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Münchner hortete verschollene Bilder

Zollfahnder haben einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“ zufolge in der Wohnung eines 80-jährigen Münchners etwa 1.500 bisher verschollene Gemälde von Meistern der klassischen Moderne entdeckt und beschlagnahmt. Laut „Focus“ sollen die Nationalsozialisten die Werke von jüdischen Sammlern geraubt oder als „entartete Kunst“ konfisziert haben.

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Unter den Werken in der Wohnung seien verschollene Gemälde von Pablo Picasso, Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max Beckmann und Max Liebermann, hieß es. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ weiter schreibt, hätten die Zollfahnder bereits im Frühjahr 2011 in der Wohnung des Mannes zugeschlagen.

Die Aktion war den Angaben zufolge unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlaufen und von den Behörden bisher geheim gehalten worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft Augsburg wollte den „Focus“-Bericht weder bestätigen noch dementieren.

Mann lebte vom Verkauf

Laut „Focus“ hatte der Vater des 80-Jährigen, ein Kunsthändler, die Gemälde in den 30er und 40er Jahren aufgekauft. Seit mehr als 50 Jahren soll sie der Sohn in seinem Schwabinger Appartement gehortet haben - in verdunkelten, vermüllten Zimmern mit selbstgeschreinerten Regalen. Im Laufe der Jahre habe er einzelne Bilder verkauft und von dem Erlös gelebt.

Bargeldkontrolle in Zug

Auf den Mann aufmerksam geworden sei der Zoll bei einer zufälligen Bargeldkontrolle im September 2010 während einer Zugsreise von der Schweiz nach München. Die Fahnder hätten weiterrecherchiert und im Frühjahr 2011 eine Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen erwirkt. Als die Fahnder die Wohnung in einer mehrtägigen Aktion leerräumten und die Bilder abtransportierten, habe der Mann keinen Widerstand geleistet, so der „Focus“.

Eine Milliarde Euro wert

Die Bilder liegen inzwischen in einem Sicherheitstrakt des bayerischen Zolls in Garching bei München, wie es im „Focus“ heißt. Die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann versuche nun, die Herkunft und den Wert der Bilder zu ermitteln. Das Magazin spricht von rund einer Milliarde Euro.

Die zuständige Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt dem Bericht zufolge wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Nach „Focus“-Recherchen hat der Mann zumindest ein Gemälde - ein Bild von Max Beckmann - für 864.000 Euro bei einem Auktionshaus versteigern lassen.

Den Untersuchungen zufolge gehörten mindestens 300 der aufgetauchten Werke zu den verschollenen Exponaten der „entarteten Kunst“. Für mindestens 200 Werke lägen offizielle Suchmeldungen vor. Eines der beschlagnahmten Matisse-Gemälde soll dem jüdischen Kunstsammler Paul Rosenberg gehört haben, dem Großvater der französischen Journalistin Anne Sinclair. Sinclair, die seit Jahren um die Rückgabe der von den Nazis gestohlen Gemälde kämpft, hat laut „Focus“ bisher nichts von dem Matisse-Bild gewusst.

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