Lange Haft und hohe Geldstrafen drohen
An diesem Samstag haben sich einige Frauen in Saudi-Arabien ans Steuer gesetzt. Was auf den ersten Blick belanglos anmutet, hat de facto revolutionären Charakter. Schließlich ist es Frauen in dem Land strengstens verboten, ein Auto zu lenken - ihnen bleibt die Rolle der Beifahrerin. Eine Gruppe von Frauenrechtlerinnen probt dagegen den Aufstand und trotzt den Drohungen des islamischen Königreichs.
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Auf der Internetplattform YouTube posteten die Aktivistinnen Clips, die sie dabei zeigen, wie sie ihren Wagen durch Städte in Saudi-Arabien steuern. Auch Demonstrationen waren angekündigt. Von Festnahmen wurde vorerst zunächst nichts bekannt. Bereits im Vorfeld unternahm das offizielle Saudi-Arabien alles, um solcherart Aktionismus einen Riegel vorzuschieben.
„Das ist das Werk des Teufels und der Amerikaner“, wetterten etwa konservative Religionsgelehrte. Das Innenministerium sieht „Sicherheit und Stabilität gefährdet“ und beließ es nicht bei verbalen Drohungen. Denn unmittelbar vor dem geplanten Aktionstag wurden die Strafen noch einmal empfindlich verschärft. Auch das Posten von Filmen im Internet, die die Kampagne gegen das Fahrverbot unterstützen, werde streng bestraft, hieß es.
Gegen „kranke Träume“
Der Sprecher des Innenministeriums, Mansur al-Turki, sagte der Zeitung „al-Hajat“ (Freitag-Ausgabe), auch jeder Bürger, der Frauen über Soziale Netzwerke wie Twitter dazu auffordere, an diesem Samstag gegen das Verbot zu demonstrieren oder sich ans Steuer zu setzen, müsse aufgrund der „Gefährdung des gesellschaftlichen Friedens“ mit einer Anzeige bzw. einer Strafe rechnen. Bereits Mitte der Woche kündigte das Innenministerium an, mit Härte gegen jeden vorgehen zu wollen, der „kranken Träumen nachhängt“ oder „die Gesellschaft spalten will“.
Belangt werden solle außerdem der männliche „Vormund“ jeder Frau, die gegen das Verbot verstößt, sowie jeder Mann, der einer Frau sein Auto überlässt. Die Strafen sind dabei keineswegs milde - ganz im Gegenteil: Der Experte für Kriminalität im Internet, Marwan al-Rauki, hatte kürzlich erklärt, in Saudi-Arabien würden „Informationstechnologie-Verbrechen“ mit bis zu fünf Jahren Haft und Geldstrafen von bis zu drei Millionen Rial (rund 578.000 Euro) bestraft.
Betonte Vorsicht
Allein die Ankündigung ließ das Königreich in seinen Grundfesten erzittern. Daran änderten auch die Beteuerungen der Aktionistinnen nichts, die mit ihrer Kampagne nach eigenen Angaben keine politischen Ziele verfolgen. Die Frauen haben sich sogar einen Slogan ausgedacht, in dem sie Respekt für ihre konservativen Widersacher ausdrücken: „Das Autofahren der Frau ist eine Option und keine Verpflichtung.“ Mit anderen Worten: Frauen, die auch in Zukunft nicht selbst fahren wollen, können sich auch weiterhin von einem männlichen Familienmitglied oder einem Chauffeur fahren lassen.
Zur Kampagne gibt es auch ein offizielles Logo : Es zeigt ein Lenkrad, über dem ein Paar schwarz umrandete Augen zu sehen sind - eine Muslimin mit Gesichtsschleier. Bereits im Vorfeld des Aktionstages wurde von Frauen berichtet, die sich bei einer Fahrt durch die Hauptstadt Riad filmen ließen und diese Videos dann über Soziale Netzwerke verbreiteten. Derartige Videos tauchen vor allem auf YouTube auf. Der Samstag könnte zum Großkampftag zwischen Polizei und Aktivistinnen werden.
Frühere Versuche gescheitert
Da es in dem reichen Wüstenstaat keinen vernünftigen öffentlichen Personennahverkehr gibt, macht das Fahrverbot den Alltag für Frauen kompliziert, die aktiv am Leben teilnehmen wollen. Frühere Versuche von Frauenrechtlerinnen, das Verbot zu kippen, schlugen fehl. Internationale Schlagzeilen machte im Frühjahr 2011 die Software-Beraterin Manal al-Scharif. Nachdem die junge Mutter Videos, die sie am Steuer eines Autos zeigen, im Internet veröffentlicht hatte, fassten einige Frauen den Mut, es ihr gleichzutun. Doch dann wurde Scharif für neun Tage in Haft genommen. Ihre Kampagne „Women2Drive“ fand danach ein jähes Ende.
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