Themenüberblick

Kosten von 450 Mio. Euro pro Jahr

Die Gruppenbesteuerung hat den Fiskus laut einem im Vormonat veröffentlichten Bericht des Rechnungshofs (RH) von 2008 bis 2010 jährlich 450 Mio. Euro gekostet. Über einen Zeitraum von fünf Jahren machten Unternehmen über drei Mrd. Euro an Verlusten steuerlich geltend. Für den RH ist die österreichische Regelung im EU-Vergleich „sehr weiträumig gestaltet“. Das ist nicht der einzige Kritikpunkt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Durch die mit der Steuerreform 2005 eingeführte Regelung ist für Unternehmensgruppen mit Hauptsitz in Österreich - vereinfacht gesagt - ein Gewinn- und Verlustausgleich zwischen heimischen Niederlassungen und ausländischen Töchtern möglich.

Laut RH summieren sich die Minusposten für den Bund dadurch auf rund zehn Prozent der jährlichen Gesamteinnahmen aus der Körperschaftssteuer (KÖSt), der Steuer, die auf das Einkommen „juristischer Personen“ nach dem Privatrecht - das können Gesellschaften (GmbH) oder Aktiengesellschaften sein - fällig wird. Andere EU-Staaten verfügen über ähnliche Gesetze, die sich aber im Detail unterscheiden.

RH vermisst konkrete Kosten-Nutzen-Rechnung

Weiters heißt es in dem Bericht, dass das Finanzministerium (BMF) für den überprüften Zeitraum „über kein umfassendes und systematisches Konzept für die Begünstigungen im Körperschaftsteuerrecht“ verfügte, „das konkret formulierte Ziele und messbare Kriterien enthielt. Die konkreten Ziele und Wirkungen waren überwiegend nicht bekannt; es mangelte daher an Transparenz“.

Evaluierungen „zur Beurteilung der Zielerreichung und der Wirkung“ seien unterblieben. „Das BMF nahm keine Beurteilung vor, ob die Steuerbegünstigungen den Mitteleinsatz in Form von Steuerausfällen rechtfertigten sowie geeignet, notwendig und angemessen waren, ihr Ziel und die beabsichtigten Wirkungen zu erreichen“, so der RH im Prüfbericht zum „Bund 2013/6“.

„Keine überprüfbare Angabe über Wirkungen“

Eine beabsichtigte Wirkung ist, wie politisch oft argumentiert, dass die Gruppenbesteuerung verhindern soll, dass heimische Unternehmen ins Ausland abwandern bzw. dass sie umgekehrt den Wirtschaftsstandort für ausländische Konzerne attraktiver machen soll. Konkrete Zahlen für den erhofften positiven Effekt fehlen aber anscheinend. Das Finanzministerium habe „anhand der selbstverwalteten Datenlage keine überprüfbare Angabe über die Wirkungen der Gruppenbesteuerung seit ihrer Einführung machen können“.

Seitens der Wirtschaft stieß das Modell offensichtlich auf positive Resonanz: Die Zahl der ausländischen Gruppenmitglieder sei seit der Einführung der Regelung unter der damals schwarz-blauen Bundesregierung vor acht Jahren von 1.190 bis 2011 auf 3.404 gestiegen - ein Plus von 186 Prozent. Bei Gruppenkörperschaften kletterte die Zahl um 154 Prozent von 5.955 auf 15.112, heißt es im RH-Bericht unter Berufung auf Daten des BMF vom Vorjahr. Im Veranlagungszeitraum 2005 bis 2010 machten inländische Körperschaften rund 3,104 Mrd. Euro an Verlusten ihrer ausländischen Gruppenmitglieder geltend. Im Gegenzug meldeten sie 0,545 Mrd. Euro an Nachversteuerungsbeiträgen.

„Standort-Asset“ versus „Steuerschlupfloch“

Politische Reaktionen auf den Bericht ließen am Donnerstag nicht lange auf sich warten. SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sah den Bericht als „Bestätigung dafür, dass wir in der kommenden Legislaturperiode eine umfassende Steuerstrukturreform brauchen“. Deren „Fixpunkte“ seien etwa nicht nur eine Vereinfachung des Systems, sondern „das Schließen von Steuerschlupflöchern und die Abschaffung von ungerechten Steuerbegünstigungen“, so Schieder per Aussendung. „Wir brauchen eine moderne Konzernbesteuerung, die gewährleistet, dass die Gewinne dort versteuert werden, wo sie anfallen.“

„Bei derartig milliardenschweren Steuerprivilegien wie der Gruppenbesteuerung ist es wohl das Mindeste, Transparenz zu schaffen und die genaue oder wenigstens plausible Wirksamkeit der Maßnahme darstellen zu können. Beides ist offensichtlich nicht der Fall“, hielt der grüne Vorsitzende des Rechnungshofausschusses, Werner Kogler, fest. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) solle „nicht in Ausschusssitzungen den kritischen Koalitionspartner ohne Grundlage niederbrüllen, sondern den Nachweis für die Wirtschaftlichkeit, die Sparsamkeit und die Zweckmäßigkeit der Steuerausnahme liefern“.

Die Industriellenvereinigung (IV) betonte dagegen, dass die österreichische Gruppenbesteuerung „international als Vorbild für eine erfolgreiche Modernisierung der Konzernbesteuerung“ gelte. „Sie trägt damit maßgeblich zu Österreichs Attraktivität als Unternehmensstandort und so zur Sicherung hochwertiger Arbeitsplätze bei“, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. „Die Gruppenbesteuerung ist eines der wenigen verbliebenen Standort-Assets Österreichs“. Bei der Regelung handle „es sich nicht um eine Steuerbegünstigung oder gar um ein Geschenk an Großkonzerne“, sie verhindere durch den Gewinn- und Verlustausgleich lediglich eine Überbesteuerung.

Links: