosten in unberechtigter Höhe anerkannt haben. Der Rücktritt beseitigt die Rechtswirkungen der Anerkenntnis. Verbraucher können die Forderungen damit auch bestreiten und - wenn der Gläubiger klagt - gerichtlich prüfen lassen - mehr dazu in help.ORF.at.
Recht auf Angabe von Jahreszinssatz
Darüber hinaus hat ein Verbraucher ein Recht auf die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes. Findet er dazu nichts im Formblatt, schuldet er nur den gesetzlichen Sollzinssatz von vier Prozent und hat ein Recht darauf, dass seine Raten neu berechnet werden. Nicht zuletzt stellte das Handelsgericht Wien auch klar, dass die Betreibungskosten bei einer Vereinbarung nach Zahlungsverzug gesondert aufzuschlüsseln sind, um dem Verbraucher ein klares Bild seiner vertraglichen Position zu geben.
„Ratenzahlungsangebote von Inkassobüros fallen seit 11.6.2010 in aller Regel unter die Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes. Es besteht daher ein Rücktrittsrecht und ein Recht auf Angabe des Effektivzinssatzes mit der starken Sanktion, dass ansonsten nur gesetzliche Zinsen geschuldet werden“, fasste Maria Ecker, zuständige Juristin im Bereich Recht des VKI, das Urteil nochmals zusammen. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Das Urteil gilt jedoch als wegweisend.
Immer schneller eingeschaltet
In Österreich gibt es pro Jahr rund 1,1 Millionen Inkassofälle. Die Unternehmen wenden sich immer schneller an Inkassobüros mit dem Auftrag, das Geld einzutreiben. Die Mahnungen würden den Inkassobüros 90 bis 120 Tage nach Rechnungslegung übergeben - zu 90 Prozent Forderungen zwischen 50 und 300 Euro, so Christian Jahn vom Inkassobüro Intrum Justitia - mehr dazu in oe1.ORF.at.
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