Zitate von und über Reich-Ranicki
Marcel Reich-Ranicki galt als scharfzüngiger Literaturkritiker, musste selbst aber auch verbale Hiebe einstecken. Zitate von ihm und über ihn:
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Über Literatur:
„Viele Autoren und Kritiker hegen ein Misstrauen gegen unterhaltsame Literatur. Ich sage stattdessen: Literatur darf nicht nur unterhaltsam sein, sie muss es sogar!“ (Im „Focus“, 2010)
„Ohne Eitelkeit gibt es kein Schreiben. Egal, ob Autor oder Kritiker - Eitelkeit muss dabei sein. Sonst entsteht nichts. Thomas Mann war wahnsinnig eitel, Richard Wagner auch, und Goethe und natürlich Schiller.“ (In „Die Weltwoche“, 2009)
Über Schriftsteller:
„Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen.“ (Im „Literarischen Quartett“ am 15. Dezember 1994)
„Seine letzten Bücher sind so misslungen, dass er jetzt kaum noch Chancen auf den Nobelpreis hat.“ (Vor der Vergabe des Nobelpreises an Günter Grass, 1997)
„Wenn ein deutscher Schriftsteller ihn erhalten sollte, und dies habe ich schon vor Jahren immer wieder gesagt, dann ist Grass der Richtige gewesen.“ (Zur Vergabe des Nobelpreises an Günter Grass, 1999)
„Er verübelt Juden, dass sie überlebt haben. Das ist durchaus kein Antisemitismus, das ist schon Bestialität.“ (In der „Welt“ über das Buch „Tod eines Kritikers“ von Martin Walser. Nach einer Klage des Schriftstellers musste Reich-Ranicki diese Äußerung von 2005 formal zurücknehmen.)
Über sich selbst und seine Arbeit:
„Ich habe die Entscheidung nie bedauert, mich in diesem Land niederzulassen.“ (Bei der Verleihung des Großen Verdienstkreuzes mit Stern, 2002)
„Die Angst vor der deutschen Barbarei, das habe ich auch in meiner Autobiografie geschrieben, hat mich ein Leben lang begleitet.“ (In „Frankfurter Allgemeine“, 2009)
„Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers.“ (In der Talkshow „Menschen bei Maischberger“, 2004)
„Der Kritiker ist kein Richter, er ist der Staatsanwalt oder der Verteidiger.“ (Im „Literarischen Quartett“ am 15. Dezember 1994)

APA/dpa/Boris Roessler
„Sie hat mein Leben gerettet. Und ich habe ihr Leben gerettet.“
Über seine Frau:
„Als meine Frau und ich uns mit 20 Jahren kennengelernt haben, war es sehr unwahrscheinlich, dass wir überleben. Wenn wir uns vorgestellt haben, wie wird das sein, wenn wir achtzig sind ... oh Gott! Aber neunzig? Neunzig! Schrecklich, schrecklich.“ (In einem Interview zu seinem 90. Geburtstag mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ am 27. Mai 2010)
„Meine Frau konnte sich nie vorstellen, dass sie mich allein lässt. Und ich konnte mir nie vorstellen, dass ich sie allein lasse. Und so sind 67 Jahre vergangen.“ (Am 28. Oktober 2007 zur „Bild am Sonntag“)
„Sie hat mein Leben gerettet. Und ich habe ihr Leben gerettet.“ (Am 24. August 1999 in der „Bild“-Zeitung)
„Ich habe sie gebeten, die Passagen meines Buches, die ins Erotische gehen, besonders genau zu lesen. Aber sie hat keine einzige Korrektur vorgeschlagen. Außerdem mache ich Sie darauf aufmerksam, dass es sich hier um zwei Menschen handelt, die 19 Jahre alt waren, als sie sich kennenlernten, und heute 79 sind. Kein strenger Pfarrer würde erwarten, dass diese Menschen in bald 60 Jahren Ehe nie einen Blick auf andere geworfen haben. Es gab Situationen, unter denen sie viel gelitten hat, und ein paar Mal habe auch ich leiden müssen. Aber diese Liebesverhältnisse konnten unsere Ehe niemals gefährden.“ (Am 19. August 1999 in einem Interview mit dem Magazin „Stern“)
Teofila Reich-Ranicki über ihren Mann:
„Er ist der Chef. Aber ich nehme das nicht so ernst.“ (Am 29. Jänner 1998 in einem Interview mit der Zeitschrift „Bunte“)
„Weil er klüger war.“ (Am 29. Jänner 1998 zur Zeitschrift „Bunte“ auf die Frage, warum sie sich in ihn verliebt hat)
„Ich unterbreche ihn schon mal.“ (Am 29. Jänner 1998 zur Zeitschrift „Bunte“ auf die Frage, ob sie denn je zu Wort komme)
„Ich bin nicht der eifersüchtige Typ. Außerdem, in einem langen Leben passiert ja so viel.“ (Am 29. Jänner 1998 zur Zeitschrift „Bunte“)
Andere über Marcel Reich-Ranicki
„Wir haben ja zwei polnische Päpste. Der eine, in Rom, meint unfehlbar in Fragen sexueller Praxis zu sein. Ich habe da meine Zweifel. Der andere, in Frankfurt, meint unfehlbar im Urteil über Literatur zu sein. Auch da habe ich meine Zweifel.“ (Günter Grass, 1995)
„Liest der Mann nicht, oder ist er dumm?“ (Erich Loest nach der Behauptung Reich-Ranickis, in Deutschland gebe es seit 30 Jahren keine politische Literatur, 1997)
„Reich-Ranicki ist ein begnadeter bis peinigender Polterer, der eine ungeheure verbale Gewalt ausüben kann.“ (Hellmuth Karasek im „Stern“, 2000)
„Wir Autoren nehmen Reich-Ranicki als Kritiker nicht mehr ernst, aber wir fürchten seine Macht.“ (Ulla Hahn zur Kritik Reich-Ranickis an ihrem Buch „Das verborgene Wort“, 2001)
„Die Fehde der großen alten Männer ist vielleicht die letzte finale Fehde einer untergehenden Generation.“ (Norbert Kron in „Die Welt“ zum Konflikt zwischen Reich-Ranicki und Walser, 2002)
„Ich spüre ein Recht darauf, diesen Menschen ein für alle Mal zu hassen!“ (Martin Walser im Rahmen der lit.Cologne in Köln, März 2010)
„Wenn sich Deutschland heute noch als Kulturnation begreifen kann, dann haben Sie daran ein großes Verdienst - ja, Sie verkörpern auf Ihre Art diese Kulturnation.“ (Bundespräsident Horst Köhler zum 85. Geburtstag Reich-Ranickis, 2005)