Aktionäre für Neuanfang
Trotz der Vorbehalte einiger Aktionäre bewirbt sich Firmengründer Bill Gates wieder um einen Sitz im Verwaltungsrat von Microsoft. Das geht aus der Anfang Oktober veröffentlichten Einladung zur nächsten Hauptversammlung am 19. November hervor. Gates’ Wiederwahl gilt als sicher.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Reuters hatte zuvor berichtet, drei von 20 Großaktionären seien für ein Ausscheiden von Gates aus dem Board, um Platz für einen Neuanfang zu machen. Nach dem unter Tränen angekündigten Abgang von Steve Ballmers, der als direkter Nachfolger von Gates 13 Jahre an der Konzernspitze stand, fürchten die Investoren vor allem, dass ihnen Gates als Vorsitzender des Verwaltungsrates bei der Suche nach einem neuen Konzernchef im Weg stehen könnte.
Geteilte Reaktionen unter Anteilseignern
Kommen die Investoren mit ihren Rücktrittsforderungen durch, könnte das Unternehmen schneller und umfassender umgebaut werden als bisher gedacht. Allerdings gibt es bisher keine Anzeichen, dass Microsoft auf die Wünsche der Investoren eingehen wird. Offen ist auch, wie genau sie ihren Forderungen Nachdruck verleihen wollen.
Von anderen Anteilseignern kamen gemischte Signale. „Das ist lange überfällig“, sagte Todd Lowenstein, Portfoliomanager von HighMark Capital Management. Der Konzern habe frischen Wind nötig. Kim Caughey Forrest, Analystin beim Investmenthaus Fort Pitt Capital Group, betonte dagegen, Microsoft brauche den Firmengründer als „Technologievisionär“ weiterhin.
Nach wie vor sehr profitabel
Der Konzern unter Ballmer und mit dem Milliardär an der Spitze des Verwaltungsrates hatte zuletzt einige Trends verpasst. Zudem hatte Microsoft zuletzt mit dem längst fälligen Versuch, mit dem neuen Betriebssystem Windows 8 in die Touchscreen-Welt aufzubrechen, so seine Probleme. Einige Experten kritisierten, dass viele Programme zu wenig an die Steuerung per Handbewegungen angepasst worden seien. Microsoft reagierte mit einer neuen Version. Mit dieser „Nachfolgeversion“ haben die Entwickler vor allem auf die Kritik von Nutzern reagiert.

AP/Jeff Christensen
Gates und Ballmer sind ein Team, seit sie 1973 Studentenheimkollegen in Harvard waren
Versäumnisse bei Mobilgeräten
Microsoft ist seit den 1990er Jahren Marktführer bei Betriebssystemen und Office-Anwendungen und zählt zu den profitabelsten Aktiengesellschaften weltweit. Das Unternehmen hängt dabei stark von den Windows-Programmen ab, die auf klassischen Computern zum Einsatz kommen. Wegen der schwächeren Aufstellung auf dem Markt mit mobilen Geräten sind die Aktien in den vergangenen zehn Jahren indes kaum noch gestiegen.
Wie in US-amerikanischen Aktiengesellschaften üblich, ist der Verwaltungsrat das Spitzengremium von Microsoft. Dieser ist für das operative Geschäft und für die Kontrolle des Vorstands verantwortlich. Bei Microsoft sind die Rollen des operativ Verantwortlichen (CEO) und des Chefaufsehers getrennt, seit Gates im Jahr 2000 das Tagesgeschäft Ballmer übergab.
Gates wieder reichster Mensch der Welt
Gates - dieses Jahr laut der Liste der Finanznachrichtenagentur Bloomberg mit einem geschätzten Vermögen von 72,7 Milliarden Dollar wieder der reichste Mensch der Welt - gehört dem mit der Suche nach einem Nachfolgerkandidaten für Ballmer beauftragten Ausschuss an. Gates ist selbst mit 4,5 Prozent an der 277 Mrd. Dollar (204,4 Mrd. Euro) teuren Firma beteiligt, die er vor 38 Jahren mitgegründet hatte. Er ist damit der größte Einzelinvestor und noch immer einer der einflussreichsten Personen in der Branche.
Vormachtstellung schwindet
Microsoft befindet sich mitten im Umbau in einen Konzern für Elektrogeräte und Dienstleistungen. Diese Umorientierung kommt nicht von ungefähr: Die Vormachtstellung von Microsoft sank durch die Dominanz auf dem Betriebssystemmarkt für Desktop-Computer durch den Wandel zu Tablets und Smartphones deutlich. Durch die zuletzt in Europa an Popularität gewinnenden Windows-Phones erhofft sich der Konzern einen Aufschwung abseits des Kerngeschäfts.
Links: