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Hersteller entdecken die Einfachheit

Smart-TVs, also „intelligente“ Fernseher, stehen auch heuer wieder im Mittelpunkt der Elektronikmesse IFA Anfang September in Berlin. Dieses Mal wollen sich die Hersteller aber nicht so sehr mit weiteren neuen Features als vielmehr mit einfacher Bedienung übertrumpfen. Denn die bisherigen Geräte sind teilweise viel zu kompliziert.

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Reichte früher etwa eine Fernbedienung, um ein TV-Gerät einzuschalten, braucht es mittlerweile in zahlreichen Haushalten drei, um den gewünschten Sender sehen zu können: eine für das TV-Gerät selbst, eine für den Kabel- oder SAT-Receiver und dann noch eine für ein etwaiges Verbindungsgerät wie einen AV-Receiver. Dabei müssen die jeweiligen Knöpfe nicht nur in der richtigen Reihenfolge, sondern mitunter auch mehrfach gedrückt werden, weil die Geräte selbstständig untereinander kommunizieren und die Eingabebefehle schon einmal überstimmen.

Abgesehen von diesen Peripherieschwierigkeiten sind auch die Fernseher selbst mit ihren zahlreichen neuen Funktionen oft alles andere als selbsterklärend: Viele bieten mittlerweile die Möglichkeit, Apps für diverse Funktionen und Services wie Skype, Mediatheken und Facebook zu installieren - vorausgesetzt, der Nutzer hat seinen Fernseher überhaupt mit dem Internet verbunden.

Nur die Hälfte mit dem Internet verbunden

Laut einer aktuellen Umfrage der deutschen Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) hat ein Drittel der deutschen Haushalte ein Smart-TV-Gerät zu Hause, doch nur etwas mehr als die Hälfte hat das Gerät auch mit dem Internet verbunden. In Großbritannien haben 86 Prozent der Nutzer ihr TV-Gerät auch im Netz - mit demselben Problem, das andere Nutzer technisierter Geräte haben: Fernseher und auch viele Receiver müssen regelmäßig aktualisiert werden.

Eigene Kampagne soll Smart-TV erklären

In Deutschland haben Handel und Hersteller unter dem Titel „Smarter Fernsehen“ Anfang Juli eine eigene Kampagne gestartet und sich im Zuge dessen mit „Smart-TV“ auch auf einen gemeinsamen Begriff geeinigt. Die davor verwendeten unzähligen Begriffe wie „Web-TV“, „Internetfernsehen“ und „Hybrid-TV“ spiegeln schon die Unübersichtlichkeit für die Nutzer wider. Das hat offenbar auch die Industrie erkannt. Vielen Nutzern sei gar nicht bewusst, was ein Smart-TV alles könne, so die Branche zum Kampagnenstart. Mit Illustrationen im Comicstil werde versucht, Anwendungsmöglichkeiten leicht verständlich darzustellen.

Auf der IFA will die Branche nun auf breiter Front eine neue Einfachheit bei den Fernsehern demonstrieren. Um alleine bei der ständig wachsenden Zahl der Apps die Übersichtlichkeit zu erhalten, arbeiten alle großen Hersteller laut eigenen Angaben an neuen Bedienkonzepten, die sie auf der IFA präsentieren wollen.

Technik soll in den Hintergrund treten

Die Entwicklung gehe dabei von Hightech zu „Shytech“, so Hans Wienands, Chef von Samsung Deutschland und Vorsitzender des deutschen Fachverbands Consumer Electronics im Branchenverband ZVEI zur Nachrichtenagentur dpa. Das Kunstwort setzt sich aus dem englischen „shy“ für scheu und „tech“ für Technik zusammen. Die Technik trete immer mehr in den Hintergrund, so Wienands. Es sei wichtig, den Komfort zu erhalten. Die Nutzer wollten auch auf dem Smart-TV auf Knopfdruck die Nachrichten sehen können.

Denn auch die Benutzeroberflächen der Geräte sind oftmals alles andere als benutzerfreundlich - unzählige Submenüs für unverständliche Funktionen erschweren den Benutzern den Zugang. Darauf hat die Branche zwar mit Sprach- und Gestensteuerungen zum Teil bereits reagiert, doch ein durchschlagender Erfolg ist auch diese Strategie bisher nicht: Nur wenige scheinen mit ihrem Fernseher sprechen oder ihm zuwinken zu wollen.

TV-Umsatz hinter Smartphones

Ob die Initiative für das Smart-TV den erhofften Erfolg bringt, bleibt abzuwarten. Das Problem sei, dass das Thema nicht so einfach zu kommunizieren sei, und es werde noch immer falsch verstanden, so Branchenexperte Hartmut Krafczyk zur dpa. „Es geht nicht darum, Dinge am Smart-TV zu machen, die man sonst am Computer erledigt.“ Die Entwicklung befinde sich noch in den Kinderschuhen. „Keiner weiß, wie sich Smart-TV eines Tages entwickeln wird“, so Krafczyk.

Nach dem ernüchternden Verkaufserfolg der zuletzt massiv gehypten 3-D-Fernseher kann die Branche einen neuen Impuls brauchen. In Deutschland brach im ersten Halbjahr dieses Jahres mit 2,3 Mrd. Euro der Umsatz mit TV-Geräten um über ein Viertel ein. Das ist deutlich weniger, als mit Smartphones umgesetzt wurde, nämlich 3,6 Mrd. Euro. Auch die Zahl der verkauften TV-Geräte ging um 25 Prozent auf 2,7 Mio. Stück zurück.

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