Das Funkloch ist Vergangenheit
Das FM4 Frequency Festival findet am Rande der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten statt. St. Pölten hat 52.000 Einwohner, das Frequency täglich fast 45.000 Besucher - und beinahe alle von ihnen nutzen ihre Smartphones.
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Man kennt das Bild längst: Tausende Menschen stehen vor einer Bühne und starren gebannt - auf ihr Handy. Zunächst wird einmal das erste Foto vom Sänger auf Facebook hochgeladen, später das Video, wie er gerade den Refrain der Hitsingle singt. Zwischendurch brüllen die Fans in ihre Smartphones wahlweise „Wo stehst denn du?“ und „Weißt, wo ich gerade bin?“ Und dann muss man noch die Facebook-Postings aller Freunde, die ebenfalls beim Konzert sind, liken und mit einem „Ich bin auch da“ antworten - vom Stress mit WhatsApp ganz zu schweigen.
Das erfordert nicht nur höchste Konzentration trotz Lärms, Menschenmassen, Hitze und Bierkonsums, sondern auch eine funktionierende Infrastruktur. Harry Jenner, der Geschäftsführer des Frequency Festivals, sagt im Interview mit ORF.at, dass die Zeiten vorbei seien, in denen das Telefonnetz regelmäßig zusammengebrochen sei und das ganze Areal tagelang zum Funkloch wurde. Beim Frequency werden alle drei großen heimischen Telefonanbieter mit mobilen Sendemasten vertreten sein.
Der Smartphone-Streit
Hin und wieder könne es freilich weiterhin vorkommen, dass man es beim Telefonieren zweimal probieren muss, räumt Jenner ein. Erstens telefonieren die Menschen bei solchen Events viel, und zweitens kommen die bereits erwähnten Uploads dazu. Um die Akkuladung muss man sich jedenfalls keine Sorgen machen. Wie bereits seit Jahren werden Festivalsponsoren (etwa das Magazin „Volume“) auch heuer wieder Ladeplätze anbieten, bei denen man seine Geräte abgeben kann. Warteschlangen, die jenen bei Ticketschaltern und Garderoben ähneln, muss man dabei je nach Uhrzeit in Kauf nehmen.
Hinweis
Das FM4 Frequency Festival findet von 15. bis 17. August im Green Park St. Pölten statt.
Während einzelne Bands wie die Yeah Yeah Yeahs bei ihren Konzerten bereits um den Verzicht auf Smartphones bitten - „Don’t watch the show through a screen!“ -, hat laut Jenner beim Frequency keine der Dutzenden Bands ein Problem damit. Man dürfe immer schon fotografieren, selbst mit Kompaktkameras, nur große Fotoapparate mit Teleobjektiven seien verboten. Vor dem Veröffentlichen des Materials auf YouTube sollte jedoch die Urheberrechtslage geklärt werden - mehr dazu in fm4.ORF.at.
Über das Fotografieren und Filmen bei Konzerten tobt schon lange eine Debatte. Beherzt und pointiert schrieb etwa Christian Holzmann 2011 in einem Artikel: „Macht mit euren Smartphones von mir aus, was ihr wollt, verzupft euch damit aber verdammt noch einmal endlich bei Konzerten“ - mehr dazu in fm4.ORF.at.
Radiohinweis
FM4 wird während des Festivals zum Frequency Radio und überträgt laufend News, Interviews und Livemitschnitte. Dazu gibt es die FM4 Frequency Charts mit den top 50 Bands, die je auf dem FM4 Frequency Festival gespielt haben - und zwar am 14.August von 15.00 bis 19.00 Uhr.
Partytypen und Ruhesuchende
Wie auch immer - es gibt Zeltplatzbewohner, die mit ihrem Smartphone nicht genug haben und über den Laptop ihr Soundsystem anwerfen. Von diesen, sagt Jenner, gebe es aber „Gott sei Dank“ nicht viele. Er selbst sei zwar der Partytyp und störe sich nicht daran, jedoch komme es immer wieder zu Beschwerden von Anrainern und Behörden. Außerdem will nicht jeder auch noch auf dem Zeltplatz beschallt werden.
Für Ruhesuchende gibt es ohnehin ein eigenes Angebot: Green Camping. Da zieht man in ein bereits vorbereitetes Zelt ein, dort bleibt es ruhig, und alle verpflichten sich, ihren Müll gleich zu entsorgen. Beim bereits ausverkauften „Comfort Ticket“ kommen noch eine WLAN-Zone, Klos mit Wasserspülungen und eigene Duschen dazu. Alle anderen müssen mit den 500 bis 600 Dixi-Klos vorliebnehmen.
Von Bierzeltschlagern bis Elektropop
Vom Line-up her bietet das Frequency heuer wieder eine breite Palette an, von Bands, deren Schlager mittlerweile in Bierzelten mitgegrölt werden (Die Toten Hosen - „Tage wie diese“) über Klassiker wie Nick Cave bis zum melancholisch-eklektisch-feinsinnigen Elektropop eines James Blake. Da nehmen 45.000 Menschen gerne die Dixi-Klos in Kauf.
Simon Hadler, ORF.at
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