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Rede an historischer Stelle

US-Präsident Barack Obama hat die nach wie vor bestehende soziale Ungleichheit zwischen Schwarzen und Weißen in den USA angeprangert. Auch 50 Jahre nach dem historischen „Marsch auf Washington“ sei das Thema Chancengleichheit eine Herausforderung für die Regierung.

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Obama sprach am Mittwoch vor dem Lincoln-Denkmal in Washington zu Zehntausenden Menschen, die sich zum Gedenken an die berühmte „I Have a Dream“-Rede des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr. vor 50 Jahren versammelt hatten. Eindringlich rief Obama zu mehr Engagement auf. Veränderungen kämen nicht nur durch die Politik, sondern durch die Anstrengungen der Bürger. Er warnte vor zu großen Hoffnungen auf eine baldige durchgreifende Besserung. „Machen wir uns nichts vor, die Aufgabe wird nicht leicht sein.“

Der erste afroamerikanische US-Präsident sprach an der gleichen Stelle, an der King am 28. August 1963 seinen Traum von einem friedlichen Zusammenleben von Menschen aller Hautfarben verkündet hatte. Obama würdigte in seiner Rede in Washington den Kampf von King. Dieser habe den „stillen Hoffnungen von Millionen“ eine „mächtige Stimme“ gegeben. Auch die früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Jimmy Carter ergriffen das Wort.

Ex-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton und US-Präsident Barack Obama mit Ehefrau Michelle vor dem Lincoln Memorial in Washington

APA/EPA/Shawn Thew

US-Präsident Barack Obama mit Ehefrau Michelle und den früheren US-Präsidenten Bill Clinton und Jimmy Carter

Schwarze weiter benachteiligt

Wenn es um Wohlstand und Jobs gehe, seien die rund 30 Millionen Schwarze noch immer benachteiligt, so Obama. „Amerika, ich weiß, der Weg wird lang, aber ich weiß, dass wir es schaffen können“, rief er den Menschen vor dem Lincoln-Denkmal zu. „Ja, wir werden stolpern, aber ich weiß, dass wir wieder aufstehen werden.“ Die Bürgerrechtsbewegung habe Amerika verändert. „Weil sie weitermarschierten, veränderte sich Amerika.“

Schwarzer Präsident „genügt nicht“

Man dürfe aber auch die Fortschritte, die in den vergangenen 50 Jahren erzielt wurden, nicht unterschätzen. Das würde dem Mut und der Aufopferung der vielen Demonstranten und Bürgerrechtler von damals nicht gerecht werden. „Es würde diese Helden auch entwürdigen, zu suggerieren, dass die Arbeit dieses Landes irgendwie abgeschlossen ist“, so Obama. „Es genügt nicht, nur einen schwarzen Präsidenten zu haben“, sagte er in einem Radiointerview vor seiner Rede am Mittwoch.

Menschenansammlung vor dem Washington Memorial

APA/EPA/Shawn Thew

Bereits am Samstag hatten sich Zehntausende Amerikaner in der US-Hauptstadt versammelt, um 50 Jahre nach dem „Marsch auf Washington“ an das historische Ereignis zu erinnern. Zugleich wollten sie darauf aufmerksam machen, dass es trotz vieler Fortschritte auch heute noch in den USA Diskriminierungen ethnischer Minderheiten gibt. Außerdem wurde gegen Waffengewalt, Armut und Arbeitslosigkeit protestiert.

„Träumt weiter“

„I have a dream“, hatte der schwarze Baptistenprediger King den Menschen bei dem Marsch am 28. August 1963 zugerufen. Die Worte wurden zum Symbol des Kampfes gegen die Trennung von Schwarzen und Weißen. King wurde nur 39 Jahre alt. Der Rassist James Earl Ray erschoss den Friedensnobelpreisträger am 4. April 1968 in Memphis auf dem Balkon eines Motels.

Martin Luther King vor Menschenmenge in Washington, 1963

Picturedesk.com/United Archives

Martin Luther King vor 50 Jahren

Der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson knüpfte am Samstag an die historische Rede an. „Träumt weiter“, rief er den Menschen vor dem Lincoln-Denkmal zu. Dort hatte damals auch Martin Luther King gesprochen. Justizminister Eric Holder rief dazu auf, Kings Werk im Namen der Gerechtigkeit fortzusetzen. Kings Sohn Martin Luther King III. forderte in einer Ansprache weitere Anstrengungen zur Überwindung von Rassismus und Ungleichheit. Für „nostalgisches Gedenken“ sei heute nicht der richtige Zeitpunkt, sagte Kings Sohn. „Die Arbeit ist nicht erledigt.“

Aufmarsch in Washington

Reuters/Kevin Lamarque

Reger Zulauf am Samstag

Diskriminierung noch allgegenwärtig

Noch immer meinen 88 Prozent der Afroamerikaner, dass sie in den USA diskriminiert werden, 46 Prozent meinen gar, in hohem Maße, ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Pew im Juni. Von den weißen Befragten verspürten 57 Prozent Diskriminierung von Afroamerikanern. Aber nur 16 Prozent meinten, das geschehe in einem großen Ausmaß.

Die Arbeitslosigkeit unter Afroamerikanern ist heute sogar größer als 1963. Damals lag die Quote bei zehn Prozent, heute sind es 12,6 Prozent. Der Wert liegt seitdem fast ständig doppelt so hoch wie bei der weißen Bevölkerung, von der derzeit 6,6 Prozent ohne Stelle sind. Zudem verdient ein Schwarzer im gleichen Job im Schnitt zehn Prozent weniger als ein Weißer.

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