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Umfragen sprechen klare Sprache

Mit dem traditionellen Silvester auf dem New Yorker Times Square wird sich diesmal in der Metropole einiges ändern, denn mit dem dann bevorstehenden Wechsel im Bürgermeistersessel wird sich der Stil, in dem die Stadt in den letzten Jahren regiert wurde, wohl deutlich ändern - und das ganz unabhängig davon, wer bei der Bürgermeisterwahl am Dienstag die Nase vorne haben wird.

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Denn mit dem Selfmade-Milliardär Michael Bloomberg scheidet dann nach zwölf Jahren und zwei Amtszeiten ein Mann aus dem Amt, der die Stadt mindestens ebenso sehr geprägt hat, wie sein Vorgänger Rudy Giuliani. Bloomberg verbesserte einiges und schoss dabei nach Meinung vieler New Yorker in seinem Eifer auch immer wieder übers Ziel - auch international für Schlagzeilen sorgten vor allem restriktive Regeln für Zigarettenkonsum und Softdrinks und seine Versuche, die Stadt ökologischer zu machen.

Anderes Temperament

Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, die sich am Dienstag der Wahl stellen, sind vom Temperament her jedenfalls sehr verschieden von Bloomberg. International sind weder der Demokrat Bill de Blasio noch sein republikanischer Kontrahent Joe Lhota bekannt - für die New Yorker selbst sind sie aber alte Bekannte. Dazu kommt der ebenso chancen- wie parteilose Adolfo Carrion Jr. De Blasio ist derzeit Bürgerbeauftragter der Stadt und Lhota war Chef der Verkehrsbehörde und wurde vor allem durch sein ausgezeichnetes Katastrophenmanagement nach dem Wirbelsturm „Sandy“ genau vor einem Jahr bekannt.

Bill de Blasio und Joe Lhota

Reuters/Peter Foley

Favorit De Blasio (re.) weist im letzten TV-Duell Kritik des Republikaners Lhota zurück

Die Umfragen sagen ein klares Rennen voraus und sehen De Blasio als klaren Sieger. Nach letzten Umfragen würden 68 Prozent der Wahlberechtigten für den Demokraten stimmen und nur 23 Prozent für seinen Gegenkandidaten Lhota, berichtete die „New York Times“ („NYT“). Erstmals nach 20 Jahren würde dann wieder ein Demokrat in der liberalen Hochburg regieren. Und genau darauf konzentrierte De Blasio auch seine Kampagne.

Gegner geschickt ins Eck gestellt

De Blasio habe, schrieb die „NYT“, kaum eine Gelegenheit ausgelassen, die Wähler daran zu erinnern, dass Lhota ein Republikaner ist. Und bei seinen Wahlkampfauftritten habe er immer wieder angedeutet, dass Lhota trotz seiner Befürwortung des Rechtes auf Abtreibung, der Homosexuellenehe und der Legalisierung von Marihuana ein Sympathisant des rechten Flügels der Republikaner, der „Tea-Party“, sei.

Lhota wies diese Behauptung zwar stets zurück - doch die Botschaft kam laut „NYT“ bei den New Yorkern offenbar an: Drei Viertel all jener, die vermutlich zur Wahl gehen, sind gegen die Republikanische Partei - das gilt sogar für vier von zehn Republikanern. Lhotas Versuche, sich als konservativ in Finanzagenden, aber sozialpolitisch progressiv darzustellen, scheiterten offenbar. Die von der „NYT“ in Auftrag gegebene Umfrage zeigte, dass 55 Prozent angaben, Lhota sei ein „typischer Republikaner“, während nur weniger als ein Drittel ihn als „untypischen Republikaner“ einstuften.

Punkte mit sozialen Themen

De Blasio setzte aber offenbar auch auf die richtigen Themen, nämlich gleiche Verteilung beim Einkommen, Verbesserung des öffentlichen Bildungssystems und Schaffung von finanzierbarem Wohnraum. Die demokratische Vorwahl gewann De Blasio, indem er sich am linken Rand der Kandidaten positionierte. So will er etwa Reiche stärker besteuern und die Polizei stärker überwachen.

De Blasio gelang es zudem im Wahlkampf besser, den Kontakt zu den Menschen zu finden. Mit seiner charismatischen Frau, der afroamerikanischen Dichterin Chirlane, und seinen beiden Kindern im Teenageralter, die auf öffentliche Schulen gehen, wirke er auf die multi-ethnische Bevölkerung New Yorks nahbar und sympathisch. Besonders die nach allen Seiten abstehenden krausen Locken seines Sohnes Dante, der zusammen mit Frau Chirlane und Tochter Chiara in einem Wahlwerbespot zu sehen war, wurden zum Stadtgespräch und verhalfen dem 52-Jährigen zu enormen Popularitätsschüben.

Angstfaktor als letztes Mittel?

Lhotas Themen sind ähnlich, allerdings will er die Steuern so lassen, wie sie sind. De Blasio habe - anders als er selbst - zu wenig Politikerfahrung, wirft Lhota seinem Konkurrenten vor. „Ich werde vom ersten Tag an bereit sein.“ Außerdem nehme De Blasio die Polizeiarbeit nicht ernst genug, die Kriminalitätsrate werde unter seiner Regentschaft wieder steigen.

Mit angsteinflößenden Videos, die die Gewalt auf den Straßen der Millionenmetropole aus früheren Tagen zeigen, versuchte Lhota jüngst, auf den letzten Drücker noch Stimmen zu gewinnen. Aber es scheint vergeblich. Auch die „New York Times“ hat sich bereits auf De Blasio festgelegt und ihm ihre Unterstützung gegeben: „Mr. De Blasio kann es.“

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