Verbot soll alle Daten betreffen
Aus dem Skandal um den Handel mit Patientendaten dürfte es Konsequenzen geben: Nachdem der Hauptverband der Sozialversicherungen der Ärzteschaft die Rute ins Fenster stellte, wollen nun auch Ärzte- und Apothekerkammer die Geschäftemacherei mit Patientendaten stoppen.
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Sie schlossen sich dem Vorstoß der Krankenkassen an, die Weitergabe und den Verkauf von Gesundheitsdaten zu untersagen. Beide Kammern können sich vorstellen, das generelle Verbot der Datenweitergabe festzuschreiben, wie es schon die Sozialversicherung angekündigt hat. Die Ärztekammer will das in jedem Fall aber auch selbst regeln - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Ärztekammer: Für alle Ärzte
Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger plädierte Donnerstagmittag im Ö1-Interview dafür, dass die Ärztekammer das intern regeln werde. Der Hauptverband hatte vorgeschlagen, das Verbot durch eine Klausel in den Kassenverträgen mit den Ärzten zu regeln. Wechselberger wies aber darauf hin, dass damit nicht alle Ärzte erfasst würden, konkret jene Ärzte, die keinen Vertrag mit einer Krankenkasse haben, also Wahl- und Privatärzte. Eine Regelung innerhalb der Standesvertretung gälte dagegen für alle Ärzte mit Praxis. Das Verbot der Weitergabe würde auch alle Daten betreffen, die Ärzte zur Verfügung haben - „auch wenn das in einer Form geschehen sollte, die keinen Schluss auf Patienten ermöglicht“.
Verstöße gegen das Verbot sollen nach dem Disziplinarrecht der Ärztekammer geahndet werden, lautet Wechselbergers Vorschlag. Das beinhalte Maßnahmen von der bloßen Ermahnung bis zum Entzug der Berufsberechtigung, Letzteres in schweren Fällen. Für den Ärztekammer-Chef wäre die Weitergabe von Daten solch ein schweres Vergehen. Aus Sicht Wechselbergers spricht nichts dagegen, zusätzlich auch in Kassenverträgen ein solches Verbot zu verankern.
Auch Apotheker „offen“ für Verbot
Auch der Vizepräsident der Apothekerkammer, Christian Müller-Uri, zeigte sich für ein Verbot „offen“: „Wir haben einen Gesamtvertrag mit den Sozialversicherungsträgern. Und wird dort gewünscht, dass im Sinne der Patienten etwas präzisiert werden soll, dann stehen wir dem offen gegenüber.“
Zuvor hatte der Hauptverband der Sozialversicherung Druck auf die Ärztekammer gemacht: Der Vizechef des Hauptverbands, Volker Schörghofer, kündigte im Ö1-Interview an, dass die Krankenkassen die Weitergabe von Gesundheitsdaten vertraglich verbieten wollen, sollte die Ärztekammer die Sache nicht selbst unter Kontrolle bekommen. Konkret könnte das so aussehen, dass ein solches Verbot in den Verträgen mit den Kassenärzten und den Apotheken enthalten sei. Bei Verstößen sollen die Verträge gekündigt werden, kündigte Schörghofer an - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Scharfe Kritik an Ärztekammer
Schörghofer kritisieret nicht nur die Weitergabe der Gesundheitsdaten selbst, sondern auch das Vorgehen der Ärztekammer. Ihr warf er in dieser Causa Doppelmoral vor. Auf der einen Seite werde von der Ärztekammer millionenschwer gegen den Elektronischen Gesundheitsakt (ELGA) gewettert, auf der anderen Seite werde gegen wenig Geld das Vertrauensverhältnis zum Patienten mit der Datenweitergabe belastet. Auch deshalb sei ein präventives Verbot dringend notwendig.
Auch Diagnosen und Laborwerte verkauft
Wie die „Presse“ (Freitag-Ausgabe) berichtet, dürfte der Datenhandel viel umfassender sein als bisher bekannt: Demnach sollen Ärzte dem US-Marktforschungsunternehmen IMS Health nicht nur Rezept, Alter und Geschlecht des Patienten, sondern darüber hinaus auch Diagnosen, Therapien und Laborwerte geliefert haben. IMS bekomme quasi die gesamte Patientenakte, berichtete die „Presse“ anhand eines Vertrags zwischen der Firma und einem Arzt, der der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegt.
In dem Vertrag verpflichtet sich der Arzt der Zeitung zufolge, die Daten seiner Patienten monatlich und für mindestens ein Jahr zu liefern, für 432 Euro brutto im Jahr. Dafür weiterleiten muss er unter anderem Patientennummer, Geschlecht, Geburtsjahr, Krankenscheinart, Dauer- und Akutdiagnosen sowie „alle Verordnungen“.
Verlangt werden vom Unternehmen etwa auch Angaben über die Dosierung, Informationen zu Überweisungen an andere Ärzte, Therapien, Therapiewechsel und Therapieabbrüche - inklusive der dazugehörenden Begründungen. Auch verpflichtet sich der Arzt zum Versand „aller erhobenen Laborwerte“. Gleichzeitig tritt der Unterzeichner demnach alle Ansprüche auf die Daten ab und erlaubt IMS, die Daten „zu nutzen, zu verwerten und zu verarbeiten sowie Dritten Nutzungs- und Verwertungsrechte daran einzuräumen“.
Auch Spitäler liefern Daten an IMS Health
Bereits zuvor war bekanntgeworden, dass nicht nur Ärzte, sondern auch rund die Hälfte der österreichischen Spitäler Informationen an IMS Health liefern würden, berichtete „Die Presse“ (Onlineausgabe). 120 bis 150 Spitäler würden Daten über den Arzneimittelverbrauch weitergeben, entnahm die Zeitung Aufzeichnungen eines EDV-Consulters - mehr dazu in oe1.ORF.at.
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