Reaktion auf diplomatische Rückschläge
Aus Protest gegen die „Machtlosigkeit“ des UNO-Sicherheitsrats im Nahen Osten hat Saudi-Arabien seine Wahl in das Gremium abgelehnt. Dem Land bleibe keine andere Möglichkeit, als den Sitz abzulehnen, bis der Rat „reformiert“ worden sei.
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Das Außenministerium in Riad forderte im Oktober, dem Sicherheitsrat müssten die Mittel gegeben werden, „seine Aufgaben zu erfüllen und seiner Verantwortung zur Bewahrung des Friedens und der Sicherheit in der Welt gerecht zu werden“. Als Beispiel hob das Ministerium den andauernden Bürgerkrieg in Syrien hervor.
Die Tatsache, dass es dem „aktuellen Regime in Syrien erlaubt wird, sein Volk zu morden und es mit Chemiewaffen vor den Augen und mit dem Wissen der Welt zu verbrennen, ohne dass abschreckende Sanktionen verhängt werden, ist ein klarer Beweis der Machtlosigkeit des Sicherheitsrats“, hieß es in der Erklärung. Saudi-Arabien unterstützt in dem Konflikt die Rebellen. Das erzkonservative Königreich zeigte sich zuletzt zunehmend frustriert, dass sich der Westen nicht zu einer Intervention in Syrien entschließen konnte.
„Doppelte Standards“
Das Ministerium verurteilte zudem die „Politik der doppelten Standards“ des Rates. Als Beispiele nannte Riad den Nahost-Konflikt, für den es seit 65 Jahren keine Lösung gebe, sowie die Unfähigkeit des Sicherheitsrats, den Nahen Osten von Massenvernichtungswaffen zu befreien. Saudi-Arabien ist ein scharfer Kritiker und Gegner Israels, das die einzige informelle Atommacht in der Region ist. Das autoritär regierte Königreich steht wegen seiner Frauen- und Menschenrechtspolitik aber seit langem selbst in der Kritik.
Saudi-Arabien war davor erstmals zum nicht ständigen Mitglied des wichtigsten UNO-Gremiums gewählt worden. Dem Rat gehören neben den fünf ständigen Mitgliedern China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA jeweils zehn weitere Staaten als Vertreter der verschiedenen Weltregionen an. Von diesen werden jedes Jahr fünf Staaten neu gewählt. Mitte November reichte Saudi-Arabien offiziell seinen Verzicht auf einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat ein.
Diplomatische Rückschläge
Bei der UNO-Generalversammlung Ende September hatte sich der saudi-arabische Außenminister Prinz Saud al-Faisal zu sprechen geweigert, um gegen die Tatenlosigkeit des Sicherheitsrats in Syrien und den Palästinensergebieten zu protestieren. Aktuell geht es Riad aber wohl vor allem darum, mit seinem Schritt seinen langjährigen Verbündeten USA unter Druck zu setzen.
Laut einem westlichen Diplomaten hatte Riad jüngst einen doppelten Rückschlag erlitten: Zum einen griffen die USA nicht militärisch in Syrien ein, zum anderen konnte der neue iranische Präsident Hassan Rouhani mit seiner Charmeoffensive punkten. Der Iran ist der größte Rivale Saudi-Arabiens in der Region.
Moskau kritisiert Riad
Die internationalen Reaktionen auf den Schritt Riads fielen unterschiedlich aus: Russland kritisierte Saudi-Arabien scharf und betonte, die Kritik am UNO-Sicherheitsrat wegen des Konflikts in Syrien sei „besonders merkwürdig“. Frankreich äußerte Verständnis für die „Frustration über die Lähmung des Sicherheitsrats“. Die Türkei warnte, die Ablehnung des Ratssitzes durch Saudi-Arabien werde die „Glaubwürdigkeit“ der UNO beschädigen; Präsident Abdullah Gül betonte, die saudische Entscheidung müsse respektiert werden.
„Völlig überraschend“
Riads Ankündigung sorgte bei den Diplomaten am UNO-Hauptquartier für Erstaunen. Die Ablehnung sei „völlig überraschend“, sagte ein Diplomat. In der Geschichte des Rats gebe es keinen derartigen Fall. Die Ankündigung komme auch deshalb so überraschend, weil die Wahl in das Gremium in der Regel jahrelange diplomatische Vorbereitung erfordere. Ein anderer Diplomat sagte, Riad müsse die UNO zunächst über seine Entscheidung informieren. Anschließend könne es eine Neuwahl geben. Womöglich könne Riad aber auch noch umgestimmt werden.
Arabische Liga stützt Protest
Der Chef der Arabischen Liga (AL), Nabil al-Arabi, unterstützte die Entscheidung Saudi-Arabiens. Das UNO-Gremium habe seine Verpflichtung gegenüber der arabischen Welt und zur Sicherung des Friedens „in keiner Weise“ erfüllt, sagte Arabi zuletzt in Kairo. Es sei daher richtig, dass Riad gegen die Entscheidungswege im Sicherheitsrat protestiere.
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