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Bis zu neun Prozent Mängel

Angesichts der nun aufgeflammten Debatte über Kontrolle der Arbeit von Ärzten betont die der Ärztekammer unterstehende Firma ÖQMed, dass es um Qualitätssicherung gehe, nicht um einen Prozess, um Gefahr in Verzug aufzudecken. Trotzdem hält ÖQMed-Chefin Esther Thaler die Evaluierung für wirkungsvoll und spricht von einem „Selbstreinigungsprozess“.

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ÖQMed evaluiert im Auftrag der Ärztekammer die niedergelassenen Arztpraxen - dabei geht es aber in erster Linie um die Ausstattung der Ordination, die Weiterbildung und die Dokumentation der Patientendaten. Die Qualität der Behandlung, um etwaige Fehler aufzudecken, wird dagegen nicht erfasst.

Abgefragt wird bei dem Fragebogen, den die Ärzte in einer erste Stufe des Evaluierungsprozesses selbst ausfüllen müssen, unter Punkt 19 „Unerwünschte Ereignisse/Patientensicherheit“ zwar auch, wie der Arzt mit Problemen bei einer Behandlung umgeht. Die Ergebnisse werden in der Auswertung (.PDF) aber nicht - oder nicht direkt - ausgewiesen.

„Schub“ an Qualitätsverbesserung

ÖQMed-Geschäftsführerin Thaler zeigt sich vom Nutzen des Evaluierungsprozesses überzeugt: Es habe bereits „mit der ersten Phase einen Schub“ an Qualitätsverbesserung gegeben. Es habe auch einen gewissen „Selbstreinigungsprozess“ gegeben. Einige Ärzte, vor allem ältere, hätten sich nach der Mängelfeststellung für die Pension entschlossen und die Praxis geschlossen, was in Summe die Qualität verbessert habe. Andere Ärzte hätten hingegen massiv die Qualität verbessert, so Thaler weiter.

Patienten sind in den Evaluierungsprozess nicht eingebunden. Standardisierte Patientenbefragungen führe ÖQMed auch durch, diese seien aber freiwillig. Die Überprüfung der rund 18.000 Ordinationen niedergelassener Ärzte findet alle fünf Jahre statt. 2012 ist die zweite Runde angelaufen. Laut Thaler ist das Verfahren mehrstufig - die Selbstevaluierung durch die Ärzte sei nur die erste Phase.

Der dabei auszufüllende 30-seitige Fragebogen sei aber so aufgebaut, dass Inkonsistenzen bei den Antworten aufgedeckt würden. In einem zweiten Schritt würden die Antworten auf Konsistenz und Plausibilität geprüft. Je nach Grad der Auffälligkeit werde nachgefragt oder gleich direkt an Ort und Stelle überprüft. Die Mängelrate liegt demnach bei sechs bis neun Prozent.

Mängelliste oder Zertifikat

In einem dritten Schritt kommen laut Thaler wieder alle Ordinationen in einen Datenpool, aus ihnen werden per Zufallsgenerator 7,2 Prozent der Ordinationen zur Überprüfung durch einen von 200 dafür ausgewählten Ärzten ausgesucht. Bei der Auswahl hätten Ordinationen mit Mängeln eine höhere Wahrscheinlichkeit, gezogen zu werden. Die betroffenen Ordinationen würden vorab informiert - das soll laut Thaler aber dazu führen, dass Ärzte sich vorbereiten und eventuelle Mängel gleich von sich aus beheben.

Der Überprüfungsbericht werde beurteilt und dann entweder - so wie bei jenen Ärzten, deren Fragebögen keine Mängel oder Inkonsistenzen ergaben - dem Arzt ein Zertifikat ausgestellt. Bestätigt sich aber, dass es Mängel gibt, so wird eine Liste mit zu behebenden Mängeln überreicht - das Zertifikat gebe es erst, wenn die Behebung derselben nachgewiesen worden sei. Verweigere ein Arzt, so werde er beim Disziplinaranwalt der Ärztekammer gemeldet.

Beim ersten Prüfdurchgang (2006 bis 2011) habe es 19 solcher Meldungen gegeben, beim 2012 angelaufenen zweiten Durchgang (dieser läuft bis 2016, Anm.) seien es bisher sieben Meldungen gewesen. Wenn im Rahmen der Evaluierung - oder aufgrund von Prüfaufträgen durch Behörden oder Patientenanwälte - Gefahr im Verzug für die Gesundheit von Patienten festgestellt werde, werde der betroffene Arzt bei den Behörden gemeldet, so Thaler weiter.

Externe Qualitätskontrolle geplant

Auf Nachfrage beim Gesundheitsministerium wurde betont, dass mit der im Juni im Parlament beschlossenen Gesundheitsreform neben einer Qualitätsmessung für Spitäler auch eine Ergebnisqualitätsmessung für den niedergelassenen Bereich beschlossen wurde. Während es für Spitäler bereits seit Jahren Feldversuche und damit ein System gibt, muss ein solches für Haus- und niedergelassene Fachärzte aber erst entwickelt werden. Ende 2014 soll dieses aber „stehen“.

Ziel ist es, die Qualität der Behandlung mit vergleichbaren Kriterien zu messen. Zusätzlich ist ein Monitoring geplant - das bedeutet, dass Experten bei Auffälligkeiten an Ort und Stelle nach Ursachen forschen. Die sich aus den Messungen ergebenden Berichte werden laut Gesundheitsministerium dann veröffentlicht.

Ob der aktuelle Fall einer Wiener Ärztin, in deren Ordination es bei Abtreibungen laut der Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz zu zahlreichen schweren Komplikationen gekommen ist, eine Bestätigung sei, dass die Selbstkontrolle durch die Ärztekammer nicht ausreiche, wollte man im Gesundheitsministerium gegenüber ORF.at nicht direkt beantworten. Stattdessen wurde darauf verwiesen, dass es von Anfang an Ziel der Gesundheitsreform gewesen sei, sowohl Qualität als auch Transparenz zu erhöhen.

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