Bürgensystem schränkt Freiheit ein
Vorwürfe der menschenunwürdigen Behandlung von Gastarbeitern in den Golfstaaten sind schon mehrfach erhoben worden. Aktuell ist das Emirat Katar Ziel der Kritik. Bei den Vorbereitungen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 würden Arbeiter ausgebeutet, und zwar mit System.
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Der britische „Guardian“ schrieb in einer Reportage über nepalesische Arbeitskräfte und die Missstände in Katar von einer „Kette der Ausbeutung“, die vom Himalaya bis an den Golf reiche. In Südasien machten dubiose Vermittler ihr Geschäft mit der Hoffnung der Arbeiter, in Katar würden sie wie „moderne Sklaven“ behandelt.
„Wir möchten gerne gehen, aber die Firma lässt uns nicht“, sagte ein nepalesischer Arbeiter, der auf dem Gelände der Riesenbaustelle Lusail City nördlich von Doha beschäftigt ist, der Zeitung. Dort wird unter anderem ein Stadion für 90.000 Zuschauer gebaut. Er sei „wütend darüber, wie das Unternehmen uns behandelt, aber wir sind hilflos. Ich bedaure es, dass ich hierhergekommen bin, aber was soll ich machen?“
Die Hoffnung beginnt mit Schulden
Ein weiterer nepalesischer Staatsbürger berichtete von Zwölfstundenschichten ohne Essen. Als sich der 27-Jährige darüber bei einem Manager beschwert habe, sei er einfach aus dem Camp der Arbeiter geworfen worden, man habe sich geweigert, ihm seinen Lohn auszuzahlen. „Ich musste bei anderen Arbeitern um Essen betteln.“
Dass der Mann nicht einfach zurück nach Hause kann, hat mehrere Gründe: Der „Guardian“ verweist darauf, dass die Gastarbeiter oft schon verschuldet ins Ausland gehen. Jobvermittler verlangen Geld und oft astronomische Zinsen, die Reise selbst muss finaziert werden. Die Arbeiter stehen also unter ständigem Druck, ihre Schulden begleichen zu müssen.
Teufelskreis und reine Willkür
Diese Schulden zusammen mit dem Vorenthalten von Lohn und dem Einbehalten von Reisedokumenten „schaffen Zwangsarbeit, eine Form der modernen Sklaverei“. Laut Einschätzung des „Guardian“ betrifft diese weltweit heute bis zu 21 Mio. Menschen. Der nepalesische Botschafter in Katar habe das Emirat zuletzt als ein „offenes Gefängnis“ bezeichnet.
Dafür gibt es einen weiteren Grund: das Kafala-System, eine in den arabischen Golfsttaaten weit verbreitete Art der Bürgschaft, die Ausländer benötigen, wenn sie dort als Arbeitskräfte oder Investoren tätig werden wollen. Dabei übernehmen beide Seiten bestimmte Verpflichtungen, aufseiten des Bürgers gehört dazu unter anderem jene, sich um Einreise- und Aufenthaltsformalitäten zu kümmern. Das kann natürlich leicht als Druckmittel verwendet werden, häufig ist es nicht möglich, einfach den Arbeitegeber zu wechseln.
Einige nepalesischee Arbeiter erzählten „verzweifelte Geschichten“, so der „Guardian“. Sie seien hoch verschuldet, zahlten Zinsen von bis zu 36 Prozent, einige müssten ohne Gehalt arbeiten, anderen würden wiederum Ausweispapiere verweigert. Ohne die Papiere befinden sie sich rein rechtlich illegal im Land und könnten sich kaum von ihrem Arbeitsplatz entfernen aus Angst, sonst festgenommen und abgeschoben zu werden.
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