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Streitthema in Koalitionsverhandlungen

Die Pkw-Maut ist eines der großen Streitthemen in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen in Deutschland. Nun sickerte durch, dass das deutsche Verkehrsministerium die Einführung einer Mautvignette nach österreichischem Vorbild prüft.

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Deutsche und ausländische Pkw-Fahrer müssten künftig eine Vignette erwerben, die für ein ganzes Jahr 100 Euro kosten dürfte, berichtete die Zeitung „Bild am Sonntag“. Für einige Tage oder Wochen der Benutzung etwa im Urlaub würde die Autobahngebühr für Ausländer entsprechend geringer ausfallen. Die deutschen Autofahrer sollen demnach die Kosten der Vignette aber gegen die Kfz-Steuer verrechnen dürfen.

„Verkehrsministerium prüft Varianten“

Eine Lösung hätten die Planer von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auch für diejenigen, deren Kfz-Steuer unter 100 Euro liege, weil sie ein besonders schadstoffarmes Auto mit kleinem Motor hätten: Sie sollten bei der Vignette einen Ökorabatt bekommen, der sicherstelle, dass die Gebühr nicht höher ausfalle als die Kfz-Steuer.

Das Verkehrsministerium in Berlin prüfe diese Variante einer Pkw-Maut, bestätigte eine Sprecherin am Sonntag den Zeitungsbericht. Die Ministeriumssprecherin betonte, es handle sich um eine von verschiedenen Varianten für eine Pkw-Maut, die geprüft würden. Sie bekräftigte, dass in Deutschland zugelassene Pkws nicht stärker belastet werden sollten als bisher.

SPD spricht von „Vertrauensbruch“

SPD-Fraktionsvize Florian Pronold bezeichnete es als Vertrauensbruch, wenn die Medien die Mautkonzepte eher erhielten als der mögliche Koalitionspartner. „Weder europarechtlich noch praktisch funktioniert die volle Rückerstattung über die Kfz-Steuer für jeden Autofahrer“, sagte der SPD-Unterhändler für die Verkehrspolitik. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse sich jetzt positionieren. Die SPD müsse wissen, ob Merkel umgefallen sei.

Im Wahlkampf und zuletzt auch in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen hatte die CSU auf die Einführung einer Pkw-Maut gedrungen: Deutsche Autofahrer sollen demnach bei der Kfz-Steuer entlastet werden, sodass die Maut letztlich nur ausländische Fahrer belasten würde. Die Pläne sind selbst innerhalb der Union umstritten.

Positive Stellungnahme aus der EU

Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Stellungnahme von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu den rechtlichen Möglichkeiten einer Pkw-Maut in der „Bild am Sonntag“. „Ich finde es unverantwortlich, dass ein EU-Kommissar seine Einzelmeinung mitten in die Koalitionsverhandlungen platzen lässt“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die EU-Kommission hatte allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, einer Maut schon grünes Licht gegeben zu haben. Die Behörde in Brüssel werde keiner Mautregelung zustimmen, die mit einer willkürlichen Schlechterstellung von Ausländern einhergehe.

Zwischen Union und SPD ist unstrittig, dass für Straßen, Schienen und Wasserwege deutlich mehr Geld benötigt wird. Von rund elf Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre ist die Rede. Angesichts dieser Summen zeigte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble offen für eine Pkw-Maut. „Es ist gut, dass die Kommission bestätigt hat, dass es für diesen Wunsch der bayerischen Staatsregierung Wege geben kann“, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspiegel am Sonntag“.

Touristiker fürchtet „Wettbewerbsnachteil“

Auch Branchenverbände warnten am Samstag vor den CSU-Plänen. Der Generalsekretär des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Rabe, sprach am Samstag von einer Gefahr für Tausende Arbeitsplätze. „Nachdem die EU-Kommission signalisiert hat, grundsätzlich keine rechtlichen Einwände gegen eine Pkw-Maut für Ausländer zu haben, ist die Versuchung natürlich groß, eine solche Reform zu beschließen. Aber sie würde Mobilität und Tourismus in und nach Deutschland weiter verteuern und damit zu einer schweren Belastung für die Branche werden.“

Rabe sagte, die Pkw-Maut würde sich nahtlos in eine ganze Reihe von Zusatzkosten einfügen, die den Touristen in den vergangenen Jahren bereits aufgebürdet worden seien - von Bettensteuern bis zur Luftverkehrsteuer. „Auch wenn das Reiseziel Deutschland derzeit bei in- und ausländischen Gästen äußerst beliebt ist, dürfen Geduld und Geldbeutel der Besucher nicht endlos strapaziert werden.“ Deutschland stehe als Reiseziel im harten Wettbewerb zu ausländischer Konkurrenz. „Eine immer länger werdende Liste an Zusatzgebühren und Steuern sind ein klarer Wettbewerbsnachteil.“

Widerstand im VDA

Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, warnte zuletzt im Magazin „Focus“ vor einer Abschaffung der Kfz-Steuer im Gegenzug zur Einführung einer Pkw-Vignette. „Die CO2-basierte Kfz-Steuer belohnt den Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge und hat somit eine ökologische Lenkungswirkung.“ Ein solches Instrument solle man nicht leichtfertig aus der Hand geben.

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