Uneinigkeit im Team Stronach
Ein Vorabrohvideo der Redaktion der ORF-„Wahlfahrt“ zeigt: Team-Stronach-Chef Frank Stronach entwickelte die Idee zur Todesstrafe, wie er sie schließlich via „Voralberger Nachrichten“ wiederholte, bei der Aufzeichnung auf dem Beifahrersitz zur Sendung ORF-„Wahlfahrt“.
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„Ein Thema, das die Europäer von den Amerikanern entzweit, ist die Todesstrafe“, sagt ORF-Journalist Hanno Settele zu Stronach bei der Aufzeichnung der „Wahlfahrt“ im schwarzen Mercedes und will wissen, wie Stronach darüber denkt.
TV-Hinweis
Die Sendung „Wahlfahrt“ mit Frank Stronach zeigt der ORF am 11. September um 22.35 in ORF1 - mehr dazu in tvthek.ORF.at.
„Natürlich, ich mach mir über alles Gedanken“, sagt Stronach, wie das Rohmaterial des ORF zeigt. „Ein geplanter Berufsmord: Todesstrafe“, so Stronach und erinnert mit erhobenem Zeigefinger: „Geplant. Mafia-Type“. „Hast du gehört, Kathrin, darüber haben wir noch nicht gesprochen, das kommt dann in unser Parteiprogramm“, sagt Stronach zu der auf der Rückbank sitzenden Kathrin Nachbaur, der Nummer zwei des Teams Stronach (TS) bei der Wahl. Um diesen Punkt werde man das „erweitern“ müssen.

ORF
Tabubruch während der Aufzeichnung der ORF-„Wahlfahrt“ (Rohmaterial): Stronach diktiert, dass das Parteiprogramm um seine Idee zur Todesstrafe zu erweitern sei. Im Hintergrund Kathrin Nachbaur, Listenzweite im Team Stronach.
Am Donnerstagvormittag, nach einiger Aufregung, die sich auch durch Soziale Netzwerke seit der Vorabveröffentlichung eines gleichlautenden Interviews Stronachs mit den „Vorarlberger Nachrichten“ zog, ruderte das TS via Aussendung zurück.
„Null-Toleranz-Politik“
„Für Mafia-Kriminalität und Terrorismus muss es eine Null-Toleranz-Politik geben, in manchen Ländern gilt sogar die Todesstrafe, und Frank Stronach hat sich geäußert, dass er Verständnis dafür hat. Frank Stronach sagt, das Wichtigste ist, dass der Rechtsstaat und seine Institutionen geschützt werden“, hält man in der Aussendung fest.
„Bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gefährdung des Rechtsstaates und seiner Institutionen durch verbrecherische Organisationen habe ich ein gewisses Verständnis für die Todesstrafe, aber das ist meine persönliche Ansicht“, wird Stronach wörtlich zitiert: „Meine Einstellung hat vielleicht etwas damit zu tun, dass ich schon jahrzehntelang in Nordamerika lebe. Ich habe mit anderen führenden Personen im Team Stronach darüber gesprochen, sie teilen diese Ansicht nicht, daher kommt das selbstverständlich nicht ins Parteiprogramm.“
Nachbaur, Listenzweite und Stronachs engste Mitarbeiterin, distanzierte sich in der Aussendung von Stronachs Ansichten zur Todesstrafe: „Es gibt brutale Fälle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Misshandlungen gegen Frauen und Kinder, und die derzeitigen Strafen sind nicht abschreckend genug. Die Schwächsten und Verletzlichsten in unserer Gesellschaft müssen bestmöglich geschützt werden, aber kein Mensch hat das Recht, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen. Hinrichtungen sind grausam, und als gläubiger Mensch habe ich Respekt vor dem Leben und Gott.“
Auch Landesobleute auf Distanz
Die TS-Landesobleute Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Niederösterreich), Gerhard Köfer (Kärnten) und Hans Mayr (Salzburg) hielten via Aussendungen fest, dass eine Diskussion über die Todesstrafe in Österreich „entbehrlich“ sei. Die drei Politiker erinnerten daran, dass sowohl die Protokolle der Europäischen Menschenrechtskonvention die Abschaffung der Todesstrafe beinhalten als auch die Europäische Union die Abschaffung der Todesstrafe als Aufnahmebedingung für neue Mitgliedsstaaten vorschreibt. Auch der burgenländische Landesvorsitzende des TS, Rouven Ertlschweiger, distanzierte sich auf Nachfrage des ORF Burgenland von den Aussagen Stronachs.
Tabubruch im Nachkriegsösterreich
Keine österreichische Partei tritt für die Wiedereinführung der Todesstrafe ein - auch nicht die FPÖ, wie Parteichef Heinz-Christian Strache im April vorigen Jahres klarstellte. Damals gab es große Aufregung, weil der Tiroler Wirtschaftskammer-Präsident und Wirtschaftsbund-Obmann Jürgen Bodenseer (ÖVP) im Sozialen Netzwerk Facebook über die Todesstrafe für Kinderschänder „in krassen Fällen“ nachgedacht hatte. Nach viel Kritik auch aus den eigenen Reihen und einem Rüffel durch ÖVP-Chef Michael Spindelegger war dieser aber wieder zurück gerudert.
Gegenüber „Kinderschändern“ sei man, hatte Stronach gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“ befunden, „ein bisschen zu weich. Da müssen strengere Strafen sein.“ Die Todesstrafe wolle er aber nur für „Berufskiller“.
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