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Gemeindedebatte hat einen Gewinner

In der Steiermark ist die FPÖ seit dieser Wahl die stimmenstärkste Partei. Mit über 25 Prozent verwiesen die Freiheitlichen SPÖ und ÖVP auf die Plätze. Mehr noch: Die Zuwächse in der Steiermark halfen der FPÖ bundesweit überdurchschnittlich stark.

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Die beiden steirischen „Reformpartner“ SPÖ und ÖVP wiegelten stets ab und sahen die Proteste gegen die geplanten Gemeindefusionen von Minderheiten getragen. Dass das offenbar eine Fehleinschätzung war und vor allem die ÖVP, aber auch SPÖ in der Steiermark überproportional Federn lassen musste, zeichnete sich am Sonntag bei der Nationlratswahl schon anhand der ersten Ergebnisse ab. Profitieren konnte vor allem die FPÖ.

Für den Politologen Peter Filzmaier, so seine Analyse im ORF-Wahlstudio, zeigt sich am Erfolg der FPÖ in der Steiermark und am Absacken von SPÖ und ÖVP neben dem Unmut über die Gemeindefusion vor allem ein Unterschied zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung. „Während ÖVP und SPÖ für die Gemeindefusion in den Medien gelobt wurden, sah man das auf der Straße offenbar anders“, so Filzmaier.

Voves, Schützenhöfer: Kein Zusammenhang mit Fusionen

Die Spitzen der steirischen Landesregierung wollten am Wahlabend keine direkte Verbindung zwischen den Reformen im Gemeindebereich und dem schlechten Wahlergebnis für Rot und Schwarz sehen.

Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) will sich von seiner „Strukturpartnerschaft“ nicht abbringen lasse und verwies gegenüber dem ORF Steiermark darauf, dass die FPÖ auch in Bezirken wie Bruck an der Mur und Leoben voran liege: „Die Gemeinden dort sind überhaupt nicht von der Zusammenlegung betroffen.“ Auch Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP) verwies auf „flächendeckende“ Stimmenverluste. Zudem sei die Steiermark „anfällig“ für Proteststimmen für die FPÖ.

Absturz der Etablierten

In der kleinsten steirischen Gemeinde, Freiland, die nicht mit der Bezirkshauptstadt Deutschlandsberg fusioniert werden will, verlor die ÖVP die Hälfte der Stimmen (minus 24,53 Prozentpunkte). Ähnlich dramatisch waren die Einbrüche in Reichendorf (Bezirk Weiz), wo die Freiheitlichen mit 54,43 Prozent zur absoluten Mehrheit kamen, und Teufenbach im Bezirk Murau, wo die Volkspartei 29 Prozentpunkte verlor.

Anti-Wahlplakat der Gemeindeinitiative

ORF.at

Aufstand gegen die Gemeindefusion: Statt SPÖ- und ÖVP-Plakaten sah man in vielen steirischen Kommunen dieses Protestplakat

In Ganz (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) kassierte die ÖVP ein Minus von 35,68 Prozentpunkten, in Salla (Bezirk Voitsberg) von 28,41 Punkten, in Gersdorf an der Feistritz (Bezirk Weiz) von 23,95 Punkten, in St. Nikolai im Sölktal (Bezirk Liezen) von 23,59 Punkten.

Seit Wochen ein Aufreger

Die geplanten Gemeindefusionen sorgen seit Wochen für Aufregung. Bis 2015 soll es nur noch 285 statt ursprünglich 542 Gemeinden geben. Am Montag nach der Nationalratswahl endet die vom Land gesetzte Frist für freiwillige Gemeindezusammenlegungen. Wer sich bis dahin noch meldet, bekommt eine Prämie des Landes.

Die umstrittenen Gemeindezusammenlegungen spielten vor allem durch den Wahlkampfboykottaufruf der überparteilichen „Gemeindeinitiative“ auch im Nationalratswahlkampf eine wichtige Rolle: Etwa 100 Teilnehmer von insgesamt ursprünglich 120 unterstützenden Gemeinden hatten Anfang September angekündigt, statt der Wahlplakate von SPÖ und ÖVP die selbst gedruckten Plakate mit dem Slogan „Keine Stimme für Demokratieverweigerer SPÖ und ÖVP“ aufzuhängen.

Insgesamt sollen rund 140 Gemeinden Zusammenschlüssen zugestimmt haben, bis zum Ende der Freiwilligenfrist angeblich über 100 weitere folgen. Diese Zahlen wurden allerdings von den Grünen angezweifelt, die zuletzt davon sprachen, dass nur ein paar Dutzend Gemeindefusionen fix seien.

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