„Die Geburt einer neuen Zivilisation“
„Simpsons - Der Film“ hat es vorgemacht, „Under the Dome“ macht es nach: Eine Kleinstadt wird am helllichten Tag von einer unsichtbaren Riesenkuppel überstülpt und von der Außenwelt abgeschnitten. Statt einer Comic-Komödie setzt die neue US-TV-Serie, basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Stephen King, aber auf eine Mischung aus Science-Fiction und Drama.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Tatsächlich ist der Roman zwei Jahre nach dem „Simpsons“-Film (2007) erschienen, die Idee sei ihm aber schon viel früher gekommen, beteuert King in Interviews. Immerhin habe er schon mehrere Jahre vor dem Erscheinungstermin an dem Entwurf zu „Under the Dome“ gearbeitet. Das Grundmotiv - die Entwicklung einer Gesellschaft in totaler Isolation - ist zudem für King thematisch auch kein Neuland, Ähnliches behandelt etwa „The Stand“ („Das letzte Gefecht“), das derzeit von US-Regisseur Scott Cooper zum zweiten Mal verfilmt wird.

ORF/Sevenone International/Michael Tackett
Unsichtbar und undurchdringlich: die Kuppel über Chester’s Mill
Gleich nach der Veröffentlichung von „Under the Dome“ hat sich Steven Spielbergs Produktionsfirma DreamWorks die Filmrechte an dem Werk gesichert. Weil die Arbeit in Hollywood zunehmend schwerer wird, wie Spielberg unlängst diagnostizierte, wurde „Under the Dome“ nun nicht als Kinofilm, sondern in Kooperation mit dem Sender CBS fürs Fernsehen adaptiert. Ursprünglich war der Plan, das mehr als 1.200-seitige Buch als 13-teilige Miniserie zu verfilmen. Die Quotenrekorde bei der Erstausstrahlung veranlassten die Produzenten jedoch dazu, direkt in die Verlängerung zu gehen und den Stoff in mehreren Staffeln anzulegen. Der bietet auch alles, was dazu nötig ist, und zudem ausreichend Möglichkeit, Special Effects, wie man sie sonst fast nur aus großen Kinoproduktionen kennt, zum Einsatz zu bringen.
Der Tag, an dem die Kuppel da war
Als eines schönen Tages die titelgebende Kuppel über die Kleinstadt fällt, findet sich dort ein halbwegs repräsentativer Querschnitt durch die amerikanische Bevölkerung gefangen. Darunter sind Menschen aller Altersgruppen aus dem Ort oder auf der Durchreise, aber auch korrupte Lokalpolitiker, fanatische Gläubige und skrupellose Verbrecher.
Polizistin Linda Esquivel (Natalie Martinez), die durch die Barriere von ihrem Verlobten getrennt wurde, versucht mit einer Gruppe neu rekrutierter Beamter Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Dazu muss sie sich vor allem mit den machthungrigen und gierigen Dorfwürdenträgern rund um Stadtrat James Renny (Dean Norris), genannt Big Jim, herumplagen, die ihre eigenen Interessen verfolgen.

ORF/Sevenone International/Michael Tackett
Reporterin Julia Shumway (Rachelle Lefevre) und Irak-Veteran Dale Barbara (Mike Vogel) versuchen Ordnung ins Chaos zu bringen
Journalistin Julia Shumway (Rachelle Lefevre) und Irak-Veteran Dale Barbara (Mike Vogel) kämpfen gemeinsam mit einer kleinen Gruppe an Verbündeten darum, einerseits das Leben unter der Kuppel zu organisieren, andererseits den Ursprung der Barriere zu erkunden. Der scheint wiederum irgendetwas mit den zwei Jugendlichen Joe McAlister (Colin Ford) und Norrie Calvert-Hill (Mackenzie Lintz) zu tun zu haben, die immer wieder gemeinsame Anfälle haben und dabei mysteriöse Botschaften von sich geben.
Überraschende Personalrochaden, viele Statisten
Weil weder King noch Drehbuchautor Brian K. Vaughan zimperlich mit dem Personal umgehen, sind auch vermeintliche Protagonisten nicht vor einem schnellen oder überraschenden Tod gefeit. Dafür rücken dann andere Charaktere nach. Ähnlich wie in anderen Serien, etwa „Lost“, gibt es in „Under the Dome“ neben dem überschaubaren Hauptcast rundherum die Dorfstatisten, die immer dann zur Stelle sind, wenn es gilt, Krankenhausbetten zu füllen, Geschäfte zu stürmen oder sich im Bunker zu verstecken.
TV-Hinweis
ORF eins zeigt die erste Staffel von „Under The Dome“ ab 4. September jeweils mittwochs um 20.15 Uhr in Tripel- bzw. Doppelfolgen.
Zwar haben die meisten Charaktere auch im Buch ihre Entsprechung, ihre Geschichten sind dennoch teils zur Unkenntlichkeit verändert. Wo King mit unerbittlicher Härte zuschlägt und die schlimmsten menschlichen Eigenschaften sehr schnell offenlegt, ist die Serie weniger direkt auf das Grauen des Alltäglichen ausgelegt. Stattdessen sind die Figuren facettenreicher und mit mehr Geheimnissen und Vorgeschichten ausgestattet.
Die selektiv-permeable Barriere
Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt bei der Barriere an sich: Die Kuppel, die sich über die Kleinstadt spannt, ist im Buch sehr wohl durchlässig für Geräusche und damit auch offen zur Kommunikation zwischen drinnen und draußen. Gespräche zwischen den Ein- und Ausgesperrten sind kein Problem, ein Informationsaustausch via Telefon- und Internetverbindung ist problemlos möglich und wird nur durch aktives Eingreifen der US-Regierung letztlich unterbunden. Anders in der TV-Serie: Dort bleiben die Gefangenen tatsächlich auf sich selbst gestellt.
„Unsere Show zeigt die Geburt einer neuen Zivilisation. Sie untersucht, was passiert, wenn Gesetze und Regeln nicht mehr gelten, die eine Gesellschaft zusammenhalten“, erklärte Schauspielerin Lefevre, „diese Geschichte kann man viele Staffeln lang erzählen.“ Das sehen auch die Produzenten so, die zweite Staffel ist jedenfalls bereits in Arbeit, wie der US-Sender CBS bekanntgab - unter Mitarbeit von King persönlich: Er soll das Drehbuch für die erste Folge schreiben.
Sophia Felbermair, ORF.at
Links: