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NEOS statt BZÖ im Nationalrat

Verluste für SPÖ und ÖVP, die FPÖ legt stark zu, und NEOS schafft den Sprung ins Parlament: Das sind die Trends der Hochrechnung zur Nationalratswahl am Sonntag. Stark zurückgegangen ist die Wahlbeteiligung, sie fiel in vielen Bezirken um mehr als zehn Prozentpunkte.

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Laut aktueller Hochrechnung, die auch Wahlkarten berücksichtigt, kommt die SPÖ auf 26,6 Prozent, ein deutlicher Verlust gegenüber 2008. Auch die ÖVP verliert und landet bei 24 Prozent. Ein Wahlgewinner ist die FPÖ, sie legt auf 20,7 Prozent zu. Die Grünen gewinnen leicht dazu und liegen bei 12,2 Prozent. Das BZÖ stürzt ab und ist mit 3,6 Prozent nicht mehr im Nationalrat vertreten. Das Team Stronach (TS) erreicht 5,8 Prozent. In den Nationalrat einziehen wird NEOS, die Partei hält bei 5,2 Prozent.

Hochrechnung 19.26 Uhr

SORA/ORF

Demnach haben SPÖ und ÖVP eine knappe Mandatsmehrheit im Parlament. Keine Mehrheiten gibt es nach aktuellem Stand für Schwarz-Blau sowie für Rot-Grün. Die Wahlbeteiligung dürfte drastisch gefallen sein, laut Hochrechnung liegt sie bei 66 Prozent - 2008 waren es noch 78,8 Prozent.

Rückblick auf die Wahl 2008

Aus der letzten Nationalratswahl am 28. September 2008 - es handelte sich um eine Neuwahl, nachdem die Koalition aus SPÖ und ÖVP zuvor zerbrochen war - ging die SPÖ mit etwas mehr als drei Prozent Vorsprung als stärkste Partei hervor. Zweiter wurde die ÖVP. Allerdings fuhren beide unter den Spitzenkandidaten Werner Faymann (SPÖ) und Wilhelm Molterer (ÖVP) ihr historisch schlechtestes Ergebnis in der Zweiten Republik ein. FPÖ und BZÖ gewannen kräftig dazu, die Grünen verloren gegenüber 2006 leicht an Stimmen und wurden vom BZÖ überholt. 2008 waren bundesweit zehn Listen angetreten.

Grafik zeigt das Ergebnis der Nationalratswahl 2008

ORF.at

SPÖ stellt Anspruch auf Kanzler

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ)zeigte sich vor Journalisten mit dem Wahlergebnis sehr zufrieden: „Der erste Platz ist nicht selbstverständlich.“ Er verspüre eine „große Dankbarkeit“ gegenüber dem Wähler, so Faymann. Der SPÖ-Vorsitzende kündigte an, im Falle eines Regierungsbildungsauftrags entsprechende Verhandlungen mit der ÖVP führen zu wollen.

Die Spitzenkandidaten der Parteien, die ins Parlament gewählt wurden

APA/Herbert Neubauer

Die Spitzenkandidaten nach der Wahl

Faymann erklärte in einer kurzen Rede vor seinen Anhängern, dass er Österreich weiter - wie versprochen - „mit sicherer Hand“ führen werde. Er werde eine „stabile Regierung ohne die FPÖ“ bilden, so Faymann. „Die Arbeitnehmerpolitik bleibt weiter an erster Stelle“, kündigte der Kanzler an. SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos sagte in einer ersten Reaktion, es überwiege die Freude über den ersten Platz. Angesichts der vielen angetretenen Parteien habe die SPÖ ein „respektables Ergebnis“ erzielt.

ÖVP: Denkzettel für gesamte Regierung

ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch sah einen Denkzettel für die gesamte Regierung und verwies darauf, dass auch die SPÖ Verluste hinnehmen musste. Die ÖVP-Minister stärkten ihrem Obmann Michael Spindelegger demonstrativ den Rücken. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner etwa sah in ihm den richtigen Spitzenkandidaten, Agrarminister Nikolaus Berlakovich ebenfalls einen hervorragenden Kandidaten. Justizministerin Beatrix Karl wertete die ersten Zahlen als Zeichen, dass die Menschen nun eine echte Reformregierung erwarteten.

FPÖ sieht sich als Wahlsieger

Die ersten Jubelszenen des Tages waren bei der FPÖ zu sehen: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte, er sei „zutiefst gerührt“. Er freue sich über den „unglaublich großen Schritt vorwärts“ für seine Partei bei der Nationalratswahl. Dass die Freiheitlichen vorerst nicht das erhoffte „blaue Wunder“ erlebt und die ÖVP überholt haben, stört ihn laut eigenen Worten nicht.

Ob die FPÖ nun in eine Regierung soll oder nicht, beantwortete Strache nicht direkt. Die Rolle der Opposition sei in einer Demokratie ebenso wichtig. Sollte etwa die SPÖ wider Erwarten Koalitionsverhandlungen aufnehmen wollen, nannte der FPÖ-Obmann vorrangig die Einführung der „direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild“ als Bedingung. Wie zuvor schon Generalsekretär Herbert Kickl forderte auch Strache, dass die SPÖ ihren „Ausgrenzungskurs“ gegenüber seiner Partei beenden müsse. Die FPÖ stehe für Verhandlungen zur Verfügung. In der Steiermark wurde die FPÖ zur stärksten Partei, in einigen anderen Bundesländern liegt sie auf Platz zwei.

Grüne zufrieden

Die grüne Spitzenkandidatin Eva Glawischnig stellte ihrer Partei angesichts des Wahlergebnisses weitere Jahre in der Opposition in Aussicht. „Wir hätten uns mehr erhofft“, sagte sie im Wiener MuseumsQuartier. Dennoch habe man „das beste Ergebnis, das wir jemals in Österreich bei einer Nationalratswahl hatten“, erreicht. „Wir werden weitermachen müssen als gute Oppositionspartei. Das können wir und das werden wir.“ Es sei zu befürchten, dass die rot-schwarze Bundesregierung weitermache wie bisher. Sie dankte allen Unterstützern und den Wählern, die man neu dazugewonnen habe. „Sie haben uns den Rücken gestärkt für das, was jetzt kommt.“

BZÖ trauert

Stark unter den Erwartungen blieb das TS: In Umfragen im Frühjahr war die Partei noch jenseits der zehn Prozent gelegen, nun fiel das Ergebnis eher mager aus. Nicht unbedingt euphorisch kommentierte Frank Stronach das Abschneiden seiner Partei. „Es ist, wie es ist“, sagte er in einer ersten Reaktion. Sein Mandat werde er annehmen, versicherte er. Keine deutlichen Antworten gab es auf Fragen nach einer Regierungsbeteiligung oder nach personellen Konsequenzen im TS. „Ich bin zufrieden“, sagte der Austrokanadier, dennoch hätte er sich das Ergebnis „etwas anders“ erwartet. Klubobmann Robert Lugar sah dennoch „einen großen Erfolg“: „Die Tür ist jetzt offen, wir können jetzt neue Ideen ins Parlament bringen.“

BZÖ-Obmann Josef Bucher gestand am frühen Abend die Niederlage seiner Partei ein. „Es hat leider nicht gereicht oder zumindest wird es äußerst knapp und schwierig“, sagte er als er in der BZÖ-Zentrale eintraf. „Ich übernehme die volle Verantwortung für das Ergebnis. Es tut mir persönlich leid, dass wir nicht mehr Prozente erreicht haben“, sagte er. Er schließe einen Rücktritt nicht aus, eine Entscheidung wolle er aber zuerst seinem engsten Umfeld mitteilen.

NEOS: „Jahrhundertprojekt ist gelungen“

Jubelnde Gesichter sah man bei NEOS: Die neue Partei, die gemeinsam mit dem Liberalen Forum als Wahlbündnis angetreten ist, könnte im nächsten Parlament vertreten sein. „Ein Jahrhundertprojekt ist gelungen“, sagte NEOS-Chef Matthias Strolz euphorisch. „Österreich ist ein großes Stück mutiger geworden.“ Für Strolz ist es jedenfalls „ein großer Tag“. Erstmals in der Zweiten Republik habe eine „Bewegung aus dem Volk“ beim ersten Wahlantritt den Sprung ins Parlament geschafft.

Neun bundesweit kandidierende Parteien

Diesmal traten bundesweit neun Parteien zur Wahl an: SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ, die Grünen, TS, KPÖ, NEOS und die Piratenpartei - wobei für TS, NEOS und Piratenpartei die Kandidatur auf Bundesebene eine Premiere war.

In einzelnen Landeswahlkreisen war der Stimmzettel noch länger: Im Burgenland, in Oberösterreich, in der Steiermark und in Vorarlberg trat zusätzlich die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) an, in Oberösterreich und Wien Der Wandel (WANDL). In Vorarlberg kandidierten die EU-Austrittspartei (EUAUS) und die Männerpartei (M), in Wien zusätzlich die Sozialistische Linkspartei (SLP).

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