Auf Rang 15 der Superreichen
Eine der renommiertesten Zeitungen der USA wechselt den Besitzer und geht ausgerechnet an einen Internetunternehmer: Amazon-Chef Jeff Bezos kauft für 250 Millionen Dollar (189,35 Mio. Euro) die Traditionszeitung „Washington Post“. Damit wird ein Blatt verkauft, das seit Jahrzehnten das politische Geschehen in den Vereinigten Staaten prägt.
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„Das Zeitungsgeschäft brachte immer neue Fragen auf, auf die wir keine Antwort haben“, so Donald Graham, Chef der Washington Post Company, zum aktuellen Wandel der Medienindustrie. Graham führte am Montag die schwierige Lage der Zeitungsbranche als Grund für den Verkauf ins Feld. Auch bei der „Washington Post“ waren Auflage und Anzeigeneinnahmen geschrumpft.
Bezos sei ein „einzigartig guter neuer Besitzer“, sagte Graham. Wie das Medienunternehmen betonte, kauft der Amazon-Gründer die 1877 gegründete Zeitung als Einzelperson und nicht im Namen des weltgrößten Onlinehändlers. Dennoch titelte die „Post“ am Dienstag mit „Eine Ära ist zu Ende“.
„Werte werden sich nicht ändern“
Bezos zeigte sich aber zuversichtlich für die Zukunft und versprach: „Die Werte der ‚Post‘ werden sich nicht ändern.“ Die bisherigen Verantwortlichen sollen in ihren Ämtern bleiben, darunter Herausgeberin Katharine Weymouth und Chefredakteur Martin Baron. Zusammen mit der „Washington Post“ gehen auch mehrere kleinere Blätter an Bezos, etwa die ebenfalls im Großraum Washington beheimatete „Fairfax County Times“ und die spanischsprachige „El Tiempo Latino“.

APA/EPA/Jim Lo Scalzo
Der Sitz der „Washington Post“
Er kann sich den Kauf locker leisten: Bezos besitzt nach Schätzungen des Finanzdienstleisters Bloomberg aktuell ein Vermögen von 28,2 Milliarden Dollar (21,36 Mrd. Euro), das vor allem in Amazon steckt. Damit landet er in der Rangliste der Superreichen auf Rang 15.
Die börsennotierte Washington Post Company stellt sich schon seit Jahren neu auf. Zu ihr gehören unter anderem ein Bildungsanbieter, lokale Fernsehstationen und ein Kabelnetzbetreiber. Das Unternehmen wird seinen Namen nach Abschluss des Zeitungsverkaufs ändern, der bis zum Ende des Jahres erwartet wird. Ein neuer Name sei aber noch nicht gefunden, hieß es.
Watergate-Skandal aufgedeckt
Mit dem Verkauf der „Washington Post“ an Bezos wechselt ein amerikanisches Traditionsblatt den Eigentümer, das Geschichte schrieb. Ihre Sternstunde erlebte die „Post“ Anfang der 70er Jahre, als die Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward den Watergate-Skandal aufdeckten, der zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon führte. Und die Veröffentlichung der geheimen „Pentagon-Papiere“ durch die „New York Times“ und die „Washington Post“ öffnete der US-amerikanischen Öffentlichkeit die Augen auf den Krieg in Vietnam und stärkte in einem Gerichtsprozess die Pressefreiheit.
Diese journalistischen Höhenflüge waren möglich, weil Verlegerin Katharine Graham fest hinter dem Kurs stand. Ihrer Familie gehörte die „Post“ seit 1933, als ihr Vater die pleitegegangene Zeitung bei einer Auktion schnappte. Im Besitz der Grahams wurde aus dem 1877 gegründeten Blatt eine amerikanische Institution.
Das Internet krempelte die Zeitungsbranche um - und die „Washington Post“ verzeichnete sieben Jahre in Folge Umsatzrückgänge. Ein erstes deutliches Alarmsignal kam 2009, als die Büros in Chicago, Los Angeles und New York geschlossen wurden. Einsparungen im Newsroom folgten. Katharine Grahams Sohn Don zog jetzt den Verkauf an Bezos einem strikten Sparkurs vor.
Zahlreiche Eigentümerwechsel
Erst am Wochenende hatte der „Boston Globe“ für 70 Millionen Dollar (53,02 Mio. Euro) den Besitzer gewechselt. Auch hier war es ein reicher Einzelunternehmer, der zuschlug. Zuvor hatte bereits Starinvestor Warren Buffett über seine Investmentholding Berkshire Hathaway rund 70 lokale Blätter übernommen. Parallel spaltete Medienmogul Rupert Murdoch seine Zeitungen (unter anderem „Wall Street Journal“, „Sun“) in ein eigenständiges Unternehmen ab. Einen ähnlichen Weg geht momentan die Tribune Company („Chicago Tribune“, „Los Angeles Times“), die sich aufs lokale Fernsehen verlegt.
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