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Kritik von Grünen und Linkspartei

In 17-stündigen Verhandlungen haben sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD in der Nacht auf Mittwoch auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Für die Neuauflage einer Großen Koalition fehlt jetzt noch das Ja der SPD-Mitglieder. In ersten Reaktionen zeigte sich die SPD-Führung über die endgültige Zustimmung der Parteibasis vorsichtig optimistisch.

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„Ich bin ziemlich sicher, dass wir mit diesem Ergebnis einem Ja deutlich näher sind als einem Nein“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Mittwoch im Deutschlandfunk. Führende SPD-Linke signalisierten ebenfalls Zustimmung, darunter etwa der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner, der im ZDF-„Morgenmagazin“ sagte: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die SPD-Basis zustimmen wird.“ Die SPD-Führung kann laut Stegner den Mitgliedern ein Ja empfehlen. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte: „Das Gesamtpaket ist so sozialdemokratisch, dass wir unseren Mitgliedern die Zustimmung empfehlen müssen.“

Es gebe den Mindestlohn statt Dumpinglöhnen, mehr Investitionen in Bildung, Verbesserungen bei der Pflege und bei der Rente sowie die doppelte Staatsbürgerschaft. „Das heißt schon für viele Menschen in Deutschland eine Verbesserung“, sagte der SPD-Politiker. Auch sei das „für die 25 Prozent, die wir bei der Bundestagswahl erzielt haben, schon ein ganz ordentliches Ergebnis“. Auch Nahles hob die Vereinbarungen zum Mindestlohn von 8,50 Euro ab 2015 und die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren hervor.

Mattheis gegen Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag mit der Union stößt in Teilen der SPD dennoch auf Kritik. Nach einem ersten Blick über die Vereinbarungen könne sie der Parteibasis keine Zustimmung empfehlen, sagte die Parteilinke Hilde Mattheis dem Sender NDR Info. Sie kritisierte, dass die Forderung nicht erfüllt sei, „den flächendeckenden Mindestlohn möglichst schnell einzuführen“. Außerdem stehe in dem Vertrag „vieles unter Finanzierungsvorbehalt“.

Skeptisch äußerte sich unterdessen auch Stegner, ob es der Union gelingen werde, die im Koalitionsvertrag formulierten Bedingungen für die Einführung einer Pkw-Maut zu erfüllen. „Wenn Weihnachten und Ostern nächstes Jahr zusammengelegt werden, dann kommt auch die Maut“, sagte der SPD-Politiker. Voraussetzungen für die Maut sind dem Vertrag zufolge neben Mehreinnahmen auch die Garantie, dass in Deutschland zugelassene Pkws nicht mehr belastet werden, und eine EU-rechtskonforme Gestaltung. „Wie die die drei Bedingungen zusammenführen wollen, das müssen die uns nochmals vorführen“, sagte Stegner.

Gröhe spricht von „gutem Kompromiss“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte die Mindestlohneinigung einen guten Kompromiss, der die Tarifpartnerschaft stärke. Die stellvertretende CDU-Chefin Julia Klöckner sagte: „Wir haben als Union unsere zentralen Wahlversprechen eingehalten.“ Nach den Worten von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt trägt der Vertrag eine deutliche Unionshandschrift und „spiegelt das Wahlergebnis wider“. Die Union hatte bei der Wahl 41,5 Prozent erreicht, die SPD 25,7.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs räumte unterdessen ein, dass die Zustimmung zu vielen Punkten im Koalitionsvertrag für die CDU schwierig gewesen sei. „Koalitionsverträge sind Kompromisse und sind nicht Wunschkonzerte“, so Fuchs im Deutschlandfunk. „Die Punkte müssen wir mitmachen, damit wir eine vernünftige, stabile Regierung bilden können.“

„Sicher nicht ganz gut gelungen“

Erwartungsgemäß Kritik kam von Linkspartei und Grünen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte im ZDF zwar die Vorhaben bei der Pension, sagte aber auch, manches sei „sicher ganz gut gelungen“. Dabei nannte er den Mindestlohn und die Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. Die geplante Koalition ziele aber auf den „Abbruch der Energiewende“ ab und bremse die Entwicklung der erneuerbaren Energien. Sowohl Union als auch SPD seien „zukunftsvergessene Parteien“, kritisierte Hofreiter.

Linke-Parteichef Bernd Riexinger kritisierte im Kurznachrichtendienst Twitter: „Keine Reichensteuern, 8,50€ Mindestlohn ohne Schlupfloch erst 2017 (!). Gerechtigkeitswende geht anders. Sehe Handschrift der SPD nicht.“ Linke-Fraktionsvize Dietmar Bartsch vermisste zukunftsweisende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. „Ich habe gehofft, dass die Große Koalition große Probleme angeht“, sagte Bartsch im ZDF. „Hier wird verwaltet und nicht etwa in die Zukunft agiert“, bemängelte er.

Geht es nach Linke-Fraktionschef Gregor Gysi, wird es eine Zustimmung der SPD-Mitglieder zu einer Großen Koalition geben: „Ich würde mal tippen, es gibt eine knappe Mehrheit dafür, aber sie wird nicht dick“, so Gysi, der gegenüber MDR Info gleichzeitig von einer „Koalition des Stillstands“ sprach.

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