Themenüberblick

Kampf gegen Preisverfall

Die Reform des europäischen CO2-Handels ist weitgehend fixiert: Vertreter der EU-Staaten gaben kurz vor Start der Weltklimakonferenz in Polen grünes Licht für die Pläne der EU-Kommission und des Europaparlaments. Im Emissionshandel muss die Industrie Verschmutzungsrechte für jede Tonne Ausstoß des Treibhausgases CO2 vorlegen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Doch weil der CO2-Preis niedrig ist, lohnen sich Investitionen in moderne Filtertechnik nicht. Mit der Reform sollen der Preis erhöht werden und die Klimaschutzwirkung steigen. Die EU-Staaten hätten den Vorschlag des Parlaments „ohne jede Änderung bekräftigt und erlauben uns damit, jetzt rasch voranzuschreiten“, erklärte der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote, der im Parlament federführend für das Thema zuständig ist. Ziel sei eine Abstimmung im Plenum in der zweiten Dezember-Woche.

Trotz Widerstands der Industrie

EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard wartet schon seit ihrem Vorschlag im Juli 2012 auf das Ja der EU-Staaten. „Endlich“, jubelte sie nach dem Votum auf Twitter, „der gesunde Menschenverstand hat gesiegt.“ Mit dem Reformschritt sollen 900 Millionen Zertifikate (Verschmutzungsrechte) erst am Ende des Jahrzehnts auf den Markt kommen.

Über das sogenannte Backloading sollen Verschmutzungsrechte für 900 Millionen Tonnen CO2 zeitweise aus dem Markt gezogen und somit die Preise stabilisiert werden. Das wiederum würde für Kraftwerksbetreiber und Unternehmen einen Anreiz bedeuten, mehr in umweltfreundliche Produktion zu investieren.

Drastischer Preisverfall

Wegen der Wirtschaftskrise benötigten Fabriken und Kraftwerke weit weniger CO2-Rechte als von den Regierungen angenommen. Da die Rechte an der Börse gehandelt werden, verfiel dort der Preis, der zunächst mit 15 Euro kalkuliert worden war. Da die Regierung die Rechte überwiegend versteigert, fiel zudem auch eine Einnahmequelle weg. In Deutschland etwa sollte mit den Erlösen der Energie- und Klimafonds gespeist werden, mit dem wiederum Projekte der Energiewende finanziert werden sollten.

Gegen die Regelung gab es Widerstand aus der Industrie, die Kostenballast fürchtete. Wegen Meinungsverschiedenheiten in der schwarz-gelben Koalition trat Berlin lange ohne klare Position auf. Erst kürzlich gab Deutschland seine Zurückhaltung auf und bezog Stellung pro Reform - machte damit den Weg für die Einigung frei.

„Wichtiger symbolischer Schritt“

Hildegard Müller vom deutschen Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) befürwortete die Reform, da die niedrigen Preise für Zertifikate „keinerlei Anreize für Investitionen in CO2-arme und hocheffiziente Technologien“ böten. „Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung als politisches Signal für ein stabiles Preisniveau, das sich an langfristigen Emissionszielen ausrichtet, wichtig.“ Allerdings brauche die EU endlich auch CO2-Sparziele für das Jahr 2030.

Die Umweltorganisation Germanwatch zeigte sich ebenfalls erfreut. „Das Backloading ist ein wichtiger symbolischer Schritt mit großer Signalfunktion. Nach monatelanger FDP-Blockade hat die EU-Kommission jetzt ein Mandat, die dringend nötige, große Strukturreform des CO2-Handels anzugehen“, kommentierte Christoph Bals von Germanwatch.

Nur erster Schritt

In der Tat ist Backloading ohnehin nur ein erster, zeitlich befristeter Reformschritt. Noch bis Ende des Jahres will Klimakommissarin Hedegaard Vorschläge machen, wie der Emissionshandel strukturell umgekrempelt werden kann.

An der Börse verpuffte die Wirkung des Brüsseler Reform-Jas - der Kurs für CO2-Rechte stieg am Freitag an der Leipziger Strombörse nur leicht um fünf Cent auf 4,78 Euro. Ursprünglich hatte die EU-Kommission mit einem Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 geplant, um Europas Industrie auf Klimaschutzkurs zu bringen. Doch dann kam die Krise, die Industrieproduktion brach ein - und so sanken auch die CO2-Preise.

Links: