„Geld kam nicht“
Der Umbau der ehemaligen Drogeriemarktkette Schlecker zu dayli ist endgültig gescheitert. Gläubigerausschuss und Gericht bewilligten am Montag die vom Insolvenzverwalter beantragte Schließung. Noch in dieser Woche sollen die verbleibenden 522 Filialen zugesperrt werden.
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Bis Freitag hätte ein Investor eine Bankgarantie in Höhe von 1,15 Mio. Euro vorweisen müssen, um eine Weiterführung der Kette bis 16. August zu gewährleisten. Damit verlieren die restlichen 2.200 dayli-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ihren Job. Im Juli hatten bereits 1.261 Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verloren. Eigentümer Martin Zieger - er hatte am Tag des Insolvenzantrages das Unternehmen von Rudolf Haberleitner gekauft, den er als Geschäftsführer einsetzte und nach Unstimmigkeiten ablöste.
Zugesagte Finanzierung nicht eingelöst
Die Interessenten konnten keine Finanzierung vorweisen: "Bis zuletzt behaupteten die Investoren, die drohenden laufenden Verluste abdecken zu wollen, das Geld kam aber nicht“, so Insolvenzverwalter Rudolf Mitterlehner in einer Aussendung. Es habe eine Finanzierungszusage gegeben - sie sei aber nicht eingehalten worden. Mitterlehner zeigte sich „frustriert“ über die glücklose Investorensuche. Er habe „sehr wenig Zeit für die Investorensuche gehabt“ seit der Insolvenzeröffnung Anfang Juli.
Wegen fehlender Investoren bewilligten der Gläubigerausschuss und das Insolvenzgericht den Schließungsantrag des Insolvenzverwalters. Betroffen sind die 522 noch offenen österreichischen Filialen und das Lager in Pöchlarn (Niederösterreich). Die Filialen in Luxemburg und Belgien bleiben laut dem Masseverwalter vorerst noch offen. Auch die Zentralverwaltung in Pucking in Oberösterreich samt Bezirksleitungen wird noch benötigt.
Größte Pleite in 20 Jahren
Die Insolvenz ist nach Mitarbeiterzahl die größte Handelspleite in den vergangenen 20 Jahren. Insgesamt 3.468 Beschäftigte - zum Großteil Frauen in Teilzeit - verlieren durch das Ende der Drogeriemarktkette ihren Job. Der Handelsriese Konsum mit 17.000 Mitarbeitern hatte im Jahr 1995 Ausgleich angemeldet und wurde dann abgewickelt.
Sonderlich große Hoffnungen, dass ein Investor das Unternehmen aus dem Konkurs herauskaufen wird, macht sich der Masseverwalter nicht. „Nach den Erfahrungen der letzten Tage habe ich auch da keine großen Hoffnungen.“
Haberleitners Pläne zum Scheitern verurteilt
Das Konzept, aus dem früheren Drogerieriesen Schlecker mit ramponiertem Image einen Nahversorger zu machen, schien aus Sicht vieler Experten schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Der frühere Chef und Eigentümer der Kette, Haberleitner, ließ wöchentlich mit immer größeren Plänen aufhorchen - und setzte sie letzten Endes nicht um. Endgültig an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat der Investor rund um die Vorkommnisse in Italien, wo er von einem vermeintlichen Geschäftspartner um eine Million Euro „erleichtert“ wurde. Doch auch der neue Eigentümer Zieger vermochte das Ruder nicht herumzureißen und fand keinen Investor.
Am härtesten getroffen von der Pleite wurde der ehemalige dayli-Hälfteeigentümer Novomatic, der 25 Mio. Euro in das Unternehmen steckte. Lieferanten ist dayli etwa 18 Mio. Euro schuldig. Wie hoch die Quote für die Gläubiger ausfällt, ist derzeit noch unklar. Den Mitarbeitern blieb die Drogeriemarktkette die Juni-Gehälter und das Urlaubsgeld schuldig.
Gewissheit nach monatelangem Tauziehen
Für die Mitarbeiter nahm die monatelange Hängepartei nun ein negatives Ende. Zur Sorge um den Arbeitsplatz kam in dieser Zeit der Frust, in leeren Filialen zu stehen, mit kaum Ware und noch weniger Kunden. Bei einigen Mitarbeiterinnen überwog deshalb am Montag auch die Erleichterung, wie in der von der Gewerkschaft für die Beschäftigten eingerichteten „dayli-Erfahrungsbörse“ im Internet zu lesen ist.
„Juhuuuuuu wir schließen!!!!!!!!!!!“, schrieb etwa Mitarbeiter „ftantelisi“. Und „miley“ meint: „Endlich die erlösende nachricht.....wir SCHLIESSEN!!!!“ Gleichzeitig ließen die Beschäftigten auch ihren Emotionen freien Lauf. „Na buuum ... auch wenn ich es geahnt habe ... es ist schwer zu glauben ich bin grad den tränen nahe in meinem leeren shop ohne kunden.“
Gewerkschaft: Suchen individuelle Lösungen
GPA-Experte Manfred Wolf empfahl den Mitarbeitern am Montag, Infoveranstaltungen der Gewerkschaften an Ort und Stelle zu besuchen. Dort würde dann nach individuellen Lösungen gesucht. „Wunder können wir auch keine bewirken“, merkte Wolf im APA-Gespräch an, aber alles, was im Bereich des Möglichen liege, werde getan. Er erinnerte an die Arbeitsstiftungen, die mittlerweile in allen Bundesländern eingerichtet seien.
Auch Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sicherte in einer Aussendung den Mitarbeitern Unterstützung zu. Der Minister versicherte, dass alle Kündigungsansprüche der Mitarbeiterinnen gewahrt blieben und ausstehende Gehälter, Abfertigungen etc. vom Insolvenzentgeltfonds getragen würden. Mit Hilfe des AMS werde sofort die Suche nach neuen adäquaten Arbeitsplätzen für dayli-Mitarbeiterinnen begonnen.
Gläubigerquote nur bei 15 Prozent?
Nach der am Montag bewilligten Schließung will sich Mitterlehner um die Verwertung der Unternehmensteile kümmern. Die Mietverträge für einen Großteil der Filialen wurden aber noch nicht gekündigt, um Interessenten noch einen Einstieg zu ermöglichen. Dayli verfügte laut Finanzstatus per Ende Juni über freie Vermögenswerte in der Höhe von 12,8 Mio. Euro und Verbindlichkeiten in Höhe von 62,4 Mio. Euro. Damit würde sich eine Quote für die Gläubiger von 20,5 Prozent ergeben.
Experten rechnen aber aufgrund von Verwertungskosten mit einer Quote von schätzungsweise nur 15 Prozent. Umso länger die Abwicklung dauert, desto größer die Schwankungsbreite.
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