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14 Inszenierungen seit 1876

„Der Ring des Nibelungen“ ist mehr als nur ein Werk unter anderen Inszenierungen, die alljährlich im Festspielhaus von Bayreuth gezeigt werden - er ist der Nukleus der Festspiele. So stellte der Tetralogieauftakt „Rheingold“ 1876 die erste Inszenierung überhaupt auf dem „Grünen Hügel“ dar.

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Dirigiert wurde die Premiere damals von Hans Richter, Regie führte niemand anders als Richard Wagner persönlich, der bekanntlich selbst mit seiner Inszenierung wenig zufrieden war, obgleich das Festspielhaus eigens für das mythische Spektakel errichtet worden war. Dank des finanziellen Desasters war dann auch gleich wieder Schluss mit den Festspielen - bis 1882. Immerhin erlebte die „Ring“-Inszenierung mit der Handschrift des Meisters drei Aufführungszyklen.

1896, 13 Jahre nach dem Tod ihres Gatten, wagte sich dann seine Witwe Cosima an das Mammutwerk. Ihre Interpretation brachte es bis 1931 auf immerhin 164 Aufführungen, wobei Sohn Siegfried bereits einen Beitrag zum Bühnenbild leistete. 1933 folgte dann die dritte Inszenierung des „Rings“, dieses Mal durch Heinz Tietjen als erstes Nicht-Familienmitglied. Bis 1942 brachte es diese Regie auf 76 Aufführungen, wobei in dieser Zeit bekanntlich Adolf Hitler regelmäßiger Gast auf dem „Grünen Hügel“ war.

Ungewohnter Purismus nach dem Krieg

Der moralische Neuanfang in Bayreuth mit den beiden Komponistenenkeln Wieland und Wolfgang Wagner erfolgte 1951 - und wieder stand ein neuer „Ring“ am Beginn. Wieland setzte bei seiner Deutung mit Dirigent Hans Knappertsbusch ganz auf Purismus und entrümpelte die Bühne von germanischen Göttern und anderem Tand.

1960, 1965 und 1970 versuchte sich dann Wolfgang gleich dreimal am neuen Bayreuth-Stil und setze das großväterliche Werk in Szene - ganz auf Licht und klare Formen, wie etwa große Scheiben, reduziert.

Der „Jahrhundert-Ring“ von Patrice Chereau

Die als „Jahrhundert-Ring“ betitelte Interpretation folgte allerdings 1976 - 100 Jahre nach der Premiere im Festspielhaus: Mit dem Franzosen Patrice Chereau kam erstmals wieder ein nicht mit der Familie Wagner verwandter Regisseur zum Zug und setzte neben dem Dirigat von Pierre Boulez mit der Entscheidung, die Handlung in die Zeit der Frühindustrialisierung zu verlegen, Maßstäbe. Konservative Wagnerianer protestierten, beim letzten Vorhang nach 68 Abenden wurde die Deutung jedoch mit eineinhalb Stunden Applaus bedacht.

Nachfolger hatten es da schwer. Peter Halls Inszenierung aus 1983 wurde bis 1986 immerhin 52-mal gespielt, Harry Kupfers ästhetisches, mit Lasern operierendes Spektakel aus 1988 bis 1992 dann im neuen Rhythmus 64-mal - ebenso wie Alfred Kirchners 1994 folgende Regie. Jürgen Flimms Deutung des „Rings“ aus 2000, gemeinsam mit Bühnenbildner Erich Wonder, wurde ob intellektueller Überfrachtung zwiespältig aufgenommen. Tankred Dorsts „Ring“, der bis 2010 mit ebenfalls 64 Aufführungen auf dem Spielplan stand und trotz der musikalischen Unterstützung durch Christian Thielemann am Pult als unentschlossen kritisiert wurde, weicht nun Frank Castorfs Jubiläumsausgabe, die „Ring“ Nummer 14 auf dem „Grünen Hügel“ darstellt.

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