Hausbesuche, Wahlaufruf und Ehrenkodex
Seit Jahren nimmt die Wahlbeteiligung in Österreich sukzessive ab. Das ist auch den Parteien nicht verborgen geblieben. ORF.at hat nachgefragt, welches Angebot diese den Nichtwählern machen, um bei der kommenden Nationalratswahl doch noch zu den Wahlurnen zu gehen.
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Die SPÖ sieht in der Wahl eine Richtungsentscheidung: „Wird eine Politik für die Arbeitnehmer gemacht oder eine Politik für Konzerne und Superreiche? Deshalb wollen wir bis zum 29. September die Menschen überzeugen: Wer die SPÖ in der Regierung will, muss SPÖ wählen“, heißt es dazu von der Partei. Wer keine rechten Hetzer in einer Regierung und Schwarz-Blau verhindern wolle, müsse die Sozialdemokratie stärken. „Denn nur die SPÖ in der Regierung ist Garant dafür, dass die Strache-FPÖ nicht in der Regierung sitzt.“
Ihr politisches Angebot – Kampf um Arbeitsplätze, für ein modernes Bildungssystem und leistbares Wohnen, für ein hervorragendes Bildungssystem – versucht die SPÖ über direkte Bürgerkontakte zu vermitteln. „Der direkte Bürgerkontakt ist eine der wesentlichen Säulen unseres Wahlkampfes. Alleine die Wiener SPÖ macht 100.000 Hausbesuche. Auch in den anderen Bundesländern setzen wir sehr stark auf das persönliche Gespräch mit der Bevölkerung und zielgruppenspezifische Information“, heißt es auf ORF.at-Anfrage. „Der direkte Kontakt mit der Bevölkerung ist durch nichts zu ersetzen.“
ÖVP: „Wählen ist ein Privileg“
Eine nicht abgegebene Stimme sieht die ÖVP als eine verlorene Stimme. „Wählen ist keine Pflicht, sondern ein Privileg“, heißt es aus der Partei. Steuerdrohungen und Gebührenerhöhungen würden alle betreffen, auch jene, die keine Stimme abgegeben haben. „Die ÖVP und Kanzlerkandidat Michael Spindelegger haben deshalb ein Konzept vorgelegt, mit dem sie Österreich nach vorne bringen wollen“, erklärt die Partei gegenüber ORF.at.
Am 29. September gehe es darum, wer die besseren Konzepte für die Zukunft dieses Landes hat. „Die ÖVP will Österreich nach vorne bringen, die Wirtschaft stärken und so neue, gute Arbeitsplätze schaffen. Das ÖVP-Programm für die Zukunft ist der Weg zu mehr Wachstum und weniger Schulden und mehr netto vom brutto für den Einzelnen.“ Und weiter: „Es liegt an den Österreicherinnen und Österreichern, zu entscheiden - nicht wählen zu gehen, heißt, anderen die Wahl über die eigene Zukunft zu überlassen.“
FPÖ will mit „direkter Demokratie“ punkten
Für die Freiheitlichen ergibt sich die hohe Zahl an Nichtwählern aus dem subjektiven Gefühl vieler Menschen, an dem bestehenden System nichts verändern zu können. „Wir glauben, dass wir mit dem Thema ‚direkte Demokratie‘ potentielle Nichtwähler ansprechen können. Wir haben für uns festgelegt, dass wir ein Modell der ‚direkten Demokratie‘ nach dem Vorbild der Schweiz in Österreich umsetzen wollen und machen das auch zur Koalitionsbedingung“, heißt es auf Nachfrage von ORF.at. Das könne ein großer Anreiz auch für mögliche Nichtwähler sein, sich an dieser Wahl als Chance zur Umsetzung eines direktdemokratischen Modells zu beteiligen.
BZÖ: „Nichtwählen nützt nur dem System“
Das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) warnt, dass jeder Österreicher, der nicht zur Wahl gehe, das unterstütze, was er ablehnt, „nämlich die derzeitigen Zustände in Österreich, und zementiert das derzeitige rot-schwarze System ein“. „Wer etwas ändern will, muss wählen gehen“, erklärt das Bündnis. „Nicht zu wählen, nützt ausschließlich dem System.“
Das BZÖ wirbt für sich als einzige Partei, die aus der laufenden Wahlauseinandersetzung keine billige Show macht. „Das BZÖ stellt sich lieber den Zukunftsfragen und kümmert sich daher um moderne Themen, die andere Parteien ignorieren. Ein Beispiel: 1,1 Millionen Österreicher leben in Patchwork-Familien. Wir sagen: Es muss finanziell möglich bleiben, eine zweite Familie zu gründen und fordern deshalb die steuerliche Absetzbarkeit von Unterhaltszahlungen“, erklärt das BZÖ in einer schriftlichen Stellungnahme.
Grüne: „Vertrauen durch saubere Politik“
Die Grünen orten unter den Nichtwählern viele Menschen, die frustriert von den zahlreichen politischen Skandalen der letzten Jahre sind. „Die Grünen haben die Korruptionsbekämpfung und die Aufdeckung von Missständen zu einem unserer zentralen Themen gemacht. Mit dem Mitschneiden bei Privatisierungen muss ebenso aufgeräumt werden wie mit der Parteibuchwirtschaft bei der Besetzung von Jobs“, heißt es aus dem Parteibüro.
Man habe auch in Regierungsverantwortung gezeigt, dass man nicht zum Teil dieses Systems geworden sei, sondern diese Praxis abgestellt habe, erklärten die Grünen. „Wir wollen den WählerInnen klar machen, dass sich Mitbestimmung lohnt und wirklich etwas verändert werden kann, bei Wahlen genauso wie durch den Ausbau der direkten Demokratie. Erst wenn NichtwählerInnen ein gewisses Mindestmaß an Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, werden sie sich wieder beteiligen.“ Und dieses Vertrauen wollen die Grünen durch eine saubere Politik wiedergeben.
Team Stronach: „Ziel ist schuldenfreie Zukunft“
Für das Team Stronach (TS) bedeutet wählen zu gehen, an der Demokratie teil zu nehmen und im Land etwas zu ändern. „Nur war das bei den vergangenen Wahlen nicht möglich, denn die große Koalition aus SPÖ und ÖVP war zumeist einzementiert“, so die Partei. „Wer das Kanzlerduell verfolgt hat, konnte auch schon erkennen, dass (Werner, Anm.) Faymann und (Michael, Anm.) Spindelegger den Fortbestand der Stillstandskoalition beschlossen haben.“
Bei der Wahl am 29.September hätten die Menschen aber erstmals die Chance, das bestehende und starre Machtsystem in Österreich aufzubrechen, so das TS. „Denn mit Frank Stronach und dem Team Stronach tritt eine Partei an, bei der sich jeder einzelne Mandatar einem Ehrenkodex aufgebaut auf den Werten ‚Wahrheit, Transparenz und Fairness‘ verpflichtet. Unser Ziel heißt nicht Postenschacher und Proporz, unser Ziel ist es, die Demokratie zu stärken und damit eine schuldenfreiere Zukunft zu sichern.“
NEOS: „Bürgern wieder eine starke Stimme geben“
NEOS erklären ihren Wahlantritt damit, dass sie selbst nicht mehr wussten, wen sie wählen sollen. „Die Politiker haben unser Vertrauen verspielt, sind abgehoben und nur noch am eigenen Machterhalt interessiert“, erklärte die Partei. „Daher stehen wir jetzt von den Zuschauerplätzen auf, um Bürgern im Parlament wieder eine starke Stimme zu geben.“
Mittlerweile hätten sie bewiesen, dass NEOS das erfolgreichste Politikprojekt in der Geschichte Österreichs sei. „Als Partei neuen Zuschnitts verbinden wir Expertise mit Erfahrung, um rasch Verantwortung zu übernehmen. Politik braucht die Kraft des Neuen.“ Sie hätten Lösungsvorschläge für Themen wie Schuldenabbau, Pensionssicherung und Bildungsreformen. „Nur mit unserem Einzug ins Parlament wird es gelingen, die jahrzehntelange Dauerblockade von Rot und Schwarz zu beenden und Reformen einzuleiten.“
KPÖ will den linken Platz im Parlament besetzen
Die KPÖ sieht den linken Platz im Parlament unbesetzt. „Sozialabbau und 100-Milliarden-Euro-Hilfspakete sind nur ohne linker Opposition im Parlament möglich“, heißt es von der Partei. „Unser Angebot lautet daher, den linken Platz im Parlament endlich zu besetzen und ihn mit widerständigem Leben zu erfüllen.“
Die KPÖ verweist auf eine breite Palette an Forderungen von der sozialen Absicherung über der Armutsgrenze, der Erhöhung des Erwerbslosengeldes von derzeit 55 auf 80 Prozent des letzten Bezugs über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro die Stunde, die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, bis hin zur Wiederaufnahme des sozialen Wohnungsbaus in kommunaler Hand, um nur einige zu nennen.
Piraten wollen transparente Politik
Die Piraten verstehen sich anders als die anderen Parteien. „Wir versprechen nicht, dass wir diejenigen sind, die alle Probleme des Landes verstehen, uns am besten auskennen und sie alle lösen können. Wir sind der Meinung, solche Leute gibt es schlicht nicht“, heißt es in einer Stellungnahme der Partei. „Wir wollen stattdessen den Bürgerinnen und Bürgern durch transparente Politik und direktdemokratische Beteiligungsformen ermöglichen, die politischen Entscheidungen selbst zu treffen.“
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